Ex-Kandidat Epple ficht die Bürgermeisterwahl an. Im April beginnt die Wahlsiegerin dennoch mit ihrer Arbeit.

Rutesheim - Wenn Susanne Widmaier am 1. April ihr neues Amt als Stadtoberhaupt von Rutesheim antritt, wird sie nicht als „Bürgermeisterin“ fungieren, sondern nur als „Amtsverweserin“. Der Grund dafür ist, dass ihr Mitbewerber Helmut Epple die Wahl angefochten hat. Seinen Einspruch hat das Landratsamt Böblingen zwar abgewiesen, doch Epple ist fest entschlossen, dagegen vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart zu klagen.

 

Keine Nachteile für Widmaier

„Die Klage wird durchgezogen“, erklärte er nach der Sitzung des Rutesheimer Gemeinderates am Montagabend, die er ansonsten stillschweigend verfolgt hatte. Die Ratsmitglieder hatten einstimmig beschlossen, dass die Wahlsiegerin Susanne Widmaier zum 1. April zur Amtsverweserin bestellt wird. Fritz Schlicher, der Fraktionsvorsitzende der Grün-Alternativen Bürgerliste, merkte vor der Abstimmung an, die Situation sei eine Belastung für Widmaier und eine Beleidigung für alle Rutesheimer. „Bei der Wahl ging es ja nicht nur um drei Stimmen hin oder her“, erklärte Schlicher. Reinhart Boehm (CDU) appellierte gar an Helmut Epple, in sich zu gehen und zu prüfen, ob er den beschrittenen Weg wirklich weitergehen wolle.

Dass die Wahlsiegerin zu Beginn ihrer Amtszeit nur als Amtsverweserin fungieren darf, ist eine juristische Formalität, die sicherstellen soll, dass die Gemeinde handlungsfähig bleibt. Als Amtsverweserin hat Widmaier fast dieselben Rechte wie eine Bürgermeisterin: Sie ist hauptamtliche Beamtin auf Zeit, das Beamtenverhältnis beginnt mit ihrem Dienstantritt. Sie darf sogar die Bezeichnung „Bürgermeisterin“ führen. Auch bei der Bezahlung erleidet Widmaier keine Nachteile, Besoldung und Aufwandsentschädigungen sind die einer Bürgermeisterin. Darüber hinaus hat sie auch alle Rechte und Pflichten einer Bürgermeisterin. Nur abstimmen darf sie im Gemeinderat und den Ausschüssen nicht.

Landratsamt hat Einspruch abgewiesen

Amtsverweserin wird Widmaier jedoch so lange bleiben, bis die Gültigkeit der Wahl rechtskräftig festgestellt ist, das heißt nach Abschluss aller Instanzen. Mit seinem ersten Versuch ist Epple zumindest gescheitert: Das Landratsamt wies seinen Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zurück. Epple hatte argumentiert, die Wahl sei nicht objektiv gewesen, weil zwei Mitglieder des Gemeinderates behauptet hätten, dass sich Susanne Widmaier und Jürgen Beck in einer nichtöffentlichen Anhörung im Gemeinderat vorgestellt hätten und nur Bewerber mit Verwaltungserfahrung geeignete Bewerber seien. Die Stadt habe dies nicht richtig gestellt und damit das Wahlergebnis verfälscht.

Das Landratsamt hatte dem entgegengehalten, dass zum einen Gemeinderatsmitglieder bei ihren Meinungsäußerungen nicht so neutral sein müssten wie ein Bürgermeister. Zum anderen sei das Wahlergebnis dadurch nicht verfälscht, da Widmaier 3477 Stimmen erhalten habe, Epple aber nur 49. Bei diesem Unterschied sei das Ergebnis alles andere als knapp gewesen.

Amtsverweser

Bedeutung
Der Begriff wird in Paragraf 48 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg definiert. Danach kann ein Bewerber, der zum Bürgermeister der Gemeinde gewählt wurde, vor der endgültigen Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl zum Amtsverweser bestellt werden, wenn die Wahl angefochten wurde. Die Amtszeit beträgt zwei Jahre, eine Wiederbestellung ist zulässig. Damit soll verhindert werden, dass das Amt des Gemeindeleiters vakant bleibt. Die Gemeinde soll handlungsfähig bleiben. Ein Amtsverweser wird beispielsweise auch eingesetzt, wenn ein Bürgermeister in seinem Amt stirbt oder dieses wegen langer Krankheit nicht ausüben kann.

Herkunft
Die Bezeichnung Verweser hat nichts mit der Verwesung von Leichen zu tun, sondern kommt aus dem Altdeutschen und bezeichnet einen Vertreter im weitesten Sinne, insbesondere in staatlichen Spitzenämtern. Verweser ist eine Person, die die Aufsicht über etwas hat, also eine Art Vormund. Als Reichsverweser wurden Regenten bezeichnet, die das Amt eines Kaisers, Königs oder eines anderen Monarchen provisorisch ausgeübt haben. Im kirchlichen Bereich kümmert sich der Pfarrverweser um frei gewordene Pfarr- oder Bistumsstellen, bis diese wieder besetzt werden.