Magisches Konzert von Studenten und dem Kammerorchester Pforzheim.

Rutesheim - Wie schon in den vergangenen sieben Jahren hat die Cello- Akademie Rutesheim unter Federführung von Matthias Trück eine Woche lang Festival vom Feinsten geboten: öffentliche Meisterkurse und eine Vielzahl von Konzerten, darunter Kammermusikabende der Dozenten, Cello-Orchester und Jazz-Ensembles. Dutzende junger Cellisten und renommierte Cello-Künstler, darunter der legendäre David Geringas, sind aus der ganzen Welt angereist und haben Rutesheim „in einen großen Cello-Campus verwandelt“, so Bürgermeister Dieter Hofmann.

 

Beim Abschlusskonzert durften ausgewählte Studenten der Meisterkurse, die sich mit einem Video vor der Jury qualifiziert haben, mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim unter Leitung von Wolfgang Emanuel Schmidt als Solisten auf die Bühne, mit Werken von Joseph Haydn, Tschaikowsky und Pablo de Sarasate.

Innig-zart und zugleich temperamentvoll-ungestüm

Den Auftakt macht Shengyu Meng aus China, gerade einmal 13 Jahre alt, ein elfengleiches Wesen, mit dem „Moderato“ aus Joseph Haydns Konzert Nr. 1 C-Dur. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist das Cello vom begleitenden Bass-Instrument zum Solo-Instrument aufgestiegen. Zu dieser Zeit war es durchaus üblich, den Komponisten und Kapellmeister Haydn laut Dienstvertrag nicht nur mit Geld, sondern auch mit Naturalien zu entlohnen – darunter sechs Klafter Brennholz, Kraut und Rüben, Schmalz, ein Schwein, dazu die nötige Fourage für zwei Pferde.

Haydns C-Dur-Cellokonzert, das erst 1961 im Archiv des böhmischen Schlosses Radenin entdeckt worden ist, gehört heute zu den bedeutendsten Solokonzerten für Cello. Das Orchester eröffnet das Stück, erst dann setzt die zierliche Solistin mit großem Elan und sehr ausdrucksstark ein.

Zur Entstehungszeit des Konzerts wird in Berlin, London und Paris über die Wirkung der Musik auf die Seele des Menschen diskutiert und Musik als „Sprache der Empfindung“ definiert. Der Cellist Luigi Boccherini meint damals sogar, alle Musik sei wertlos, die nicht mitten ins Herz ziele.

So bietet das Cellokonzert Haydns eine große Variationsbreite individueller Gefühlswelten, die die Solistin innig-zart, aber auch temperamentvoll-ungestüm dem Publikum vermittelt.

Ein charmantes Zweigespräch zwischen Violine und Cello

Das „Adagio“ und „Finale“ aus demselben Konzert wird von Sebastian Fritsch sehr präzise und spannungsvoll interpretiert, wobei auch der tänzerische Charakter einiger Passagen besonders reizvoll akzentuiert wird. Der Solist musiziert das „Finale“ mit Verve und viel Spielfreude. Auf zwei Leinwände werden die Bilder der Solisten und des Orchesters projiziert, so dass das staunende Publikum die akrobatische Fingertechnik genau verfolgen kann.

Joel Blido spielt anschließend aus dem Pezzo Capriccioso op. 62 von Tschaikowsky das „Andante con moto“ sehr expressiv, souverän und virtuos. Vom selben Komponisten bietet Lia Vielhaber die Nocturne op. 19/4 und von David Popper den Elfentanz op. 39. Ein charmantes Zwiegespräch zwischen Violine und Cello entspinnt sich. In Poppers „Elfentanz“ sieht man die Elfen zart hüpfen, huschen, dann wieder bäuerlich tanzen – eine flirrende Stimmung verbreitet sich im voll besetzten Saal.

Ein Abend für Kenner und Liebhaber

In der Pause sinniert das Publikum, in welchem Alter die jungen Solisten wohl zu musizieren angefangen haben und wie viel Fleiß und Disziplin sich hinter diesem mühelos erscheinenden Konzertieren wohl tatsächlich verberge.

Danach brilliert Konstantin Bruns mit dem „Allegro moderato“ aus Haydns Konzert Nr. 2 D-Dur. Tänzerisch leicht, in harmonischem Zusammenspiel mit dem Orchester, unterstreicht er das weiche Timbre des Cellos und zeigt eindrucksvoll den unermesslichen Variationsreichtum des Instruments. Marcel Johannes Kits bietet Tschaikowskys Variationen über ein Rokokothema op. 33, in denen das Orchester wie ein Echo auf den Solisten antwortet, und präsentiert eine farbenreiche Palette an Empfindungen. Mit den Zigeunerweisen op. 20 von Pablo de Sarasate geht das Konzert zu Ende: Der Solist Yibai Chen aus China zeigt, dass er mit viel Paprika den besonderen Zauber der melancholisch-sehnsüchtigen Weisen authentisch und expressiv darbieten kann.

Ein feiner Abend für Kenner und Liebhaber, ein Finale furioso der Cello-Akademie 2016 – und eine ganze musikalische Hausapotheke gegen den November-Blues!