Der Blick zurück in die Geschichte der Stadt macht deutlich, dass die Kommune vor 50 Jahren vor großen Herausforderungen stand, die erst mit einem deutlichen zeitlichen Abstand bewältigt wurden.

Ditzingen - Es zeugt von großem Vertrauen in den Autor, aber auch von einem souveränen Umgang mit der Vergangenheit, dass der Oberbürgermeister das neue Buch zur Stadtgeschichte „Vom Dorf zur Stadt“ erst zu lesen bekam, als es bereits im Druck war. Michael Makurath ließ dem langjährigen Ditzinger Stadtarchivar und Museumsleiter Herbert Hoffmann freie Hand – wohl wissend, dass der promovierte Historiker einen klaren, deshalb auch schonungslosen Blick auf die Geschichte haben würde. Und so fehlt im Buch die Schilderung der Affäre Lang – der Oberbürgermeister hatte 1980 Grundstücksgeschäfte am Gemeinderat vorbei gemacht – ebenso wenig wie die Erwähnung des Freitods von Volker Baehr, dem Amtsnachfolger von Alois Lang.

 

Die Stadt kam erst 1981 mit dem Oberbürgermeister Alfred Fögen in ruhiges Fahrwasser. Ihm, dem heutigen Ehrenbürger, gelang es, das verloren gegangene Vertrauen der Bürger in die Verwaltung und die Kommunalpolitik zurückzugewinnen.

Die Infrastruktur musste mit der Entwicklung Schritt halten

Fögens Leistung in den Folgejahren wird gerade durch die Darstellung der vorausgegangenen Ereignisse gewürdigt. Schließlich konnte man sich fortan auf die Schaffung der Infrastruktur konzentrieren. Diese war zwingend, um einer Entwicklung gerecht zu werden, die schon 1966 zur Stadterhebung und – zehn Jahre später – zur Ernennung zur Großen Kreisstadt geführt hatte. Nun ist Ditzingen 50 Jahre Stadt und 40 Jahre Große Kreisstadt – beides ist der Anlass für das Jubiläumswochenende. Der Festakt am Samstag fällt auf den Tag genau auf das Datum der Stadterhebung.

Ihm sei es wichtig gewesen, die für die Stadt bestimmenden Themen „über die Zeit hinweg zu betrachten und in einen Zusammenhang zu stellen“, sagt Hoffmann. So zeigt er beispielsweise auch auf, dass die Ditzinger schon früh im Fokus der Verkehrsplaner standen, weil schon damals die Autobahn 81 und die Bundesstraße 295 dem ansteigenden Verkehr nicht mehr gewachsen waren.

Mittels der Themenauswahl beschreibt Hoffmann auch, welchen Kraftakt die Entwicklung zur Großen Kreisstadt für Ditzingen bedeutete. Manche Frage bleibt allerdings offen, Hoffmann spekuliert nicht. Bei seiner Darstellung nutzte der Historiker bisweilen Zeitungsartikel als Quelle – viele Verwaltungsakten sind im Hochwasser vor sechs Jahren vernichtet worden. Auch dieses Ereignis wird in Erinnerung gerufen. Nina Hofmann, die das Buch mit Herbert Hoffmann verfasste, lässt im zweiten Teil Ditzinger erzählen. Geschichte greifbar zu machen, sei das Ziel dieses partizipativen Projekts gewesen, sagt Hoffmanns Nachfolgerin in der Funktion der Museumsleiterin. Die Bürger seien „Experten ihres Wohnortes“, begründet Nina Hofmann die Beteiligung der Menschen aller Stadtteile und unterschiedlichen Alters.

Der Feuerwehrkommandant erinnert an das Hochwasser

Diese waren im wesentlichen per Zufallsprinzip ausgewählt und danach um ihre Mitwirkung gebeten worden. Andere Ditzinger hat die Museumsleiterin gezielt angesprochen. Auf diese Weise hat auch der Bericht des Feuerwehrkommandanten Peter Gsandner Eingang in das Buch gefunden. Gsandner erinnert sich an jenes Hochwasser am 4. Juli 2010, als um 5.37 Uhr sein Meldeempfänger Alarm schlug, er das Haus verließ – und erst drei Tage und 300 Einsatzmeldungen später zurückkehren sollte.

Erinnert wird aber auch an das Ditzinger Waldheim, die erste Hocketse auf dem Laien, die der Handharmonika-Club erstmals im Jahr 1975 organisierte, an Mosers Eisdiele in der Marktstraße und an das „Spiel der Spiele“ der TSF-Fußballer gegen die Stuttgarter Kickers. Am 20. November 1994 sollen 4200 Zuschauer im Stadion gewesen sein. Die Ditzinger gewannen 3:0.