Füße hoch, die müden Knochen regenerieren und die Seele baumeln lassen – oder schon wieder richtig Gas geben, um für kommende vielleicht den entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz herauszukitzeln? Wie feiern Sportler aus dem Altkreis Leonberg Weihnachten?

Leonberg - Für die einen ist es ein Graus. Wenig Bewegung, fast keine frische Luft, hier ein Domino-Stein, da noch ein Stückchen Marzipan und zuvor eine ordentliche Portion Gans mit Rotkohl und Klößen. Ach ja, das Gläschen Sekt und den Verdauungsschnaps nicht zu vergessen. Für die anderen sind es genau die Tage, an denen sie die hektischen Jahresend-Tage hinter sich lassen und endlich einmal wieder abschalten können. Und das ohne Verpflichtungen, aber mit all jenen Köstlichkeiten, für die im normalen leben die Muße fehlt. Und wo reihen sich zwischen diesen beiden Polen die Sportler aus dem Altkreis Leonberg ein? Füße hoch, die müden Knochen regenerieren und die Seele baumeln lassen – oder schon wieder richtig Gas geben, um für kommende vielleicht den entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz herauszukitzeln?

 

Philosophie Der Eltinger Stabhochspringer Leo Lohre hat da so seine eigene Philosophie. „Das, was man am 24. drauf gegessen hat, muss man eben am 25. wieder loswerden.“ So weit jedenfalls die Theorie. Denn die Faktoren Wetter und Familie haben schließlich auch ihren Einfluss. In eine Halle kommt der 24-Jährige an den Feiertagen nichtrein, also steht eine rund zweistündige Einheit mit Schnelligkeits- und Zirkeltraining auf dem Platz des SV Kornwestheim auf dem Programm. Es sei denn, es regnet Katzen und Hunde. Oder aber der Weg zur Familie geht vor. Die Großeltern in Frankfurt wohnen nicht gerade nebenan. Nach den Feiertagen geht für Leo Lohre der Trainingsalltag ganz normal weiter. Schließlich will er ja auch im kommenden Jahr die 5,50 Meter knacken. Seine Bestleistung derzeit steht bei 5,41 Meter.

Traum Auch der Korntaler Dominik Böhler hat sich so einiges vorgenommen. Seit einem Jahr setzt der 18-Jährige ausschließlich auf Tennis. Sein großes Ziel: irgendwann einmal unter die besten 100 der Welt zu kommen. Er ist nicht der einzige, der diesen Traum träumt. Gerade erst hat Böhler zwei Partien bei den deutschen Hallenmeisterschaften in Biberach absolviert. Bei den Landesmeisterschaften in Stuttgart musste er zuletzt leider krankheitsbedingt passen. Doch im Januar warten schon die nächsten Aufgaben bei den mit jeweils 10 000 Dollar Preisgeld dotierten Turnieren in Schwieberdingen (5. bis 11. Januar) und Stuttgart-Stammheim (12. bis 18. Januar). Böhlers Vorsatz für die Feiertage: „Da mache ich gar nichts.“ Vom 27. Dezember an hat der Korntaler, der beim TC Tachenberg gespielt hat, schon Termine bei seinem Vater, seines Zeichens Tennis-Trainer. In der Vorbereitung auf die nächsten Wettbewerbe ist eine längere Pause nicht drin. Für die allgemeine Fitness, Stabilisation und Schnelligkeit wird Dominik Böhler sowieso mindestens eine Einheit einschieben. Und wenn es gar zu langweilig wird am 25. oder 26. Dezember, dann wird er ganz spontan zum Schläger greifen. Vielleicht bekommt er ja ein paar neue Bälle zu Weihnachten geschenkt . . .

Perspektive In einer Mannschaftssportart wie dem Handball läuft die Trainingsplanung natürlich ganz anders. Ditzingens Spielertrainer Matthias Heineke, der mit seinem Team um den Klassenerhalt in der Württembergliga kämpft, hat seinen Spielern Folgendes verordnet: „Füße hochlegen und einen Weihnachtsmann nach dem anderen essen.“ Schön wär’s. Noch am vergangenen Wochenende haben seine Schützlinge das letzte Punktspiel dieses Jahres gegen Oberstenfeld absolviert – und verloren. Am 10. Januar geht’s schon wieder weiter mit der Partie in Weilstetten. Klar ist: bis zum Jahresende haben die Ditzinger keine Halle zur Verfügung. Also bekommen die Spieler ihre ganz persönlichen Hausaufgaben mit auf den Weg. Heineke: „Jeder soll seine aktuellen Defizite aufarbeiten. Ich habe mit jedem über den Verlauf der Hinrunde gesprochen und ihm die Perspektiven aufgezeigt.“ Damit ist klar, dass sich auch Matthias Heineke selbst nicht auf die (ganz) faule Haut legen kann. Schließlich muss der Spielertrainer ja mit gutem Beispiel vorangehen.

