Ein junges Paar steht zum wiederholten Mal wegen diverser Delikte vor Gericht. Staatsanwaltschaft und Gericht ringen sich aber zu einer „allerallerletzten Chance“ durch – und gewähren Bewährung.

Ludwigsburg - Die Ludwigsburger Richterin tat sich schwer mit dem Urteil – vor allem mit der Frage, ob sie den beiden Angeklagten noch einmal eine Bewährung geben könne. Doch die 27-jährige Angeklagte und ihr zwei Jahre älterer Lebenspartner, die im Strohgäu leben, hatten Glück: Die 16-monatige Haftstrafe für sie und die 14 Monate Haft für ihn wurden auf Bewährung ausgesetzt. Doch die Amtsrichterin machte eines klar: Bei der nächsten Tat gehe es ins Gefängnis.

 

Wegen mehr als einem halben Dutzend Taten musste sich das Paar verantworten, zum Teil sollen die beiden gemeinsam gehandelt haben. Mehrmals war die Frau mit einem Auto unterwegs, obwohl sie keinen Führerschein besitzt – sie habe die Ausbildung dazu wegen Geldmangels abgebrochen, sagte sie vor Gericht. Er hingegen hat zwar einen Führerschein – aber beide zusammen hatten offenbar nicht genug Geld, um sich die Zulassung und die Versicherung eines Autos leisten zu können. Also schraubte er an Autos in der Nachbarschaft Nummernschilder ab und am eigenen BMW an – was prompt aufflog.

Sie prallte einmal mit dem Auto, als sie bei einem Umzug geholfen hatte, in einem engen Hof gegen die Hauswand – und dann wurde ihr angelastet, beim Rangieren ein zweites Auto in diesem Hof beschädigt zu haben. Der Besitzerin des beschädigten Autos gab sie einen falschen Namen und eine falsche Telefonnummer; sie wurde ermittelt – und jetzt wegen Unfallflucht verurteilt. Falsche Personalien gab sie zudem einmal an, als sie eine Polizeikontrolle geriet – da flog ihr Fahren ohne Führerschein auf. Einen finanziellen Hintergrund hatte auch die angeklagte Sache mit den „Sozialscheinen“. Mit diesen Bons vom Jobcenter kann in Geschäften eingekauft werden – wenn sie echt sind. Obwohl der Angeklagte mehrere solcher Gutscheine über je 50,50 Euro im Monat zusätzlich zu Geldzahlungen erhielt, war das Geld im Haushalt knapp. Besonders in der Zeit, als er seinen Job als Sicherheitsdienstler in einer Asylunterkunft verloren hatte und seine Gefährtin noch nicht bei einer Tankstelle arbeitete. Schulden drückten, zwei kleine Kinder wollten versorgt sein. Da kam er auf die Idee, seine Gutscheine zu vermehren. Doch die Fotokopien fielen beim ersten Versuch im Geschäft auf, wenn auch erst am Abend. Als beide ein paar Tage später dort wieder so bezahlen wollten, kam die Polizei. Clever gemacht waren die Kopien nicht, doch die Anklage lautete auf gewerbsmäßige Urkundenfälschung: Kopierstreifen waren sichtbar, mehrere Scheine hatten dieselbe Nummer und die Unterschrift des Ausstellers dasselbe Grau wie der übrige Druck.

Schlechte Kopien von Einkaufsgutscheinen

Laut Verteidigung „keine klassische Kriminelle“

Wie umgehen mit all den Straftaten, die von den Angeklagten gestanden und zum Teil durch Zeugenaussagen belegt wurden – und das angesichts der Vorstrafenregister? Die Oberstaatsanwältin gab zu: Sie sei zum Gericht nach Ludwigsburg gefahren mit dem Gedanken, dass beide nun ins Gefängnis müssten. Beide Angeklagten hätten sich von den Vorverfahren nicht beeindrucken lassen, die Frau sei zur Bewährungsbrecherin geworden. Und es sei „ziemlich dreist“, bei der Polizei falsche Personalien anzugeben. Dann wurde die Anklägerin deutlich: „Wenn noch mal irgendwas vorkommt, marschieren Sie in den Knast.“ Sie sprach von der „allerallerletzten Chance“. Für beide beantragte sie zwei Jahre Haft mit Bewährung, ihm sei zudem der Führerschein zu entziehen.

Für die Verteidigerinnen war dies viel zu viel: Die Angeklagten hätten keine hohe kriminelle Energie, die Taten seien fast anderthalb Jahre her, beide hätten versucht, die Familie durchzubringen, sie sei ständig überfordert gewesen und keine „klassische Kriminelle“. Beide hätten eine Perspektive, was „wir unterstützen sollten“.

Was die Richterin mit dem Bewährungs-Urteil dann tat.