Bei der Reihe „Face to face – Heimat hat viele Gesichter“ haben viele Menschen gute Erfahrungen gemacht.

Gerlingen - Wer einen Sechser würfelt, der hat gewonnen und darf sich eine Kunstpostkarte aussuchen. Das war die einzige Regel beim Spiel der Freitagsmaler am Samstagfrüh auf dem Neuen Platz in Gerlingen. Die Künstlergruppe der Menschen mit Handicap präsentierte sich und ihre Arbeiten im Zelt der Veranstaltungsreihe „Face to face“ – weil sie zur Gesellschaft dazu gehören wollen; am Nachmittag öffneten die Frauen und Männer ihr Atelier im Jugendhaus. Einen Sechser gewürfelt haben auch alle Menschen, die sich in den vergangenen drei Wochen an dieser Veranstaltungsreihe beteiligt haben. Dieser Eindruck verfestigt sich in Gesprächen mit den Verantwortlichen.

 

Face to face wird nicht verpuffen

Und eines steht schon fest: „Face to face“ wird nicht verpuffen. Es wird eine Ausstellung darüber im Stadtmuseum geben. Seien es die Ergebnisse der Umfrage des Heimatvereins oder die Fluchtgeschichten der Menschen aus Syrien oder Afghanistan, aufgezeichnet vom Freundeskreis Asyl: alles Material soll en bloc präsentiert werden. „Es waren so viele unterschiedliche Gruppen, von Kindergartenkindern bis zu Senioren, die Vielfalt der Gesellschaft ist herausgekommen“, bilanziert Catharina Raible, die Leiterin des Stadtmuseums. Von April 2017 an will sie die Schau zeigen, mit zwei Themen aus der Dauerausstellung: das Leben in der Steinzeit in Gerlingen und die Ungarndeutschen. „Auch da ist Heimat das Thema“, sagt Raible – und erinnert an eines: „Die Ungarn sagen zweimal, ,wir fahren heim’ – wenn sie von Gerlingen nach Ungarn fahren, und wenn sie dann wieder nach Gerlingen kommen.“

Viel weiter weg als Ungarn liegt die Heimat der Menschen, die erst seit einigen Monaten oder einem Jahr in Gerlingen leben. Neun Familien aus Afghanistan, Syrien, dem Iran und Irak haben die Geschichten ihrer Flucht berichtet. Diese wurden von Mitarbeiterinnen des Freundeskreises Asyl aufgezeichnet und präsentiert. Schwere Gespräche seien das gewesen, erinnert sich Helga Frommholz, „jedes Mal drei bis vier bewegende Stunden“. Diese Berichte und Fotos dürften nicht untergehen. Nicht nur die Veranstaltung des Freundeskreises Asyl sei ein kleines Fest gewesen. Alles zusammen habe die Menschen einander näher gebracht.

Viele sind öffentlich präsent gewesen

Auch der ehrenamtliche Besuchsdienst hat bei „face to face“ auf seine Arbeit hingewiesen, das Jugendhaus ist auf dem Neuen Platz präsent gewesen, ebenso wie der Weltladen oder Gruppen der Kirchengemeinden. „Der Aufwand hat sich gelohnt“, bilanziert die Hauptamtsleiterin Ulrike Hoffmann-Heer, sie habe „nur positive Rückmeldungen“ erhalten. Ulla Bender, die Betreuerin der Freitagsmaler, sagt für ihre Künstler: „Auch Menschen mit Handicap fühlen sich in Gerlingen heimisch und wollen sich beteiligen“ – und das nicht nur mit Ausstellungen ihrer Bilder.

„Die Begegnungen auf einem öffentlichen Platz waren sehr beeindruckend“, fasst die künstlerische Leiterin Petra Biederbeck zusammen. Sie habe „keine Sekunde bereut“, dieses Projekt zum Thema Heimat mit der und für die Stadt gemacht zu haben. Eine gute Idee alleine nütze nichts, vielmehr seien die Projektpartner entscheidend – und die hätten mit den 16 Veranstaltungen tolle Ergebnisse gebracht. Sehr beeindruckend sei für sie die Veranstaltung mit den Flüchtlingen gewesen; der Freundeskreis Asyl habe mit den Interviews „einen großen Beitrag geleistet“.