Akzente Weihnachten und Ostern zugleich ist für die Profi-Triathletin Julia Gajer aus Ditzingen-Hirschlanden bereits im Oktober gewesen, als sie beim Ironman, den Weltmeisterschaften auf Hawaii, als schnellste deutsche Frau die Ziellinie überquerte und nur fünf Konkurrentinnen den Vortritt lassen musste. Da hatte sie 3,8 Kilometer im Wasser, 180 Kilometer auf dem Rad und 42 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Anschließend hatte sich die 32-Jährige eine vierwöchige Pause verordnet. Kein Laufen, kein Schwimmen, nur ein paar kleinere Ausfahrten auf dem Mountainbike.

Die Entspannungsphase ist Vergangenheit. Seit November richtet sich Julia Gajer wieder strikt nach ihrem Trainingsplan. Den stellt ab sofort ihr neuer Coach Wolfram Bott zusammen, von ihrem bisherigen, Jochen Frech, hat sie sich getrennt. „Ich war mit seinem Training zufrieden, will aber neue Reize und Akzente setzen und wünsche mir eine persönlichere Betreuung.“ Das kann Bott, der auch die beiden Profis Andreas und Michael Raelert unter seinen Fittichen hat, leisten. In den vergangenen Wochen hat Julia Gajer zu Hause trainiert. „Bei Wind und Wetter, zum Glück war es relativ warm.“ Das einzige Problem: auf dem Rad bekommt sie immer schnell kalte Füße, trotz der Neopren-Überschuhe. „Zwei Stunden kann ich dann unterwegs sein, länger darf’s nicht sein.“ Weihnachten feiert sie mit der Familie. Bedenken, dass sie durch das leckere Essen Gewicht zulegt, hat sie nicht. „Das ist schnell wieder weg“, sagt sie und lacht. Spätestens im Trainingslager vom 17. bis 31. Januar 2015 auf Fuerteventura mit ihrem Team. Mitte Februar geht’s noch einmal auf die Kanaren. Ihr geplantes Winterprogramm musste sie auf Grund des Schneemangels kurzfristig ändern. Ursprünglich wollte sie mit Freunden über Silvester zum Langlaufen nach Leutasch. Jetzt bleibt sie hier und nimmt beim Silvesterlauf in Bietigheim teil.

Höhenluft Auf Fuerteventura im Trainingslager war Hanna Philippin, die sich als Profi-Triathletin auf die Olympische Distanz (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Rad, 10 Kilometer Laufen) spezialisiert, mit der Nationalmannschaft bereits im November. Über die Feiertage ist die Vielreisende endlich mal wieder zu Hause in Malmsheim. „Da ist es immer am schönsten, Weihnachten feiern wir mit der ganzen Familie“, sagt die Athletin, die in Saarbrücken lebt. An den Feiertagen fährt sie die Trainingsintensität etwas runter, genießt dann die „Verdauungsläufe“ mit Vater, Mutter und Schwester. „Man muss auch mal die Seele baumeln lassen und das gute Essen genießen können, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen“, sagt Philippin. Das vergangene Jahr, nach ihrer Zeit als Juniorin erstmals im Einsatz bei den Frauen, lief nicht ganz nach ihren Vorstellungen. Deshalb hakt sie es schnell ab und blickt nach vorne. Bereits am 10. Januar geht’s ins Höhentrainingslager nach Südafrika. Den Februar wird sie in Deutschland verbringen, dann startet im März die siebenwöchige Wettkampftournee. Die Stationen des Nationalteams: Abu Dhabi, Neuseeland, Australien. „So lange war ich noch nie von zu Hause weg“, sagt sie. Von vielen wird die 22-Jährige darum beneidet. Doch Urlaubsgefühle werden bei Hanna Philippin nicht aufkommen. „Das ist mein Job, außer Schwimmbäder, Stadien oder die Radstrecken werde ich nicht viel von den Ländern sehen.“ Die Schufterei soll sich natürlich auch auszahlen. Die Sportlerin aus Malmsheim will sich für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro qualifizieren. Drei aus ihrem Team dürfen mit. „Das wird ein hartes internes Rennen.“

Fürsorge Es gibt Sportler, die sich zwischen den Jahren eine kleine Auszeit gönnen dürfen. Nicht so der Leonberger Berufsreiter Jörg Widmaier. Seine Pferde kümmert’s wenig, ob Wochenende oder Feiertag ist. „Sie wollen immer bewegt, gepflegt und gefüttert werden“, sagt Widmaier und lacht. Also geht’s im Reitstall am Benzenbühl ohne Pause weiter, zumal der Profi seinem Bereiter und Auszubildenden freigegeben hat. So wird er sich auch an Heilig Abend um die gut 20 Pferde kümmern. „Einige Besitzer kommen selbst rein“, sagt er. Bis 15 Uhr sollten alle Pferde versorgt sein. Dann feiern Jörg Widmaier und seine Frau Angelika mit ihren beiden Kindern und der Leonberger Familie. Aber nur zwei Stunden, denn die Schwiegereltern in Aalen warten auch schon. Eine Nacht bleiben die Widmaiers, dann müssen sie zurück zu den Pferden. Lange Reitpausen kann sich der 31-Jährige, der seit diesem Jahr das Goldene Reitabzeichen besitzt, ohnehin nicht leisten. Im Januar beginnen schon die ersten Lehrgänge, die Turniersaison startet dann im Februar im oberbayerischen Kreuth.