Glänzendes Blech, einfache Technik und absolute Zuverlässigkeit: Besitzer und Fans alter Traktoren treffen sich zur Sichelhengetse und schwärmen von ihren Fahrzeugen. Doch es werden auch längst vergessene Handwerksberufe vorgestellt.

Rutesheim - Der grüne Schlepper mit der Egge pflügt lautstark über den Acker. Ludwig Martin ist aus dem Kreis Tuttlingen zur Sichelhengetse mit Bulldog- und Schleppertreffen angereist. Den Traktor hatte er natürlich auf dem Anhänger: „Auf Eisenrädern fährt es sich besser auf dem Feld als auf der Straße“, sagt er. Den Luxus von Gummireifen gab es im Baujahr 1928 noch nicht. Ludwig Martin kommt zwar aus der Landwirtschaft, hat aber selbst heute einen ganz anderen Beruf. Aber ihn faszinieren Landmaschinen. „Alles ist einfach und funktioniert auch nach 80 Jahren noch“, schwärmt er über sein Hobby. „Und er ist kinderleicht zu fahren.“ Zum Beweis lenkt sein Sohn Ben den Traktor über den Acker. Martin sammelt ausschließlich amerikanische Landmaschinen des Weltmarktführers Deere. 20 davon stehen in einer eigens dafür gebauten Halle.

 

Die Wiege der Traktortechnik steht tatsächlich in Amerika, erklärt Hubert Flaig, der zweite Vorsitzende der Bulldog- und Schlepperfreunde, die die Veranstaltung organisieren. Bereits 1837 stellte John Deere in seiner Schmiedewerkstatt in Illinois einen selbstreinigenden Pflug aus poliertem Stahl her, mit dem die Farmer eine saubere Furche in den klebrigen Lehmboden der Prärie des Mittleren Westens ziehen konnten.

Der Lanz ist heute noch Kult

In Deutschland begann in den 20er Jahren die Produktion von Traktoren. Der Lanz Bulldog ist ein bekannter Name in der Trecker-Szene, die Firma wurde 1956 aber von Deere aufgekauft. Der Lanz hat vorne den typischen Glühkopf, der wie der Kopf einer Bulldogge aussieht und mit dem Gasbrenner vorgeglüht werden muss um zu starten. Lanz ist unter den Bulldoggfreunden noch heute Kult. Was das Besondere daran ist: „Der Lanz hat einen speziellen Sound und die Technik ist denkbar einfach. Der Traktor hat nur einen Zylinder, keine Zündkerzen und keine Elektrik“, erklärt Flaig.

Walter Scheuermann aus Backnang hat auch eine Besonderheit mitgebracht, einen kleinen Trecker der Firma Holder aus Metzingen, Baujahr 1953, mit einer angehängten Säge. Seit 16 Jahren ist sie in seinem Besitz, „und noch nie ist etwas kaputt gegangen, außer der Hupe“, schwärmt Scheuermann und sägt das nächste Holzstück. Er hat den Traktor früher im Weinberg eingesetzt, weil er auf allen vier Rädern bremst und sehr schmal ist. „Um zu funktionieren braucht er nicht viel: Wasser, Diesel und Öl – und hinten kommt noch ein Weinfass drauf, für den Fahrer“, scherzt Scheuermann.

Der Verein der Bulldog- und Schlepperfreunde hat die Veranstaltung von den Brummifreunden übernommen und sie in diesem Jahr komplett alleine organisiert. 25 Aussteller sind auf dem Bauern- und Handwerkermarkt dabei und mehrere Hundert Traktoren. 2200 Mitglieder hat der Verein in ganz Deutschland, der Schweiz und sogar in Kanada.

Die Sichel an den Nagel hängen

Die Idee für dieses Wochenende ist, neben historischen Landmaschinen und Geräten auch fast vergessene Handwerksberufe zu präsentieren. Vor Ort wird gedengelt, ein Korbflechter zeigt sein Handwerk und Hans Kienle aus Tamm hat seine alte Strohband-Maschine mitgebracht. Sie kann aus feuchtem Roggenstroh kunstvolle Bänder flechten. Früher wurden damit die Getreidegarben zusammengebunden.

Was es mit der Sichelhengetse auf sich hat, erklärt Udo Graßmeyer: „Früher wurde das Getreide mit Sense und Sichel gemäht. War es eingefahren, konnte das Handwerkszeug wieder verstaut werden. Bevor die Arbeitsgeräte aufgeräumt wurden, hat man sie mit Ähren geschmückt und nach einem Dankgottesdienst bei einem Hoffest – der Sichelhengetse – die Sichel an den Nagel gehängt.