Rings um Stuttgart gab es 24 Prozent mehr Zusammenstöße, drei Menschen sterben. Die Polizei führt die Kollisionen vor allem auf die A rbeiten auf der A 8 und der A 81 zurück.

Leonberg - Ein Lasterfahrer übersieht, dass der Verkehr vor ihm stockt. Er schiebt mehrere Fahrzeuge ineinander. Am Ende haben sich vier Laster und Autos ineinander verkeilt. Ein Fahrer ist eingeklemmt, die Lkw-Ladungen auf der Straße verstreut. Über mehrere Stunden ist die Autobahn am Leonberger Dreieck gesperrt, der Schaden beläuft sich auf mehr als eine Million Euro.

 

Der Unfall am 19. Juli 2016 war wohl der spektakulärste im vergangenen Jahr im Altkreis Leonberg. Der neuralgischste Punkt der Region Stuttgart für Stunden lahm gelegt – in brütender Hitze.

183 Unfälle allein während Dreieck-Baustelle

Zum Unfallzeitpunkt war das Leonberger Dreieck eine Großbaustelle: Es wurde über mehrere Monate und Abschnitte bis nach Heimsheim Flüsterasphalt eingebaut. Dauerstau, die engen Fahrbahnen, all das führte zu zahlreichen Unfällen.

Allein in der Zeit zwischen April, als die Baustelle eingerichtet wurde, und Ende September ereigneten sich 183 Zusammenstöße auf dem 12,2 Kilometer langen Bauabschnitt. Im gleichen Zeitraum 2015 waren es nur 77 Kollisionen gewesen.

Anstieg der Zusammenstöße um 24 Prozent

Im gesamten Bereich der Autobahnpolizei Ludwigsburg sind im vergangenen Jahr die Unfallzahlen gestiegen. Dieser umfasst die Strecken auf der A 8 von den Anschlussstellen Heimsheim bis Wendlingen, auf der A 81 zwischen den Abfahrten Mundelsheim und Rottenburg sowie die A 831. Auf den 110 Streckenkilometern ereigneten sich 4783 Unfälle, 926 mehr als im Vorjahr. Das ist ein Anstieg um 24 Prozent.

Bei 88 Prozent der Unfälle blieb es glücklicherweise bei Blechschäden. Bei jedem achten Zusammenstoß wurden jedoch auch Menschen verletzt. „Diese Steigerungen waren unter anderem vermutlich auf lang andauernde Großbaustellen mit wechselnden Verkehrsführungen auf den Autobahnen 8 und 81 zurückzuführen“, erklärt die Polizei im Bericht zur Unfallstatistik.

Die Baustellen müssen sein

Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart, welches die Großbaustellen auf den Autobahnen verantwortet, will die Zahlen erst analysieren. „Dass Baumaßnahmen aufgrund von Einengungen, Umleitungen, wechselnden Verkehrsführungen unter anderem eine besondere Achtsamkeit von Verkehrsteilnehmern erfordern, ist klar“, sagt Katja Lumpp, die Sprecherin des RP.

In welcher Höhe sich aber daraus ein erhöhtes Unfallgeschehen ableiten lasse, sei nicht bekannt. Alle Baustellen dieser Größenordnung würden ständig begleitet und optimiert. So habe man auch am Dreieck Leonberg im vergangenen Jahr bei der Verkehrsführung nachgebessert.

Mehr Verkehr bedeutet mehr Unfälle

Dort hatte die verwirrende Beschilderung zu teilweise riskanten Spurwechseln und anderen Fahrmanövern geführt. „Diese Erfahrungen sind auch in den jetzigen Bau eines Verflechtungsstreifens zwischen dem Kreuz Stuttgart und dem Dreieck Leonberg eingeflossen“, erklärt die RP-Sprecherin.

Sowohl der ADAC Württemberg, als auch der Polizei-Vizepräsident Burkhard Metzger vom Polizeipräsidium Ludwigsburg führen bei der Vorstellung der Statistik die Unfallhäufungen auf den immer dichter werdenden Verkehr zurück. „Die Verkehrszunahme bringt immer mehr Unfälle mit sich“, sagt Metzger.

„Das war schon ein extremes Jahr“, meint Reimund Elbe, der Pressesprecher des ADAC in Stuttgart. Die ADAC-eigene Verkehrsauswertung habe gezeigt, dass die Staus in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen hätten. In den Baustellen balle sich dann der Verkehr. „Am Dreieck Leonberg kann ein Unfall gleich zum totalen Chaos führen“, sagt Elbe.

Längere Sanierungen, die länger halten sollen

Dennoch müssten die Sanierungen sein, wie auch jene in knapp zwei Jahren im Engelbergtunnel, etwa um die Sicherheit der Fahrer zu gewährleisten. „Wichtig ist, dass die Arbeiten hochprofessionell ausgeführt werden, selbst wenn es dadurch länger dauert. Dafür soll es dann Jahrzehnte halten“, sagt der ADAC-Sprecher.

Elbe appelliert dabei auch an die Autofahrer. Denn vor allem riskante Manöver, Selbstüberschätzung, Fahrfehler in der Baustelle oder schlicht die Uneinsichtigkeit, dort langsamer fahren zu müssen, seien die Ursachen der Baustellenunfälle.

„Es lässt sich klar sagen: Viele dieser Unfälle müssen nicht sein.“ Doch auch die Planer trügen eine Verantwortung, je nachdem wie sie die Baustelle gestalten. „Wer sich sicher fühlt, der fährt auch sicher.“