Über der Tür des Schellinghauses weist ein Wappen auf den ersten Besitzer hin.

Leonberg - Über dem dunkelroten Eingangstor findet sich ein Wappen mit einem Einhorn. Es erinnert an den ersten Besitzer, den Leonberger Untervogt Lutherus Einhorn. Neben der Tür eine Tafel, auf der die berühmten Bewohner des Hauses in der Pfarrstraße 14 vermerkt sind: der Religionsphilosoph Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, der Naturwissenschaftler Karl Wilhelm Hochstetter und der Philosoph Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, nach dem das Gebäude heute als Schellinghaus bekannt ist. Alle drei sind Pfarrerssöhne.

 

Pfarrer Matthias Krack, der heutige Hausherr, öffnet die Tür, und der Besucher tritt in die große, imposante Eingangshalle mit den großen Steinplatten auf dem Boden und den hübschen, alten Lampen an der Decke. Man stimmt Pfarrer Krack zu, wenn er später sagt: „Es ist, als ob gleich eine Kutsche hereingefahren kommt.“ Dass der deutsche Philosoph Schelling in diesem Haus geboren wurde, wird auch im Eingang deutlich: Links oben ist das von ihm bekannte Porträt aus dem Jahr 1835 von Joseph Karl Stieler zu sehen. An der Wand rechts befinden sich drei Tafeln. Von der ersten blickt der jungen Schelling den Besucher unverwandt an – es ist die Reproduktion eines Bildes von J. Klotz aus dem Jahr 1804. Die nächste trägt den Titel „300 Jahre Pfarrhaus in der Pfarrstraße 14“, und auf der dritten findet sich dann eine Liste mit den Pfarrern, die in dem Haus seit 1699 gelebt haben. Pfarrer Krack freut sich darüber, dass dieses Gebäude bereits seit drei Jahrhunderten ein Pfarrhaus ist. Und er ist froh darüber, dass sich das Haus „nach dem unschönen Anfang mit Lutherus Einhorn“ doch gut entwickelt habe. Der ehemalige Leonberger Untervogt, der eine Scheune an dieser Stelle zu einem Wohnhaus umbauen ließ, war ein berüchtigter Hexenjäger und klagte auch Katharina Kepler, die Mutter des berühmten Astronomen, wegen Hexerei an.

Raum genug für Predigten

Dann führt der Pfarrer der Leonberger Stadtkirche den Besucher rechts in einen kleinen Raum, in dem sich noch einige Exponate zu Schelling befinden. Das Zimmer war Teil der einstigen Schelling-Gedenkstätte, die inzwischen in das Stadtmuseum umgezogen ist. Hat sich Pfarrer Krack mit dem deutschen Philosophen beschäftigt, bevor er hier eingezogen ist? „2012, als ich hierher kam, ist eine neue Einführung in die Philosophie Schellings herausgekommen. Die habe ich schon gelesen“, sagt der evangelische Theologe. Und natürlich habe er sich auch im Studium mit dem Philosophen und seinen Theorien beschäftigt.

Pfarrer Matthias Krack, der jetzt seit gut fünf Jahren im Schellinghaus lebt und dort auch arbeitet, bekennt: In so einem „alten Gemäuer zu leben, das macht schon etwas mit einem“. Auch dass das Haus so groß sei. Das kommt dem Stadtkirchenpfarrer übrigens entgegen: „Ich brauche Raum für meine Predigten. Hier habe ich Platz zum Schreiten.“ Den weiten Blick, den er zuvor als Pfarrer auf der Schwäbischen Alb hatte, vermisst er schon. Doch er genießt es, dass er von seinem Amtszimmer aus ins Glemstal und auf die Clausenmühle schauen kann.

„Es ist schon ein tolles Ensemble in der Pfarrstraße – mit der Stadtkirche, dem Dekanat, der Lateinschule, dem Schellinghaus und den anderen Gebäuden. Ein Stück heiles Mittelalter“, sagt Pfarrer Krack begeistert. Die Glocken der Stadtkirche bestimmten den Alltag, auch wenn man sie irgendwann gar nicht mehr wahrnehme. Dann kommt er noch auf den Schellingkeller zu sprechen. Das sei schon toll, dass man da 100 Personen bewirten könne. „Es wäre schön, wenn dort wieder Kleinkunst stattfinden könnte“, meint der Theologe.

Das Haus gehört dem Land

Und wie kam Pfarrer Krack nach Leonberg ins Schellinghaus? Auf einer Fortbildung im Taunus zu dem jüdischen Dichter Paul Celan traf er Pfarrer Peter Hartmann, seinen Vorgänger an der Stadtkirche. „Das war ungewöhnlich: zwei Pfarrer aus Württemberg bei einer Veranstaltung der Landeskirche in Hessen und Nassau und dann zu dem Thema.“ Pfarrer Hartmann erzählte ihm vom Schellinghaus und dass er bald in Rente gehe. „Er hat viele Verdienste an dem Haus“, betont Krack. Als Pfarrer Peter Hartmann dann in den Ruhestand ging, wurde die Stelle ausgeschrieben. „Ich habe mich dafür beworben – neben vielen anderen“, erzählt Pfarrer Krack. Er durfte schließlich nach Leonberg ziehen.

Das Schellinghaus gehört dem Land Baden-Württemberg. Es zählt zu den „Staatspfarrhäusern“, ist von Pfarrer Krack zu erfahren. Dabei ist genau festgelegt, um was sich das Land und um was sich die Kirche kümmern muss. Außerdem gilt es, beim Schellinghaus den Denkmalschutz zu beachten. Das zeigt sich sogar an Kleinigkeiten: Im Raum, in dem der Pfarrer und der Besucher sitzen, ist selbst der Türgriff ein extra geschmiedeter und denkmalwürdig.