Zehn Jahre lang war Pia Schöffler als Kassier die Chefin über die Finanzen der Narrenzunft AHA. Die 54-Jährige hat zwar ihr Amt niedergelegt. Dem närrischen Treiben den Rücken zu kehren, kommt für sie aber gar nicht in die Tüte.

Weil der Stadt - Organisationstalent, die Augen immer überall und vielleicht auch ein bisschen ein Kontrollfreak – jene Worte wählt Pia Schöffler, wenn sie sich selbst beschreiben soll. Nicht gerade die schlechtesten Eigenschaften für jemanden, der mit großen Zahlen und viel Geld jongliert. Zehn Jahre lang hat Pia Schöffler bei der Weiler Narrenzunft AHA den Kassier gemacht. Den Posten hat sie zwar unlängst an den Nagel gehängt. Der Narretei kehrt das Ehrenmitglied der Weiler Zunft aber nicht den Rücken. Sie ist eine Hexe, führt beim Bärentheater Regie und auch der Wagenbau hat es ihr angetan. In ihrer Freizeit tanzt die 54-Jährige klassisches Ballett, schnürt sich gerne die Wanderschuhe an die Füße oder liest einfach nur mal ein gutes Buch.

 

Pia Schöffler ist eine waschechte Weilerin. Sie ist in der Keplerstadt aufgewachsen, hat dort die Schulbank gedrückt, die Familie lebt noch in der Stadt. Pia Schöffler hat drei Schwestern. „Ich bin ein Familienmensch und genieße es, Zeit mit ihnen zu verbringen“, erzählt sie. Das war aber nicht immer so. Als Zweitälteste musste sie sich häufig um die Kleineren kümmern. Nicht gerade der Traum einer großen Schwester. Schließlich hatte die sympathische Blondine Besseres im Sinn.

Tanzen ist schon immer Pia Schöfflers große Leidenschaft. Als kleines Mädchen nimmt sie Ballettunterricht. Gegen den Willen des Vaters, denn eigentlich hat die Familie dafür kein Geld. „Ich habe mir das richtig ertrotzt“, erzählt sie und lacht. Die blauen Augen leuchten. „Meine Mutter hat mir erst kürzlich erzählt, dass sie deswegen oft Streit hatten.“ Doch es hat sich gelohnt. Pia Schöffler tanzt noch heute, fährt dafür zweimal in der Woche nach Stuttgart.

Als Teenager steigt sie bei den Narren ein

Die Leidenschaft fürs Tanzen ist es auch, die Pia Schöffler in die Narrenzunft bringt. Sie ist noch keine 16, als sie beim AHA-Ballett einsteigt. „Seither bin ich irgendwie mit der Zunft verbandelt“, erzählt die 54-Jährige und lächelt. Sie arbeitet sich hoch. 1997 wird sie als erste Frau in den Ausschuss berufen, in dem auch der Vorstand und der Zunftmeister sitzen. Pia Schöffler wird Beisitzerin, ist allein unter Männern. „Am Anfang war das gar nicht so witzig“, erinnert sie sich. Schnell wird ihr klar: Sie braucht eine feste Aufgabe, sonst ist sie weg vom Fenster. Sie kümmert sich um die Mitgliederverwaltung, übernimmt das Amt der Schriftführerin. In den Siebenerrat hat sie es trotz aller Bemühungen bis heute nicht geschafft. „Da wollten mich die Männer nicht reinlassen“, sagt sie und grinst. Immerhin wurde sie im Frühjahr zum Ehrenmitglied der AHA gekürt.

Dann, 2004, klingelt plötzlich das Telefon. Der damalige Zunftmeister, Michel Borger, ist dran. Er redet nicht lange drumrum. „Pia, der Kassier hat sein Amt niedergelegt. Wir möchten, dass du das übernimmst.“ Schöffler schläft eine Nacht drüber, dann sagt sie zu. Zehn Jahre lang verwaltet sie die Finanzen der mehr als 1000 Mitglieder starken Narrentruppe. Keine leichte Aufgabe und nichts für schwache Nerven. Denn das Amt hat viele Facetten. Pia Schöffler übernimmt verschiedene Projekte, sie organisiert viel, wird über die Jahre zum Mädchen für alles. Und hat viel Verantwortung. Schließlich jongliert sie mit sechsstelligen Summen. „Es hat sich manchmal angefühlt, als würden wir eine kleine Firma leiten“, erzählt Pia Schöffler.

Aus dem Hobby ist längst Leidenschaft geworden. Der Fasnetsumzug im Frühjahr etwa gehört zu den ganz großen Projekten. Für was anderes bleibe da kaum Zeit. „Ab Ende Oktober geht nichts mehr“, erzählt Pia Schöffler. Auch der Zunftball fordert ihre ganze Aufmerksamkeit. Während andere ausgelassen feiern, steht sie unter Strom, muss immer den Überblick behalten. „Ich war wohl immer die einzige nüchterne Person an diesem Abend“, sagt sie und lacht herzhaft. Das sei eben das Schicksal des Kassiers. Allen Grund zu feiern habe sie vor allem nach den Umzügen gehabt. Nämlich dann, wenn die Einnahmen gezählt waren. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn man wie Dagobert Duck mit dem Geld wedeln kann“, erzählt die 54-Jährige und lacht schon wieder. Pia Schöffler hat Humor. „Ohne den und eine ordentliche Portion Spaß geht das alles nicht“, sagt sie.

Auch ein Narr braucht mal Zeit für sich

Doch warum hat sie sich dann in den „Ruhestand“ verabschiedet, wenn ihr das alles doch so viel Spaß macht? „Weil ich einfach mehr Zeit für mich und für andere Dinge brauche.“ Einen richtigen Job hat sie ja schließlich auch noch. Seit 20 Jahren arbeitet die gelernte Bankkauffrau bei Blättchen in Leonberg, einem Beratungsbüro in Sachen Finanzen. Hier ist sie Teamassistentin und, wenig verwunderlich, Mädchen für alles. Von der Narretei abwenden will sie sich aber nicht. „Ich bin seit 40 Jahren im Dienst, das geht gar nicht“, sagt sie und lächelt. Beim Bärentheater führt sie Regie, sie kann sich auch vorstellen, sich den Wagenbauern anzuschließen. Außerdem will sich die sportliche Blondine wieder mehr ihren Hobbys zuwenden.

Etwa dem Wandern. Mit ihren Freundinnen ist sie den E 1 von Pforzheim bis nach Mailand gelaufen. „Das war ein tolles Erlebnis“, schwärmt sie. Auch die Bretagne hat es ihr angetan. Nach Übersee reisen, das reize sie hingegen gar nicht. Pia Schöffler ist ein Genussmensch, sie isst gerne und trinkt auch mal ein Glas guten Wein. Sonntagabends Tatort schauen ist für sie Pflicht.

Stillstand oder Stubenhockerei – das sind Wörter, die Pia Schöffler wohl kaum kennen dürfte. Und sollte ihr doch mal wider Erwarten langweilig werden, so findet sich innerhalb der Narrenzunft sicherlich eine passende Aufgabe. Vielleicht wird sie doch noch die erste Frau im Siebenerrat.