Der Erste Beigeordnete Jürgen Katz landet sogleich knietief in den Weil der Städter Eigenheiten.

Weil der Stadt - Jürgen Katz räuspert sich. „Wer ist dafür?“, fragt er dann in die Runde. Alle Hände gehen hoch. „Wer ist dagegen? Gegenstimmen? Okay, dann ist das einstimmig so beschlossen.“ Seit etwas mehr als einer Woche ist Katz der neue Beigeordnete und Bürgermeister-Stellvertreter. In Weil der Stadt ist er damit – im Gegensatz zu manch anderer Kommune – mehr als nur ein fachlich arbeitender Amtsleiter.

 

Denn der Bürgermeister Thilo Schreiber sieht in seinem Stellvertreter auch einen gleichberechtigten Teamspieler mit repräsentativen und kommunalpolitischen Aufgaben. Daher leitete schon Katz’ Vorgängerin Susanne Widmaier regelmäßig den Technischen Ausschuss des Gemeinderates. Das wird auch Jürgen Katz künftig tun. „Das ist eine besondere Sitzung, da muss ich nur neben mich schauen“, sagt Schreiber, der in der Sitzung am Mittwochnachmittag doch noch einmal vorbeischaut. „Der TA ist Hoheitsgebiet des Beigeordneten, an ihn möchte ich den Stab wieder übergeben.“

Die Stadt hat kein Geld

Für lange Reden ist aber keine Zeit, denn die Liste an Tagesordnungspunkten will abgearbeitet werden. Und auch thematisch landet der Neue knietief in den Eigenheiten seines neuen Wirkungsfeldes in Weil der Stadt. Denn zwei Dinge bestimmen hier sämtliche kommunalpolitischen Diskussionen: Das Geld, das nicht vorhanden ist, und die Besonderheiten einer Flächenstadt mit fünf Stadtteilen.

Die Heizung auf dem Friedhof und die Fußgänger-Würmbrücke in Hausen sind am Mittwoch dran. „Das Thema der fehlenden Heizung in der Aussegnungshalle bewegt mich, seit ich Bürgermeister in Weil der Stadt bin“, erläutert Thilo Schreiber eingangs noch. Denn eine solche Investition ließen die bisherigen Stadtfinanzen offenbar nicht zu. „Sie müssen weit laufen, bis Sie eine Halle ohne Heizung finden.“

Ohne Heizung geht es nicht

Und weil Weil der Stadt eben Weil der Stadt ist, ist es mit einer Investition nicht getan. Denn die Stadt hat gleich fünf Friedhöfe. In Merklingen ist vor zwei Jahren der Heimatkreis vorgeprescht und hat eine Heizungsanlage spendiert. In der Kernstadt habe noch keiner Geld angetragen, sagt der Bürgermeister.

30 900 Euro kostet die Anlage, hat die Recherche des städtischen Gebäudemanagements jetzt ergeben – das Doppelte dessen, womit man noch bei den Haushaltsberatungen gerechnet hatte. „Aber Strahler und eine Infrarotheizung können wir nicht einbauen“, erklärt die Mitarbeiterin Sandra Stotz. „Deshalb bleibt nur die teurere Variante einer Gasheizung übrig.“

„Die Heizung ist alternativlos, wir brauchen sie“, sagt dazu die FDP-Rätin Brigitte Benzinger-König, die sich seit Langem für die Heizung stark macht. Also machen die Gemeinderäte das, was sie häufig machen. Sie murren über die Kostensteigerungen, stimmen dann aber zu. „Die Stadt kann ja nicht verbieten, dass die Leute auch im Winter sterben“, erklärt der SPD-Rat Josef Weber.

Die Bürokratie lässt nicht lange auf sich warten

Und der Beigeordnete? Der hat alles im Griff – und leitet zum nächsten Tagesordnungspunkt über. Die Fußgänger-Brücke über die Würm ist marode, das ist bekannt. Eine neue muss her, auch das wissen die Räte schon. Sie wird sehr, sehr teuer, von einer halben Million Euro ist die Rede.

Es gibt einen Zuschuss vom Land, für den man aber ein aufwendiges Antragsverfahren durchlaufen muss. Für 30 000 Euro vergibt der Technische Ausschuss daher an den Merklinger Holzbaubetrieb Laure zunächst den Auftrag, die alte Brücke nochmals notdürftig zu reparieren. „Wir kaufen uns damit Zeit“, erklärt Katz den TA-Mitgliedern. Denn dann könne man bis Frühjahr 2019 den Zuschuss-Antrag erarbeiten, über den bis Mitte 2019 entschieden wird. Und dann irgendwann 2019 oder 2020 die Fußgänger-Brücke erneuern. Die Sitzung zeigt: Jürgen Katz ist inmitten der deutschen Staatsbürokratie angekommen.