Der Leonberger Verein will erreichen, dass Laien mehr Mut zur Hilfe im Notfall haben.

Leonberg - Was tun, bis der Notarzt kommt?“ Unter diesem Motto hat der Verein „15 Minuten fürs Überleben“ einen kostenlosen Notfallhilfe-Kurs für Laien in Kooperation mit dem Krankenhaus Leonberg veranstaltet. Vor vollen Sitzreihen haben die Rettungsprofis des Vereins einfache, aber überlebensnotwendige Handgriffe gezeigt, um die maximal 15 Minuten, die der Rettungsdienst in Baden- Württemberg zu den Patienten brauchen darf, zu überbrücken.

 

„Unsicherheit und Angst, etwas falsch zu machen, lässt medizinische Laien in Notfallsituationen zögern. Die Überlebenschance eines Menschen mit Herzstillstand sinkt ohne Hilfe um zehn Prozent pro Minute. Nach schon fünf Minuten sind Hirnschäden sehr wahrscheinlich. 70 Prozent der Herzstillstände finden zu Hause oder bei Freunden statt“, sagt Joachim Böttinger. Er ist einer der Dozenten des Abends. Unzählige Patienten hat er schon als Notfallsanitäter im Rettungswagen oder im Christoph 41 behandelt.

Wenn die Uhr gegen das Leben läuft

„Jeder, der die Handgriffe im Notfall beherrscht, kann Leben retten. Und die Handgriffe sind kinderleicht“, ergänzt Peter Cartes. Der Notarzt arbeitet, wenn er sich nicht gerade für den Verein engagiert, als Anästhesist und Intensivmediziner im Krankenhaus Leonberg. Dort ist er unter anderem auch der Reanimationstrainer für die Profis. Weiterhin findet man ihn regelmäßig als Notarzt im Notfalleinsatzfahrzeug oder im Christoph 41.

„Wenn ich als Privatperson zu einem Notfall komme, habe ich meist auch nur meine Hände und meinen Kopf, die man aber effektiv einsetzen kann, um das Überleben des Patienten zu sichern. Dies gilt besonders beim Herz-Kreislaufstillstand. Denn hier läuft die Uhr gegen das Leben“, gibt Cartes zu bedenken.

Prüfen – rufen – drücken

Die Handgriffe und Abläufe ließen sich auf wenige Merkworte reduzieren, erläutert Böttinger den Schulungsansatz des Vereins: prüfen – rufen – drücken. Geprüft wird, ob der Betroffene bei Bewusstsein ist und atmet. Ist dies nicht der Fall, muss Hilfe durch Umstehende und bei der Leitstelle über die Nummer 112 geholt werden. Danach gilt es, den Brustkorb freizumachen und mit gestreckten Armen die Mitte des Brustkorbes 100-mal in der Minute etwa fünf Zentimeter tief einzudrücken. Das geht so weiter, bis der Rettungsdienst eintrifft. Die beiden Profis und ihr Team informieren, beraten und schulen nach den neuesten Leitlinien des Deutschen Rates für Wiederbelebung. Mit dem Verein „15 Minuten fürs Überleben“ wolle man auf keinen Fall in Konkurrenz mit den großen Hilfsorganisationen treten. Das Schulungskonzept schließe eine vorhandene Ausbildungslücke und sorge für merkbaren Zustrom zu den Erste-Hilfe-Kursen.

„Einmal im Jahr diese lebenswichtigen Handgriffe zu üben, hilft, im Notfall richtig zu handeln“, ist Cartes überzeugt. Dabei sind die Profi-Retter auf Kooperationspartner angewiesen, die ihnen die Möglichkeit geben, ihrem gemeinnützigen Anliegen Gehör zu verschaffen. Um dies zu unterstreichen, gibt es eine Vereinshomepage und der Facebook-Auftritt des Vereins wird um eine Smartphone- App ergänzt.

Jeder könnte mal einen Ersthelfer brauchen

Deutschland belegt im europäischen Vergleich der Laien-Reanimation einen der letzten Plätze. Nur etwa 35 Prozent aller Herz-Kreislaufstillstände werden hierzulande von Ersthelfern vor Eintreffen der Profis versorgt. In den Niederlanden sind es dagegen über 70 Prozent. „Das ist ein Ansporn, uns noch intensiver darum zu bemühen, die Menschen zu beraten und auszubilden. Und wer weiß, vielleicht brauchen wir ja auch selbst einmal die Hilfe eines Laien im Notfall...“, meint Cartes.