Seit zehn Jahren zeigt Wolfgang Mareczek seine Filme auch draußen unter freiem Himmel.

Weil der Stadt - So einfach geht das. Ist es den Leuten zu kühl oder nicht – wer weiß das schon, schließlich alles subjektiv. Da war der Zettel an der Tür die Lösung, jeder durfte einen Strich machen. Bis auf zwei oder drei Kinobesucher waren alle für drinnen – und der Film wurde in der Kulisse gezeigt. „Wir sind schließlich ein demokratischer Laden hier“, sagt Wolfgang Mareczek. Und dennoch ist er es, der in Weil der Stadt die Fäden in der Hand hält, wenn es ums Kino geht, der dafür sorgt, dass der Kino-Charme erhalten bleibt. Der aber auch immer dann eine Idee hat, wenn es sich lohnt, was Neues zu wagen.

 

Die Geschichte beginnt mit der Kulisse

Genau zehn Jahre ist es zum Beispiel her, dass das Sommernachts-Kino entstanden ist. Denn was macht man sonst, wenn man eine Wiese hat und Lust, etwas zu bewegen? Wobei die Geschichte eigentlich ein Jahr zuvor beginnt. 2006 hatte Wolfgang Mareczek die „Kulisse“ gekauft, in früheren Jahrzehnten ein Wohnheim für Gastarbeiter im Weiler Industriegebiet.

Brigitte Mareczek, die buchhandelnde Frau von Wolfgang, hatte ein Puppentheater zu Gast, aber in Weil der Stadt keine richtige Location gefunden. „Da kam uns der Gedanke, wir machen einfach selber was“, erinnert sich der Weiler Cineast. Kultur und Kleinkunst war zu der Zeit in Weil der Stadt noch nicht verbreitet, das Klösterle war noch eine Ruine, die Kuckucks-Bühne noch nicht erfunden.

Das ist heute anders, daher hat sich auch das Kulissenprogramm im Laufe der Zeit gewandelt. „Wir nutzen das auch als Kino, für eher spezielle Sachen“, berichtet Wolfgang Mareczek. Dazu gehört seit den zehn Jahren auch die Wiese vor der Kulissen-Tür. „Dahinter ist eine Freifläche, da könne man doch was machen“, hat sich der umtriebige Wolfgang Mareczek vor genau zehn Jahren gedacht – und das Sommernachtskino war erfunden. 95 Plastik-Stühle, eine Leinwand und Projektoren hinten, dazu ein idyllisches Ambiente zwischen gemütlichen Bäumen, fertig ist das Rezept für die gute Sommerabend-Unterhaltung.

Genauso, wie die Kulisse, so ist auch das Sommernachtskino in den zehn Jahren erwachsener geworden. Der Kinobetreiber musste sich langsam an das herantasten, was sein Publikum liebt. „Blockbuster funktionieren hier nicht“, sagt er. „Wir haben gemerkt, dass das dieselben Leute sind, die auch ins Programmkino gehen.“

Charme vieler Jahrzehnte

Denn die gemütlichen Säle in Weil der Stadt, die Mareczek 1973 übernommen hat, zeugen vom Charme der vielen Jahrzehnte. Vom halben Nordschwarzwald pilgern die Cineasten hierher, Mareczek beschreibt sein Publikum als „eher weiblich“, „eher gesetzter“. „Das Action- und jugendaffine Multiplex-Publikum hatten wir noch nie“, hat er in all den Jahrzehnten festgestellt. Darum spürt er übrigens auch das neue Großkino in Leonberg nicht so sehr, er spricht von einem Umsatzverlust von „höchstens etwa 20 Prozent“. Kunden, die Leonberg lieben, seien bereits vorher eher nach Sindelfingen oder Stuttgart gefahren.

Weil der Stadt bleibt klein, überschaubar, gemütlich, speziell. Genauso, wie auch das Sommernachtskino. Ein Höhepunkt zum Beispiel war die gemeinsame Veranstaltung mit dem Stadtarchiv Leonberg. Am vergangenen Freitag wurde da der Film „Johannes Kepler“ gezeigt, ein rarer DDR-Streifen von 1974, der den Hexenprozess um Keplers Mutter Katharina nachzeichnet. Das kommt nicht von ungefähr. Das Nachbarschaftskino, das es in der DDR gab, ist eine der Traditionen, bei der sich Wolfgang Mareczek hat inspirieren lassen.

Ab und zu schauen auch die Filmemacher höchst selbst in Weil der Stadt vorbei und zeigen ihre Filme – etwa die Vorpremiere von „Die Kirche bleibt im Dorf“. Und dazwischen der Kino-Chef, der alle Fäden in der Hand behält. Das mag das Publikum, abblasen, weil keiner kam, musste Mareczek in den zehn Jahren keine einzige Open-Air-Vorstellung.

Dennoch, es gab auch Stolpersteine. Seit 2013 zum Beispiel gibt es in Deutschland endgültig keine Filmrollen mehr, Mareczek musste nicht nur für seine fünf Kinosäle, sondern auch für den Außenplatz einen teuren Digitalprojektor anschaffen. „Es gab zum Glück ein Förderprogramm des Landes“, erinnert er sich. „So konnten wir das einigermaßen stemmen.“ Diese Investition war ohne Alternative, anderes macht er dagegen nicht mit. „Ich kann und will das Kino nicht neu erfinden“, formuliert er es und lächelt nur milde über Wackelsitze und anderes „Trallala“.

Dabei bleibt es auch bei dem einzigen Kriterium für das Sommernachtskino. Draußen oder drinnen im Kulisse-Saal? „Solange es nicht regnet ist es draußen“, hat Wolfgang Mareczek festgelegt. Und wenn die Vorhersage gar zu unsicher ist, stimmen eben die Zuschauer ab.

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