Wer sich in Malmsheim dem Hause Philippin nähert, der merkt schnell, dass der Sport hier eine große Rolle spielt. Vor der Tür stehen zwei paar Joggingschuhe zum Ausdünsten, im Flur des Hauses umrahmen unzählige Pokale und Medaillen den Eingangsbereich. Der Sport hält die Familie auf Trab, ist zugleich eine Klammer und willkommener Anlass, regelmäßig zusammen zu kommen.

Malmsheim - Wer sich in Malmsheim dem Hause Philippin nähert, der merkt schnell, dass der Sport hier eine große Rolle spielt. Vor der Tür stehen zwei paar Joggingschuhe zum Ausdünsten, im Flur des Hauses umrahmen unzählige Pokale und Medaillen den Eingangsbereich. Der Sport hält die Familie auf Trab, ist zugleich eine Klammer und willkommener Anlass, regelmäßig zusammen zu kommen. Ob selbst aktiv oder als Zuschauer.

 

Sie alle fiebern natürlich mit dem sportlichen Werdegang von Hanna Philippin mit. Die 23-Jährige Triathletin will sich im kommenden Jahr ihren Startplatz für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sichern (siehe Bericht unten). Und weil sie dafür um die halbe Welt jettet (Wettkämpfe und Trainingslager) hängen an der Esszimmerwand gleich vier Uhren. Malmsheim, New York, Sydney, Tokio. Man muss ja schließlich wissen, wie spät es bei der Tochter ist. Wenn’s sein muss, wird eben auch mitten in der Nacht aufgestanden, um einen ihrer Wettkämpfe live im Internet zu verfolgen.

Hier die Spitzensportlerin, da die Familie, die die Fahne des Breitensports hochhält. Die Philippins tauchen in der Regel im Rudel auf. So zum Beispiel bei der Verleihung des Deutschen Sportabzeichens in Warmbronn. Sie halten die Rekorde. Oma Anneliese Bär ist mit 81 Jahren die älteste unter den über 100 Absolventen. Die sechsjährige Urenkelin Mia-Jolie, die in Berlin lebt, aber zur Sportabzeichenabnahme ebenfalls in Warmbronn war, ist das Küken. Ist ja auch ganz praktisch. Silvia Bär, eine Schwester von Jutta Philippin, ist Sportabzeichenprüferin bei der Spvgg Warmbronn. Sie war es auch, die das Ganze für die Familie, die genauso gut auch in Renningen hätte antreten können, in die Hand genommen hat. Die beiden Schwestern Renate Lutz und Hilda Eisenhardt sind natürlich genauso mit von der Partie wie Jutta Philippins Ehemann Alfred. Vier Generationen sind in Sachen Sportabzeichen am Werk.

Die 81-jährige Anneliese Bär hat den Fitnessorden mittlerweile zum siebten Mal überreicht bekommen. Sechsmal in Gold und einmal in Silber. Der Ausrutscher passierte nur, weil sie beim Sprint über 200 Meter schon vor der Ziellinie abgebremst hatte. Neben den sieben Kilometer Walking, dem Standweitsprung und dem Schwimmen absolviert sie den Sprint inzwischen auf dem Rad mit fliegendem Start. Schon hat es wieder zu Gold gereicht.

Enkelin Hanna hatte ihre Oma zum Sport ermuntert. Der Renninger Trimmathlon, der im Jahr 2010 zum letzten Mal stattgefunden hat, war der Versuchsballon. „Das schaffe ich doch nie“, hatte Anneliese Bär, die zuvor mit dem Sport überhaupt nichts am Hut hatte, gesagt. „Wir hatten keinen Sport in der Schule und mussten aufs Feld. Wenn, dann bin ich mal mit dem Fahrrad nach Stuttgart zum Schlachthof gefahren.“ Geschafft hat sie es dann doch und ist dabei geblieben. Einmal wöchentlich geht sie zu den Landfrauen zum Sport, fährt in Renningen immer noch fleißig mit dem Fahrrad zum Einkaufen. Und macht nun eben auch noch das Sportabzeichen.

In Warmbronn haben alle Teilnehmer des Familien-Clans mal wieder das goldene Abzeichen erhalten. „Einen gewissen Ehrgeiz haben wir schon, wenn wir da antreten“, sagt die Spitzensportlerin Hanna Philippin. Für die Triathletin selbst sind die Ausdaueranforderungen natürlich überhaupt kein Problem. Aber: „Ich musste Werfen und Springen auch erst trainieren. Das ist nämlich nicht so meins.“

Ausdauer ist auch die Domäne ihrer Mutter Jutta. Die 55-Jährige ist zwischen 1992 und 1999 mit der deutschen Nationalmannschaft je zweimal Weltmeisterin und Europameisterin im 100-Kilometer-Lauf geworden, einmal Vizeeuropameisterin als Einzelstarterin und zweimal nationale Titelträgerin. Zum Leistungssport kam sie über ihren Mann Alfred, ebenfalls Marathonläufer. Völlig untrainiert war sie bei einer Bergwanderung auf den Montblanc mitgegangen und hatte sich geschworen: „Das passiert mir nicht noch einmal.“ Als sie dann auch noch den damaligen Renninger Lauftreffleiter Günter Kochmünster traf, der ein Prospekt vom Bieler 100-Kilometer-Lauf in der Hand hatte, stand ihr Entschluss fest: „Das will ich auch einmal machen.“ Mit ihrem letzten Einsatz im Nationalteam in Japan verabschiedete sie sich 1999 schließlich vom Leistungssport.

Inzwischen haben sich die Verhältnisse umgedreht. Sind damals die Kinder oftmals auf dem Rad nebenher gefahren, wenn die Mutter trainiert hat, wird es Jutta und Alfred Philippin mittlerweile zu schnell, wenn ihre Tochter richtig loslegt. Dann schwingen sich die Eltern auf den Drahtesel, um die Profisportlerin zu begleiten. Die wiederum genießt ihre Ausflüge in die Heimat: „Ich brauche das auch, ab und zu Familienurlaub zu haben.“

Natürlich ist sie über die Weihnachtsfeiertage zu Hause. Dann geht’s noch mal kurz zurück nach Saarbrücken, wo sie lebt und trainiert, bevor sie den Jahreswechsel wieder in der Heimat verbringt. Denn neben dem Silvesterlauf in Backnang steht ja noch ein anderes sportliches Familienereignis auf dem Programm. Da joggen die Philippins zum Jahresausklang gemütlich im Hardtwald. Und wenn sie wieder von ihrer Tour zurück sind, stehen auch schon Anneliese und ihr Mann Helmut Bär mit einer Flasche Sekt parat. Der Sport bringt sie eben immer wieder zusammen – egal in welcher Form.