Trister Nieselregen statt fröhlich tanzender Schneeflocken. Wahrlich kein Wetter um einen Christbaum zu kaufen. Aber da sind fast 100 Perouser ganz anderer Meinung gewesen.

Rutesheim - Trister Nieselregen statt fröhlich tanzender Schneeflocken. Wahrlich kein Wetter um einen Christbaum zu kaufen. Aber da sind am Donnerstag Nachmittag fast 100 Perouser ganz anderer Meinung gewesen. Gut gelaunt haben sie sich gegen 14 Uhr auf dem Parkplatz der örtlichen Festhalle in eine lange Warteschlange eingereiht – die Trophäe für ihre Geduld stolz vor sich hertragend: frisch geschlagene, wunderschöne Christbäume.

 

Seit vielen Jahren gehört es zur Tradition, dass in der Woche vor Weihnachten der städtische Fortsbetrieb sowohl im Waldenserort als auch in Rutesheim Christbäume aus dem eigenen Wald zum Verkauf anbietet. „Wir kaufen immer unseren Weihnachtsbaum hier“, sagt Rolf Schüle, der Perouser Bauernobmann. „Doch diesmal sind sie etwas klein, sonst hatten wir immer einen um die 2,5 Meter“, sagt er. Doch von den großen Fichten will er keine haben, lieber gibt er sich mit einer kleinere Nordmanntanne zufrieden

Damit bestätigt er auch den Trend, den Revierförster Ulrich Neumann ausgemacht hat. „Die Fichten nadeln schneller und ihre Nadeln pieksen stärker, die der Nordmanntanne sind länger und weicher und bleiben lange am Baum“, erläutert der Fachmann, warum sich die meisten Käufer für die Tanne entscheiden. Auf ihn haben alle gewartet, denn der Herr über 530 Hektar Stadtwald gibt pünktlich um 14 Uhr den Startschuss für den Christbaumverkauf.

Die teuren Nordmanntannen haben bereits ein Preischild, bei den Fichten ist der Preis Verhandlungssache und Anlass zu kurzweiligem Geplänkel. „Ha, der hat zwei Spitzen, also doppelter Preis“, verkündet der Revierförster. Doch beim Käufer stößt er auf Granit: „Der ist ganz nass und voller Wasser, da muss man beim Gewicht den halben Preis abziehen“, kontert der knitze Perouser. Das Publikum lacht und trotzt vergnügt dem Regen. Plötzlich wird ein Preisschild vermisst – der Käufer hat es in der Eile in seiner Jackentasche verstaut. „Das ist bestimmt das vom vergangenen Jahr, da waren die Bäume zwei Euro billiger“, scherzt jemand aus der Menge. Der so Verdächtigte lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und zahlt bei Günter Dums von der Stadtkasse, seinen Obolus.

„Lieber einen Baum aus dem Stadtwald, als einen, der über tausend Kilometer angekarrt wurde“, sagt die LKZ-Mundartkolumnistin Elke Zinßer, die auch ein Bäumchen ergattert hat. Die Umstehenden stimmen ihr zu. Die acht bis 15 Jahre alten Bäume wurden größtenteils beim Lichten der normalen Waldbestände geschlagen. „Aber für die begehrten Nordmanntannen haben wir auch spezielle Christbaum-Pflanzungen“, sagt Förster Neumann, der auch den Weissacher Wald betreut.

Die drei Rutesheimer Forstwirte Heiko Ebel, Martin Gommel und Tim Binder haben alle Hände voll zu, um die Bäumchen transportfähig zu machen. Als sie um 13 Uhr die frisch geschlagenen Bäume angeliefert haben, warteten bereits fünf Interessenten, um aus den mehr als 80 Bäumen den schönsten auszuwählen. Ungefähr die doppelte Menge wird am Samstag zwischen 8 und 12 Uhr in der Rutesheimer Rathauspassage angeboten. „Dann geht es ab nach Flacht, dort werden um 13 Uhr am Sportplatz die Bäumchen aus dem Stadtwald versteigert“, sagt Ulrich Neumann.

Gegen 14.30 Uhr ist der Rummel vorbei. Die meisten Käufer sind zufrieden mit ihrem Christbaum abgezogen. Nur noch ein halbes Dutzend kleiner Nordmanntannen stehen in einer Ecke und einige wunderschöne, aber mehr als vier Meter hohe Fichten. „Auch für die wird sich ein Herz erwärmen“, ist sich der Förster sicher. „Wir haben bisher immer für alle Bäume einen Platz in einer Weihnachtsstube gefunden.“