Mittlerweile sind die Griechen ein fester Bestandteil des örtlichen Lebens. Der Elterverein, der Kultur und Sprache vermittelt, feiert seinen Geburtstag mit einem stimmungsvollen Fest, das die hohe Verbundenheit zur Stadt dokumentiert.

Rutesheim - Erst rechts, dann links. Rechts, links, nach vorne. Die griechische Tänzerin gibt sich alle Mühe, dem deutschen Sirtaki-Novizen den typischen Schritt, den in ihrer Heimat alle drauf haben, beizubringen. Doch so leicht, wie es beim Folklore-Abend in den Ferien oder bei Alexis Sorbas im Film erscheint, ist es in Wirklichkeit nicht. Also beschränken sich der deutsche Möchtegern-Tänzer und so manch anderer besser aufs Zuschauen.

 

Aber auch das macht viel Spaß beim Geburtstagsfest des griechischen Elternvereins in der Festhalle. Die engagierten Mitglieder machen fast alles, um original hellenische Atmosphäre nach Rutesheim zu bringen. Das fängt beim Essen an. Neben dem klassischen Gyros gibt es die griechische Bratwurst Loukaniko, die mit Knoblauch, Zimt und Schafskäse angemacht wird. Und natürlich die Mezes, jene schmackhaften Vorspeisen, die einen den ganzen Abend begleiten.

Richtig gut, weil wirklich griechisch, ist die Musikgruppe Thanassis Athanasiadou aus Bietigheim. Die vier Männer treten mit Lyra, Oboe, Bouzouki und Schlagzeug an und spielen alles, nur keine klassische Urlaubsmusik à la „Griechischer Wein“.

Ein Abend hellenischer Lebensfreude

Es ist eben keine Touristenveranstaltung, sondern ein Abend der hellenischen Lebensfreude und der großen Freundschaft zwischen den Rutesheimern deutscher und griechischer Nation. Entsprechend hoch ist die Präsenz der Ehrengäste, angefangen beim Ersten Beigeordneten Martin Killinger bis hin zu zahlreichen Mitgliedern des Gemeinderates. Es war gar nicht einfach, als Panagiotis Georgalis Anfang der siebziger Jahre versuchte, in Rutesheim eine griechische Schule zu eröffnen. 470 seiner Landsleute lebten damals im Ort, davon 107 Kinder. Die meisten waren aufgrund des Anwerbungsabkommens nach Deutschland gegangen, das die Regierungen beider Länder 1962 abgeschlossen hatten. Die Menschen aus Südeuropa hießen damals noch Gastarbeiter, und so fühlten sie sich auch. Viele lebten in Wohnheimen, auch die Firma Bosch unterhielt in Rutesheim ein solches, in dem damals 50 Frauen lebten.

Damit ihre Kinder auch ihre Muttersprache und die Kultur erlernten, bemühten sich Georgalis und seine Mitstreiter um einen griechischen Lehrer. Dafür brauchte es die Zustimmung der griechischen Regierung, die die Lehrer bezahlt. Doch die wollte damals nicht so recht. Zumal es nebenan in Leonberg griechischen Unterricht gab.

Drei Jahre dauerte der Kampf um eine Schule in Rutesheim. Fünf Mal sprach Panagiotis Georgalis bei der Botschaft seines Heimatlandes vor, die seinerzeit noch in Bonn war. Auch der damalige Bürgermeister Kurt Schaible machte sich für einen griechischen Lehrer stark. Am Nachmittag des 19. August 1975 öffnete die griechische Schule schließlich, es kamen 62 Kinder.

Parallel formierte sich der Elterverein, der die Unterstützung der Schüler begleitete und 1979 einen Arbeitskreis für Sprachhilfe gründete. 1996 wurde im Elternverein eine Tanzgruppe ins Leben gerufen, die jetzt fürs Jubiläum einige besondere Choreografien einstudiert hatte.

Damals wie heute findet der Unterricht nachmittags nach der normalen Schule statt. Die Teilnahme ist freiwillig. Mittlerweile gehen die griechischen Kinder wieder nach Leonberg zum Heimatunterricht.

Elternverein aus dem örtlichen Leben nicht mehr wegzudenken

Doch die Arbeit des Elternvereins ist aus dem örtlichen Leben nicht wegzudenken. „Wir sind glücklich, dass wir einen so aktiven Verein haben“, lobt denn auch Martin Killinger. „Sie verbinden Traditionen und Kulturen. Ohne Sie wären wir ärmer!“

Mit 330 Menschen sind die Griechen die stärkste ausländische Gruppe in Rutesheim, die „sich enorm schnell und gut integriert hat“, wie Killinger erklärt.

Zum Geburtstag verspricht der Erste Beigeordnete, das Projekt einer griechisch-orthodoxen Kirche weiter zu unterstützen. Wie berichtet, soll eine kleine Kapelle im älteren Teil des städtischen Friedhofs entstehen, der ein Park ohne Gräber ist. Hier will der Elternverein eine bescheidene Andachtsstätte im Maß von 3,30 auf 1,60 Meter errichten. Von den rund 10 000 Euro Kosten will Rutesheim 16 Prozent tragen.