Das Interesse von Bosch an dem Vorhaben bringt Schwung in die Diskussion, sorgt aber auch für Verwirrung.

Leonberg - Plötzlich ist wieder Bewegung in dem Thema. Und trotzdem könnte das Seilbahn-Projekt von Leonberg zur Hängepartie werden. Eigentlich hätte der Planungsausschuss am Donnerstag eine Vorentscheidung treffen sollen über eine Machbarkeitsstudie. Diese wurde aber bis zur nächsten Gemeinderatssitzung am Dienstag, 18. Dezember, vertagt. Man wolle sich vorher noch einmal in den Fraktionen beraten. Und dabei ein Forschungsprojekt von Bosch in die Gedankengänge miteinbeziehen.

 

Was erforscht Bosch?

Am Entwicklungszentrum in Malmsheim tüftelt eine Gruppe Forscher an einem Projekt zu autonom fahrenden Gondeln. Diese sollen klein und leicht sein und die Passagiere ans Ziel der Wahl bringen. Das System soll so angelegt sein, dass die Gondeln auch Kurven fahren oder Kreuzungen bewältigen können, es also keine festgelegte Strecke gibt, sondern die Ziele variabel und nach Bedarf angesteuert werden können.

„Im Moment haben wir eine Innovationsstudie entwickelt, das bedeutet, dass wir uns in einem sehr frühem Stadium befinden“, hatte der Entwickler Felix Jägle gegenüber unserer Zeitung erklärt. Von einem Testbetrieb sei man daher noch weit entfernt.

Wie reagiert der Gemeinderat?

Einigen Stadträten war dies im Planungsausschuss offensichtlich nicht ganz klar. Da war immer wieder von einem „Angebot“ des Technologie-Konzerns an die Stadt die Rede. „Da geht es ja nicht um ein herkömmliches Seilbahnsystem. Die Machbarkeitsstudie geht ja um ein ganz anderes System“, hatte Bernd Murschel (Grüne) angemerkt. Man solle erst mit Bosch über dieses Angebot reden, bevor man die Studie in Auftrag gibt. Sein Antrag dazu scheiterte aber an einem Stimmenpatt. Die drei Freien Wähler, die zwei Grünen sowie Dieter Maurmaier (FDP) waren dafür. SPD (2), CDU (3) und Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD) stimmten dagegen.

„Wenn wir die Studie haben, dann bekommen wir auch ein örtliches Weltunternehmen dazu, das mit uns gemeinsam zu entwickeln,“ war Christa Weiß (SPD) überzeugt. Maurmaier schlug indes vor, die Stadt solle sich vorerst auf eine Bedarfsanalyse für die vier vorgesehenen Streckenabschnitte beschränken und parallel die Firma Bosch die technische Seite für Leonberg ausarbeiten lassen. Wolfgang Schaal signalisierte für die Freien Wähler, nur die innovative Variante des Technologie-Konzerns zu unterstützen. „Das herkömmliche System ist Schnee von gestern“, sagte er.

Wie geht es weiter?

Eine Entscheidung wurde in die nächste Ratssitzung am 18. Dezember verschoben. Stimmt der Rat dafür, die Studie durchführen zu lassen, wird eine Bietergemeinschaft aus Verkehrs- und Stadtplanern sowie Seilbahnspezialisten für knapp 100 000 Euro damit beauftragt.

„Das Forschungsprojekt von Bosch soll in einem Nebenzweig der Studie mit ergründet werden“, erklärt Bärbel Sauer, die Mobilitätsbeauftragte der Stadt. So könne man vom Wissen des jeweils anderen profitieren und es sei ein positives Signal gegenüber der Firma Bosch.

Was steht in der Studie?

Ziel
Geklärt werden soll, ob und wie eine Seilbahn als Teil des öffentlichen Nahverkehrs „ zu einem leistungsstarken Mobilitätskonzept beitragen kann“.

Inhalte
In der Studie sollen viele unterschiedliche Fragen geklärt werden: Welchen Bedarf kann eine Seilbahn abdecken und wo (Potenzialanalyse)? Welche Strecken sind denkbar und eignen sich? Wie kann es technisch umgesetzt werden (Stützen, Stationen, Zu- und Ausstieg)? Was kosten Bau und Betrieb? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Wie könnte ein Betriebskonzept aussehen? Wie fügt sich dies ins Stadtbild ein? Wie wird die Privatsphäre von Anwohnern geschützt? Gibt es Verschattung und Lärm? Wie wird für die Sicherheit gesorgt? Werden Grundstücke zum Bau benötigt? Wie lässt sich die Seilbahn in den bestehenden Verkehrsverbund integrieren? Wie könnte sich die Seilbahn auf den übrigen Verkehr auswirken?

Ergebnis
Nach der Untersuchung des Bedarfs und der streckenabhängigen Aspekte kann sich der Gemeinderat auf eine oder mehrere Vorzugsvarianten festlegen, die genauer untersucht werden, oder das Projekt stoppen.