Die Machbarkeitsstudie für eine Seilbahn kommt, allerdings in abgespeckter Version. Die Meinungen im Gemeinderat gehen dabei weit auseinander.

Leonberg - Wird es der letzte Akt im Theater um eine Seilbahn in Leonberg? Oder wird es erst der zweite Akt, im klassischen Drama auch als Komplikation bezeichnet, dem noch weitere bis zum Höhepunkt und dem Schluss folgen? Die Bühne dafür bildet der Gemeinderat, der wie immer im großen Ratssaal zusammenfand. Im Auditorium blieb kein Stuhl mehr frei, als die Hauptprotagonisten schließlich in Erscheinung traten.

 

1. Akt: Der OB hat eine Idee

Hier der Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD), der mit der Idee einer Seilbahn im Juli an die Öffentlichkeit gegangen war. Diese könnte die drei Punkte Bahnhof, Leo-Center und Altstadt in einem Dreieck verknüpfen und so den innerstädtischen Verkehr zum einen entlasten, zum anderen auch den öffentlichen Nahverkehr für mehr Nutzer attraktiver machen. Später war das Stück ergänzt worden um eine Strecke über das Glemstal nach Höfingen. An der Seite des OB die stets gut informierte Adjutantin, die Mobilitätsbeauftragte der Stadt Bärbel Sauer. Diese hatte noch einmal das Thema und den Inhalt der Machbarkeitsstudie erläutert. Sie brachte zudem noch einen Handlungsstrang mit: Eine Gondel könnte einen künftigen Park&Ride-Parkplatz am Westanschluss mit den großen Arbeitgebern an der Post- und Römerstraße verbinden.

Auf der anderen Seite sind da Gemeinderäte, 31 an diesem Tag. Nur einige wenige schlüpfen deutlich in die Rolle der Widersacher. Manche mimen den Mahner, andere den Skeptiker. Und da ist natürlich auch der Chor an Unterstützern, sowohl des OB als auch der Seilbahn-Idee.

Seilbahn als Lösung für das Leonberger Verkehrsproblem?

Zu den deutlichsten Antagonisten gehören die Freien Wähler, für die Fraktionschef Axel Röckle auch gleich den Antrag stellt, keine Studie zu beauftragen. „Sollen wir wirklich Geld für ein Transportmittel in die Hand nehmen, das in zehn Jahren schon wieder veraltet ist“, sagte er mit Blick auf die Forschungsidee eines Bosch-Ingenieurs über autonom fahrende Gondeln, die vor zwei Wochen für Furore gesorgt hatte. Außerdem müsse man bedenken, was man der nachfolgenden Generation da so mitgebe. Mit 18 zu 13 Stimmen lehnt der Rat den Antrag aber ab.

Zu den Mahnern gehört der Grüne Bernd Murschel. Man soll doch erst das Ergebnis der Machbarkeitsstudie in Stuttgart abwarten. Die könnte bis Februar vorliegen. „So unterschiedlich ist die Topografie nicht“, sagte der Landtagsabgeordnete, der fragte: „Ist eine starre Seilbahn auch eine sinnvolle Lösung für das Leonberger Verkehrsproblem?“ Zudem wies er auf die Kosten hin, die zwar keiner bislang benennen könne, die bei anderen Vorhaben aber mit dreistelligen Millionenbeträgen anvisiert würden. Beim Verschiebungsantrag gab es ein Stimmenpatt, er gilt als abgelehnt.

Macht das wirklich Sinn?

Frank Albrecht mahnte eher Dinge praktischer Natur an. „Welche Frau steigt da nachts in eine Gondel mit einem Fremden?“ Oder: „Wenn die Leute schon gegen Windräder klagen, die in ihrem Vorgarten stehen, dann erst recht gegen einen Pfeiler in ihrem Vorgarten.“ Und: „Keiner fährt mit dem Bus aus dem Ramtel ans Leo-Center, um dann dort die Seilbahn zum Bahnhof zu nehmen.“

Ein Skeptiker, der sich überzeugen lassen will, schien dagegen Dieter Maurmaier von der FDP zu sein. Zumindest was die Machbarkeitsstudie betrifft. „Solange man keine Aussage treffen kann, ob überhaupt Bedarf dafür besteht, braucht man sich noch nicht mit der technischen Seite zu befassen“, lautete seine Argumentation. Die in der Studie vorgesehene Stoppstelle, etwa auf 60 Prozent des Weges, an der der Gemeinderat die Studie stoppen kann, schien ihm dann doch zuzusagen. Bis dahin würde sie nur 56 000 Euro statt 97 000 Euro kosten, von denen die Hälfte das Land übernimmt. Blieben 28 000 Euro bei der Stadt. „Ich finde die Stoppstelle kommt etwas spät, aber ich kann trotzdem da mitgehen“, sagte Maurmaier.

2. Akt: Es geht weiter, aufatmen!

Dem schloss sich auch Ottmar Pfitzenmaier für die SPD an. „Der Verkehr auf der Straße ist in den vergangenen Jahren immer mehr geworden, aber man hat nichts dagegen gemacht“, meinte er. Der verfrühte Vorstoß von Bosch zeige aber, dass das Weltunternehmen die Seilbahn nicht für eine Spinnerei des OB halte. Dieser wandte sich nochmals eindringlich an den Rat. „Wir wissen, dass wir in Leonberg ein Verkehrsproblem haben. Wir müssen drüber nachdenken, wie wir auf anderen Wegen da rauskommen“, sagte Kaufmann. Die Studie biete über die Seilbahn hinaus auch wichtige Erkenntnisse etwa über das Verkehrsaufkommen in der Stadt. Der Appell kam an. Der zweite Akt endete mit einem 19:10-Votum bei drei Enthaltungen zugunsten der abgespeckten Machbarkeitsstudie. Das Stück wird im neuen Jahr fortgesetzt.

Was soll in der Machbarkeitsstudie stehen?

Ziel
Geklärt werden soll, ob und wie eine Seilbahn als Teil des öffentlichen Nahverkehrs „zu einem leistungsstarken Mobilitätskonzept beitragen kann“, erklärt Bärbel Sauer.

Inhalte Teil 1 der Studie, der jetzt beauftragt wird, umfasst unter anderem folgende Fragen: Welchen Bedarf kann eine Seilbahn abdecken und wo? Welche Strecken sind denkbar und eignen sich? Wie können diese technisch umgesetzt werden (Stützen, Stationen)? Was kosten Bau und Betrieb? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Wie sehen Betriebskonzept und Integration in den Verkehrsverbund aus? Wie fügt sich dies ins Stadtbild ein (Schatten, Lärm, Grundstücke)?

Wie geht es weiter? Die Ergebnisse werden im Rat vorgestellt. Dieser entscheidet, ob die restlichen Teile der Studie durchgeführt werden. Erst danach würde überhaupt entschieden, ob eine Seilbahn umgesetzt wird