Einmal im Jahr wird der kleine Rutesheimer Teilort Perouse zum Treffpunkt der Freunde deftiger Spezialitäten. Beim Krautfest gibt es gepökelte Schweinebäckle mit Wargele, Halskassler und gekochten Bauch. Und natürlich das gute wie gesunde Kraut selbst.

Rutesheim - Einmal im Jahr wird der kleine Rutesheimer Teilort Perouse zum Treffpunkt der Freunde deftiger Spezialitäten. Beim Krautfest gibt es gepökelte Schweinebäckle mit Wargele, Halskassler und gekochten Bauch. Und natürlich das gute wie gesunde Kraut selbst.

 

So duftet es im Festzelt und in den Gassen rund um die Waldenserkirche und auf dem Henri-Arnaud-Platz nach handfestem und bodenständigem Essen. Der Wein zum Kraut kommt vom Weingut Vincon-Zerrer aus Großvillars. Auch das hat seinen Grund.

Der heutige Teilort von Oberderdingen wurde, genau wie Perouse, vor mehr als 300 Jahren von Waldensern gegründet, die wegen ihrer Religion aus dem Piemont flüchten mussten. Der Namen Vincon ist in beiden Orten noch weit verbreitet.

In ungeraden Jahren packen die Sportler an

Veranstaltet wird das Krautfest seit den 90er Jahren. Abwechselnd von der Feuerwehr und dem Sportverein. In diesem Jahr sind wieder die Sportler an der Reihe – zu erkennen an der ungeraden Jahreszahl.

„Es wird rund eine Tonne Kraut zum Fest gekocht“, weiß Rolf Schüle, ein ausgewiesener Kraut-Fachmann. So waren es einst die Vorfahren der Familien Schüle und Schenk, welche die Krautpflanze von den Fildern nach Perouse gebracht haben.

Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich das Geschäft um den runden und spitzen Kohl. Nahezu jeder Landwirt in Perouse hat zu dieser Zeit auch Kraut angepflanzt. Mit Pferdefuhrwerken wurde das Gemüse bis nach Karlsruhe und Heilbronn gefahren. In dieser Zeit wurden die Krautköpfe noch im Ganzen verkauft, denn die Gemeinden hatten eigene Krautschneider. Später lösten Traktoren und Schlepper die Pferdefuhrwerke ab.

Sechs Hektar Kraut

Heute ist das Geschäft rund um den Kohl rückläufig. Die Kartoffel hat längst Oberhand gewonnen. „In Perouse werden rund sechs Hektar Kraut angepflanzt“, berichtet Rolf Schüle. So sind es die Familien Schüle und Schenk, welche bis heute mit ihren Betrieben eine Lanze für das gesunde Gemüse brechen und die Familientradition hochhalten und weiterführen.

„Das Sauerkraut ist ein Naturprodukt. Es ist naturvergoren, ohne chemische Zusätze und ohne Konservierungsmittel. Eine hochwertige, frische Kost mit reichlich Vitamin C“, weiß der Experte Schüle.

So ist es nicht verwunderlich, dass, neben den Perousern selbst, die Gäste des Perouser Wein- und Krautfestes von nah und fern angereist kommen. „Schlachtplatten und Krautspezialitäten sind heute kaum auf Festen zu finden“, erklärt Schüle.

Schnitzel mit Kartoffelsalat, rote Würste oder Wurstsalate regieren heuer die Festkultur. Es sind heute vorzugsweise die Besenwirtschaften und die Metzgereien, die noch Gerichte mit Sauerkraut anbieten.

Doch der Gedanke um das gesunde Essen nimmt immer mehr Platz in den Köpfen der Menschen ein. Es ist nicht nur trendy, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren – es ist eine Lebenseinstellung. Auch das Fleisch wird nicht mehr gedankenlos konsumiert. Die Verbraucher möchten verstärkt wissen, was sie essen.

Und vielleicht kommt sie ja wieder. „Die gute alte Zeit“, in der das Kraut, beispielsweise mit einem Ripple, mit Schupfnudeln oder als Kartoffel-Kraut-Gulasch, vermehrt auf unseren Tellern zu finden ist. In Perouse hat diese Zeit nie aufgehört.