Louis spielte das erste Mal in seinem Leben Rollstuhlbasketball. Der Zehnjährige zählte zu den Schülern der drei vierten Klassen der Merklinger Würmtalschule, die an dem in der Festhalle veranstalteten Aktionstag „Handicap macht Schule” teilnahmen. Initiiert wurde das Projekt von der SportRegion Stuttgart und vom Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband (WBRS).

Weil der Stadt -

 

Neulich erst, da dribbelte Louis auf dem Sportplatz seine Mitspieler elegant aus, bevor er den Basketball schließlich in gewohnter Manier im Korb versenkte. Doch was dem Zehnjährigen in der Regel ohne Mühe gelingt, erwies sich nun als ein schwieriges Unterfangen. Kaum hatte sich der Viertklässler den Lederball erkämpft, war er ihn auch wieder los. Genaues Passspiel? Keine Chance! Den Ball prellen? Unmöglich! Treffen? Höchstens die Unterkante des Holzbretts!

Die Leistungsschwankung des Schülers kam nicht von ungefähr. Louis spielte das erste Mal in seinem Leben Rollstuhlbasketball. Der Zehnjährige zählte zu den Schülern der drei vierten Klassen der Merklinger Würmtalschule, die an dem in der Festhalle veranstalteten Aktionstag „Handicap macht Schule” teilnahmen. Initiiert wurde das Projekt von der SportRegion Stuttgart und vom Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband (WBRS). Das Ziel: Kinder durch aktive Teilnahme am Behindertensport auf das Thema Menschen mit Behinderung sensibilisieren.

Dass man Spaß trotz einer körperlichen Behinderung haben kann, zeigte Werner Rieger den Viertklässlern beim Rollstuhlbasketball. Vorwärts- und Rückwärtsfahren sowie das Lenken in der Kurve standen auf dem Programm. Später kam der Ball ins Spiel, die Schüler lernten Dribbeln, Prellen und wie sie mit Hilfe des Reifens den Ball vom Boden aufheben. Am Ende der Übungsstunde, nachdem der Trainer die Kinder auch noch über den Toilettengang eines Rollstuhlfahrers aufklären musste, folgte ein umkämpftes Basketballmatch, fünf gegen fünf.

Werner Rieger, seit seinem 19. Lebensjahr querschnittsgelähmt, weiß um die Vorurteile gegen Menschen mit Behinderung. „Mit dem Aktionstag möchte ich die Barrieren in den Köpfen der Kinder abbauen und ihnen die Möglichkeit geben, den Behindertensport kennenzulernen“, sagte der 51-Jährige, der früher mit den Rollstuhlbasketballern des TSV Ellwangen in der zweiten Bundesliga auf Korbjagd ging. Nicht zuletzt wegen der Vorurteile sei die Hemmschwelle bei behinderten Menschen hoch, einem Sportverein beizutreten. Diese Barrieren, davon gibt es Rita Kleinbub zufolge nicht wenige. „Im Rahmen der Vorbereitung auf den Aktionstag sind im Unterricht immer wieder Berührungsängste zum Ausdruck gekommen“, berichtete die Sportlehrerin. Eine Schülerin habe sich sogar dagegen gesträubt, beim Rollstuhlbasketball mitzumachen. Ob die ablehnende Haltung tatsächlich vom Kind oder doch von dessen Eltern ausgegangen sei, könne man aber nicht abschließend beantworten, resümierte die Pädagogin.

Der Aktionstag „Handicap macht Schule“ soll auch den Weg für die geplante Inklusion, also das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern, ebnen. „Wir testen hier ein Stück weit aus, wie die Schüler auf die Thematik Menschen mit Behinderung reagieren“, sagte Benjamin Zoll. Der Lehrer an der Nikolauspflege-Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen in Stuttgart gab in der Festhalle eine Trainingseinheit im Blindenfußball.

Mit einer geschwärzten Brille rannte oder besser gesagt torkelte auch Sarah dem rasselnden Ball hinterher. Weil ihre Tante blind sei, sei sie schon von Kindesbeinen an mit solchen gesundheitlichen Beeinträchtigungen konfrontiert. „Sollten wir einen Mitschüler mit Behinderung in die Klasse bekommen, würde ich mich freuen“, erzählte das zehnjährige Mädchen. Schließlich könne jeder von uns nach einem Unfall von heute auf morgen zu einem behinderten Menschen werden.