Trotz eines Vorschlags des Bürgermeisters Daniel Töpfer: Fraktionen lehnen höhere Sitzungsgelder ab.

Weissach - Die Gemeinderäte in Weissach versagen sich selbst höhere Sitzungsgelder. Nach einer auf anspruchsvollem Niveau geführten Diskussion haben sie am späten Montagabend mehrheitlich beschlossen, die bisher gezahlten Entschädigungssummen beizubehalten. Sie bekommen also weiterhin 35 Euro pro Sitzung und eine jährlich einmalige Aufwandsentschädigung von 50 Euro.

 

Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder sind nicht mit den klassischen Diäten von Abgeordneten im Bundestag oder in den Landtagen zu vergleichen. Sie dienen laut der baden-württembergischen Gemeindeordnung dazu, dass ehrenamtliche Gemeinderäte für zumindest einen Teil ihres Aufwands und mögliche berufliche Verdienstausfälle vergütet werden.

Viele Einschnitte für Bürger – Pröllochs will mit gutem Beispiel voran gehen

Die Höhe bestimmt jedes Gremium selbst. In der Regel orientieren sich die Sätze auch an der Größe einer Kommune. In Weissach wurde die Sätze zuletzt im Dezember 2009 geändert. Demnach bekommen die Gemeinderäte 35 Euro pro Sitzung und eine jährlichen Pauschalbetrag von 50 Euro. Dieser aber, so heißt es in der amtlichen Erläuterung, wurde „aus nicht nachvollziehbaren Gründen seit mehreren Jahren nicht mehr ausgezahlt.“

Deshalb schlug Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) jetzt vor, auf die Jahrespauschale komplett zu verzichten und das Sitzungsgeld stattdessen von 35 auf 45 Euro zu erhöhen. Bei zeitaufwendigen Klausurtagungen sollte es 70 Euro geben.

Doch das in Aussicht gestellte Zubrot stieß im Gremium nicht nur auf Begeisterung. „Angesichts von Sitzungen, die meistens von 18 Uhr bis Mitternacht gehen, ist die Erhöhung sehr moderat“, erklärte Andreas Pröllochs. „Andererseits haben wir in den vergangenen Jahren sehr viele Einschnitte für die Bürger beschlossen.“ Der Fraktionschef der Bürgerliste plädierte daher dafür, „mit gutem Beispiel“ voranzugehen und die Tarife nicht zu ändern.

Die Tarife gelten rückwirkend zum Jahresbeginn

Sein Kollege von den Freien Wählern sah dies ähnlich. „Wir haben sehr viele Zuschüsse gestrichen“, sagte Detlef Bausch. „Da ist eine Erhöhung unserer eigenen Bezüge nur schwer vermittelbar.“ Die 70 Euro für ganztägige Klausursitzungen hielt er aber für angemessen. Doch nicht alle waren mit der vorgeschlagenen Bescheidenheit einverstanden. „Wir setzen enorm viel Zeit ein“, gab Adelheid Streckfuß zu bedenken. Die Vertreterin der Unabhängigen Liste verwies zudem auf fast zehn Jahre, in denen es keine Erhöhung gegeben hatte. Rückendeckung bekam sie von ihrer Fraktionskollegin Susanne Hermann, die die wesentlich höheren Pauschalen etwa in Renningen oder Rutesheim anführte.

Marga Schmälzle von der Bürgerliste meinte, dass ein Großteil der Sitzungsgelder nicht in den Taschen der Ratsmitglieder blieben, sondern für die Fraktionsarbeit investiert würden. Und Karl Schäfer von den Freien Wählern sagte klipp und klar: „Wer meint, das ist zu viel, der soll die Ratsarbeit mal 30 Jahre machen.“

Am Ende standen drei Varianten zur Abstimmung. Knapp scheiterte Susanne Hermann mit ihrem Antrag, dass das Sitzungsgeld auf 45 Euro erhöht wird, die 50-Euro-Jahres-Pauschale bleibt und für Klausurtagungen 70 Euro bezahlt werden. Detlef Bauschs Mittelweg (35 Euro pro Sitzung, 50 Euro im Jahr plus 70 Euro je Klausurtagung) blieb ebenso ohne Mehrheit. Dafür setzte sich Andreas Pröllochs mit seinem Ziel durch, alles so zu belassen: 35 Euro pro Sitzung, 50 Euro im Jahr. Diese Tarife gelten nun rückwirkend seit Jahresbeginn.

Kommentar

Die Politik macht vor sich nicht halt

Mit seinem Verzicht auf mehr Geld setzt der Gemeinderat ein starkes Signal. Von Thomas K. Slotwinski

Geht es um die Bezahlung von Politikern, ist der Stammtisch nicht weit. Wobei es sich trefflich drüber streiten lässt, ob Abgeordnete, Minister oder Bürgermeister wirklich überbezahlt sind, angesichts des großen Aufwands, den sie haben. Im Vergleich zur freien Wirtschaft ziehen sie finanziell oft den Kürzeren.

Auf kommunaler Ebene wäre es töricht, die paar Euro zu kritisieren, die Gemeinderäte erhalten. Sind doch die Aufgaben gewaltig: Die Sitzungsvorlagen sind äußerst umfangreich, die Themen komplex. Wer sein Ehrenamt ernst nimmt, hat zumindest mal einen Halbtagsjob. Menschen, die voll im Berufsleben stehen, müssen schon sehr engagiert sein, um viele lange Abende in Ratsälen, Fraktionszimmern und bei Bürgertreffs zu verbringen.

Umso höher ist es zu bewerten, dass der Gemeinderat Weissach auf eine Erhöhung der eigenen Gelder verzichtet hat. Angemessen wären sie gewesen, nicht nur wegen der vergleichsweise geringen Beträge. Die Lokalpolitiker, die zuletzt etlichen Kürzungen zugestimmt haben, machen vor sich selbst nicht halt. Ein starkes Signal!