Bierdeckelwerfen, Nabomberles, Becherstapeln: Bei der Spieleshow „Schlag den Rutesheimer“ tritt die lokale Prominenz gegen Kinder und Jugendliche an. Da ist dann Taktik und Technik gefragt.

Rutesheim - Die erste Holzscheibe kratzt an der Tischkante. „Aha, da hat einer geübt!“, meint die Pfarrerin mit skeptischem Blick. Am Ende zieht sie den Typen mit dem Notizblock ohnehin ab. Die Revanche – ein Desaster! Das einzig Erfreuliche: Den meisten, die sich beim Nabomberles mit der Kirchenfrau messen, ergeht es ähnlich. „Beim ersten Mal gebe ich auch nicht klein bei, so viel Sportsgeist muss sein!“, sagt Angelika Rühle, die sich mit der umgedreht aufgesetzten Cap und dem weißen Bäffchen um den Hals beiläufig auch noch als Mode-Trendsetterin erweist.

 

Nein, den Sieger-Stempel für den Laufzettel, passenderweise mit Smiley und der baumelnden Lichtkrone obendrauf, muss auch der Pfarrer Michael Widmann nicht bemühen, kann ihm doch bei dem „Rutesheimer Nationalspiel“ kaum einer das Wasser reichen. „Ich glaube, jetzt habe ich eine Schwächeperiode“, sagt er zu einem Zehnjährigen, der resigniert die Reißleine ziehen will. Jaja, von wegen! Gekonnt lässt der Pfarrer die rote Scheibe über den Biertisch gleiten, die dann wie aufs Kommando am Rand zum Stehen kommt. „Irgendwann hat man den Schwung raus!“, sagt er grinsend.

Kurzer Prozess

Immerhin: Der kurze Prozess hat auch Gutes. Einen Spiele-Marathon, der sich schier endlos über Stunden zieht, wie neulich bei der TV-Show „Schlag den Star“ mit den Intelligenzbestien Thorsten Legat und Detlef Soost, will hier keiner haben. Und überhaupt: Das Niveau bei „Schlag den Rutesheimer” an der Mensa des Schulzentrums ist auch um einiges höher.

Sie finden bei den Jugendtagen statt, die die evangelischen Kirchengemeinden und der CVJMs in Kooperation mit dem Jugendwerk Leonberg und den Schulen organisieren. Dabei tritt die lokale Prominenz in einem Spiele-Parcours gegen Kinder und Jugendliche an. Das Prinzip kennt man von ProSieben, nur der Elton fehlt.

Dafür ist der Stadtrat Wolfgang Diehm da, der beim Kartenspiel Halli Galli punktet. Den Ersten Beigeordneten, Martin Killinger, muss man bei Memory schlagen und Frieder Bolay beim Kreiselspiel. Wer will, und das sind nicht wenige, probiert sich im Becherstapeln, Blackjack oder Würfelpoker. Auch die Rocker von Glutafad geben sich die Ehre, wie auch die Rektorin Friederike Bailer und der Gemeindeförster Ulrich Neumann. 35 Geschicklichkeitsspiele stehen auf dem Programm. Wer die meisten Punkte holt, darf sich über einen Rundflug in einem Motorflugzeug freuen, Eintrittskarten für ein Fußball-Länderspiel der DFB-Elf oder einen Gutschein für die Metzgerei Philippin.

Diesen muss man sich aber hart verdienen, und dafür sorgt der Chef persönlich. Thomas Philippin überlässt beim Bierdeckelwerfen nichts dem Zufall. „Man muss den Deckel wie ein Frisbee oder von unten aus dem Handgelenk werfen“, verrät er sein Erfolgsrezept, das sich blöderweise aber auch die Konkurrenz zu eigen macht. „Drei Mal Rot, das ist das Optimum!“, rechnet er ungläubig zusammen. Wie auch immer: „Der Trick ist, so wenig Wind wie möglich in den Deckel zu kriegen“, weiß seine Mitarbeiterin Mona Schöllkopf.

Ältere und Jüngere zusammenbringen

Mehr Taktik denn Technik ist bei Tobias Spriegel gefragt, der beim „Weykick“ mit den Magnet-Kickern Tore am Fließband schießt. Auch das Mädchen-Trio muss dran glauben. „Die sehen gar kein Land“, resümiert der Mann vom CVJM mit einem Grinsen. Und zack, drin ist der Ball! Dann der Anschlusstreffer, und Theresa spuckt große Töne: „Jetzt zittert er!“ Am Ende steht’s 4:1 für den Fußballgott, der seinen zehnten Sieg einfährt – bei nur einer Niederlage. „Da hatte mich ein kleines Mädel abgerippt, unfassbar“, sagt er. Warum er kaum zu schlagen ist, verrät seine Gattin und Organisatorin, Stephi Spriegel, dann später hinter vorgehaltener Hand: „Das ist ja auch unser Spiel!“

Die Idee hinter „Schlag den Rutesheimer“ erklärt der Mitorganisator Eberhard Enz vom CVJM: „Der Hauptgedanke war, dass man die Älteren und Jüngeren zusammenbringt.“ Und meistens erlebe man doch die Spielpaten in offiziellen Ämtern und nur selten in Zivil. Dass es auch eine tolle Sache sei, mal den Pfarrer „bissle abzuzocken“, sagte der Mann – wohlgemerkt – bevor die Kirchenleute beim Nabomberles ernst machen.