Unsere Redakteurin Kathrin Klette versucht sich als „Praktikantin“ in der Tourist-Information.

Weil der Stadt - Beruflich bin ich vielleicht vier- oder fünfmal in Weil der Stadt gewesen. Privat nur ein einziges Mal. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für eine Stelle in der Tourist-Information Weil der Stadt. Vor allem, wenn ich so miterlebe, wie genau sich die Mitarbeiterin Eva Weil in der Keplerstadt auskennt und den Besuchern den Weg zu jedem Café und jedem Radweg aus dem Stegreif erklären kann. Glücklicherweise bin ich heute nur Gast-Praktikantin und lasse mir als solche einmal ganz genau zeigen, worauf es in der Tourist-Info ankommt.

 

„Ich gehe immer direkt auf die Menschen zu“, erklärt Eva Weil. Sie arbeitet seit einem Jahr in der Tourist-Info. „Ein direktes Gespräch ist ein warmes Gespräch. Wenn ich hinter der Theke stehe, dann bin ich für die Leute auch einfach nur eine Frau hinter der Theke.“ Als die ersten Besucherinnen hereinkommen und sich umsehen, geht sie daher gleich hinüber. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Aber gerne. Die drei Damen sind auf der Suche nach Wanderkarten. Eva Weil verweist auf das passende Regal. „Die nehmen wir gleich mit“, sagt eine der Frauen freudig. „Und gibt es hier auch Führungen bei Nacht?“ Klar. Bei den Nachtwächterführungen sind sie da goldrichtig.

Ortskenntnisse sind sehr wichtig

Manche Menschen dagegen möchten sich lieber alleine umsehen. „Wenn man das merkt, zieht man sich erst mal zurück. Sie sollen aber wissen: Wenn sie mich brauchen, bin ich da.“ Eines ist den Mitarbeitern ganz wichtig: „Die Menschen sollen herkommen und sich wohlfühlen und auch mit einem guten Gefühl wieder heimfahren.“ Die individuelle Betreuung ist dabei ein ganz wichtiger Faktor, weiß Eva Weil. „Wenn ein Reiseleiter zu uns kommt und sich nach einer Führung für seine Gruppe erkundigt, überlegen wir genau: Was passt zu ihnen? Sind es ältere Leute, die vielleicht nicht mehr so gut zu Fuß sind? Wo liegen die Interessen der Gruppe?“

Der Umgang mit den Menschen ist also die eine Seite. Die andere sind selbstverständlich die Ortskenntnisse. Wo ich selbst erst mal den Stadtplan bemühen müsste, weiß Eva Weil auf Nachfrage eines Kunden sofort Bescheid. Und das nicht nur über die Cafés, Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe. „Es ist auch gut, wenn man weiß, wer gerade geöffnet und geschlossen hat und wo man die Leute alternativ hinschicken kann.“

Das jedenfalls werde ich so auf die Schnelle wohl nicht lernen. Zumindest aber kenne ich mich jetzt innerhalb der Tourist-Info ganz gut aus. Über die Rechner gibt es Zugriff auf die Ticket-Server. Besucher können hier nicht nur Karten für Veranstaltungen in Weil der Stadt, sondern in der ganzen Region bekommen. In den Glasvitrinen stehen die Souvenirs, verschiedene Mitbringsel mit dem Weiler Wappen, Bücher über Johannes Kepler, die Auswahl ist groß. Die Regale sind voll mit Flyern – mit den Sehenswürdigkeiten der Stadt, mit Infos zu Veranstaltungen und zum Strandsommer – und natürlich zahlreichen Radwanderkarten.

„Man kann nicht alles wissen“

Das Radfahren gehört zu Eva Weils persönlichen Steckenpferden, weshalb sie den Radtouristen immer sehr fundierte Informationen geben kann. Den Würmtalradweg, nach dem sich ein Pärchen erkundigt, kenne ich zwar. Aber wie man von hier am besten weiterfährt, da bin ich leider überfragt. Eva Weil kennt sich schon besser aus. Und sie kann auch gleich den Weg zu einem Fahrradgeschäft erklären, denn am Fahrradhelm der Frau hat sich unterwegs etwas gelöst. „Man kann aber auch nicht alles wissen“, sagt sie. „Wo ich mich selbst nicht so gut auskenne, sehe ich eben nach oder frage eine Kollegin.“ Da bin ich ja beruhigt.

Immerhin meine Englischkenntnisse wären ausreichend, merke ich, als ein älteres Paar aus Australien vorbeischaut und sich nach einer „map“, einem Stadtplan, erkundigt. Und nach „souvenirs“. Klar, da gibt es zum Beispiel die „magnets for the fridge“, die Kühlschrankmagneten, die „shopping bag“ (Einkaufstasche) und natürlich die „postcards“ (Postkarten). Was nur aber heißt Wappen auf Englisch? Eva Weil muss passen, ich leider auch. Die Besucher verlassen trotzdem zufrieden mit einem Kühlschrankmagneten die Tourist-Info.

Ein gewohntes Bild für die Mitarbeiter. „Gerade im Juli und August haben wir viele englischsprachige Gäste hier“, erklärt Eva Weil. „Dieses Jahr waren zum Beispiel sehr viele aus Kanada und den USA hier, kürzlich war sogar eine sehr nette Dame aus Tokio bei uns, die historische Städte besuchen wollte. Ich habe ihr dann noch Würzburg und Regensburg als Tipp gegeben.“ Zu dem Thema hätte ich sicher auch ein paar Tipps parat gehabt. Ansonsten müsste ich mich für eine Stelle in der Tourist-Info wohl noch sehr viel besser einlernen. Zumindest habe ich schon herausgefunden, wie das englische Wort für Wappen heißt: nämlich „coat of arms“.

Infos zur Tourist-Info

Die Weiler Tourist-Info, zugleich das Bürgerbüro, existiert in ihrer jetzigen Form seit 2015. Das Publikum besteht zum einen aus Weiler Bürgern, die ein Anliegen bei der Verwaltung haben oder Tickets kaufen möchten, zum anderen aus Touristen von außerhalb. Deren Anlaufstellen befanden sich vorher im Rathaus, wo sich aber zumindest Touristen nur selten hinverirrten. Deshalb wurde der Standort an den Marktplatz verlegt.

Die Öffnungszeiten der Tourist-Info sind von Dienstag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr – während des Strandsommers ist meist schon früher offen –, samstags von 10 bis 13 Uhr und zwischen Mai und September auch am Sonntag von 13.30 bis 16.30 Uhr. Für die Mitarbeiter beginnt der Tag aber deutlich früher. Eva Weil zum Beispiel ist immer schon um 8 Uhr da, denn zu ihrer Arbeit gehört auch jede Menge Bürokratie und Organisation. kle