Es war für Josef Seethaler eine ganz besondere Fahrt. Denn sie führte in seine ganz persönliche Jugend. Zusammen mit dem Bürgermeister Thilo Schreiber und dem Weiler Otto Borger ist er aber ganz bewusst in die alte Heimat gereist

Weil der Stadt - . Es war für Josef Seethaler eine ganz besondere Fahrt. Denn sie führte in seine ganz persönliche Jugend. Als er sein Heimatdorf in Südmähren im heutigen Tschechien wieder gesehen hat, sind viele Gefühle und Erinnerungen wieder hoch gekommen. Zusammen mit dem Bürgermeister Thilo Schreiber und dem Weiler Otto Borger ist er aber ganz bewusst in die alte Heimat gereist. „Das war für uns alle ganz wichtig“, erzählt Seethaler.

 

Denn 28 Prozent der Weiler Bürger stammen aus Südmähren. Sie kamen nach dem Krieg als Vertriebene, wurden trotz aller Schwierigkeiten der Aufbaujahre integriert – und wurden zu angesehenen Bürgern. Allen voran Josef Seethaler selbst – der mit 25 Jahren in den Gemeinderat gewählt wurde und lange Jahre Vorsitzender des Vertriebenenbundes BdV in der Stadt war. Otto Borger, der Vater des aktuellen AHA-Vorsitzenden Michael Borger, hat als alteingesessener Weiler Landwirt die Menschen damals herzlich empfangen.

Sie werden die „Tassnitzer“ genannt – benannt nach der Stadt, aus der die meisten kommen. Die Tassnitzer-Treffen finden regelmäßig in Weil der Stadt statt. Und so machten sich die drei auf, um in die Kommune Tassnitz zu reisen, begleitet auch vom BdV-Kreisvorsitzenden Zvonko Albert. „Ich wollte mir bewusst ein eigenes Bild machen“, erzählt Thilo Schreiber. Das erste Ziel war die Stadt Znaim. Sie ist die Kreisstadt mit 36 000 Einwohnern.

Der Bürgermeister hat dort mit seinem Amtskollegen Vlastimil Gabrhl über Europa gesprochen. „Er sieht das Thema der Vertreibungen aus tschechischer Perspektive“, räumt Schreiber ein. Die Atmosphäre war angespannt – doch als die Weiler klargestellt haben, dass sie keine alten Gebietsansprüche geltend machen wollten, entspannte sich das Klima. Gemeinsam sprach man über Europa, klagte über die Brüsseler Bürokratie – und hatte so ein verbindendes Thema gefunden. „Der Kollege hat für die Altstadtsanierung auch EU-Gelder bekommen“, schmunzelt Schreiber.

Das eigentliche Ziel der Reise waren aber Tasswitz mit seinen 1400 Einwohnern und die umgebenden Orte. Mit dem Amtskollegen Josef Sabacek gab es einen herzlichen Austausch. „Sie verstehen, was wir wollen“, erzählt der Weiler Schultes, „weil sie die Vergangenheit ihrer Stadt gut kennen.“ Besonders bewegend war dann der Besuch der alten Heimat. Josef Seethaler hat im Dorf Moskowitz sogar sein Jugendhaus besucht, das zum Glück gut in Schuss war und nicht zerfallen wie andere. „Das hier war unser Haus“, sagte er zu seinen Mitreisenden. Inzwischen wohnen dort andere Menschen und haben ihre Heimat gefunden. Doch Seethaler waren viele Straßenzüge und Plätze aus der Jugend vertraut. Viele der einst herrlichen Landwirtschafts-Anwesen liegen allerdings brach, 40 Jahre Sozialismus haben ihre Spuren hinterlassen. „Eigentlich war es ein fruchtbares Land“, sagte Seethaler mit etwas Wehmut, sogar Weinbau hat eine Tradition.

Die Vergangenheit wollen auch die Vertriebenen ruhen lassen, Revanchegelüste sind ihnen fremd. Aber die Erinnerung wach halten an die alte Heimat, das ist ihnen wichtig. Und so sind Gesten wie die der benachbarten Stadt Brünn wichtig – der dortige Stadtrat hat sich für den sogenannten „Blutmarsch von Brünn“ entschuldigt – bei der Vertreibung sind viele deutschstämmige Südmährer gestorben. „Das ist eine Geste, die sehr gut ankommt“, freut sich auch der Bürgermeister. So geht von der Reise ein versöhnliches Signal aus.