Gewerbeaufsicht beruft sich vor allem auf Bauvorschriften in dem neuen Prostituierten-Schutzgesetz.

Leonberg - Das Haus in der Leonberger Innenstadt ist nicht sonderlich auffällig. Am Rande eines Wohngebietes und einer Handelszone gelegen, kommen hier jeden Tag mehrere Hundert Menschen vorbei. Doch innendrin gibt es Dienstleistungen, die sich von jenen der benachbarten Supermärkte und Fachgeschäfte grundlegend unterscheiden. Zumeist männliche Kunden können hier Liebesdienste erstehen. Im Internet wird das mit „Massage-Fachhandel“ umschrieben.

 

Doch neuerdings geht beim Klingeln niemand an die Haustür, an deren Rand einige osteuropäisch anmutende Frauennamen stehen. Auch das Telefon wird nicht abgenommen.

Dank an die treuen Kunden

Aber nicht nur in diesem Etablissement ist Ruhe eingekehrt. Auch in den anderen vier Bordellen der Stadt ist buchstäblich tote Hose angesagt. Einige verkünden das auf ihren Homepages ganz offiziell und bedanken sich bei den „langjährigen treuen“ Kunden. Eine Betreiberin bezeichnet ihre Kundschaft gar als Familie und bittet selbige um Tipps für neue Räumlichkeiten.

Denn die jetzigen entsprechen nach der Feststellung des städtischen Gewerbeamtes und der Baurechtsbehörde nicht mehr den Bestimmungen des neuen Prostituiertenschutzgesetzes, das im vergangenen Sommer in Kraft getreten ist. Demnach müssen unter anderem sämtliche Räumlichkeiten eines Bordellbetriebs von innen zu öffnen und mit Notrufsystem ausgestattet sein. Auch dürfen die dort tätigen Frauen in ihren Arbeitszimmern nicht gleichzeitig schlafen und wohnen.

Kooperative Betreiber

Für die Stadt Anlass genug, alle Einrichtungen zu schließen. „Für keines der fünf Bordelle in Leonberg kann eine Betriebserlaubnis nach dem neuen Prostituiertenschutzgesetz gegeben werden“, erklärt die Rathaus-Sprecherin Undine Thiel.

Die Mehrheit der Betreiber sei durchaus kooperativ gewesen, als die Untere Baubehörde der Stadt und die Polizei die Etablissements überprüften. Jenen, die sich weniger einsichtig zeigten, wurde eine Nutzungsuntersagung der Stadt zugestellt.

Im Gegensatz zu vielen Großstädten gibt es in Leonberg kein spezielles Rotlicht-Viertel. Die einzelnen Einrichtungen sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt, oft in Wohn- oder Mischgebieten. Aber genau das ist nach der neuen bundesweiten Gesetzeslage nicht mehr zulässig.

Die Häuser, in denen bisher die Liebesdienste angeboten wurden, unterscheiden sich in den allermeisten Fällen rein optisch kaum von Wohngebäuden. Das waren sie früher zumeist auch. Erst im Laufe der Zeit hat sich die Nutzung geändert.

Ansage an den Vermieter

Die Stadt kann sich entsprechend der neuen Gesetzeslage nicht nur an die Betreiber, sondern auch die Besitzer wenden. Häufig, so berichten Insider, haben die Betreiber der Bordelle gewechselt und die Ordnungsbehörde hatte kaum Zugriff.

Nun aber kann dem Vermieter klar gesagt werden, dass er dafür Sorge tragen muss, dass in seinem Haus kein Rotlicht-Betrieb einzieht.

Bei den Schließungen, die bereits Ende November vollzogen wurden, stehen die baurechtlichen Aspekte im Mittelpunkt. Die Etablissements fallen jetzt unter das Gaststättenrecht, demnach ist das Gewerbeamt der Stadt zuständig. Gesundheitsüberprüfungen der Prostituierten sind beim Landratsamt angesiedelt.

Es liegt nun an den Betreibern selbst, ob sie für einen anderen Betrieb die nötigen Voraussetzungen erfüllen. Neben den Sicherheitsaspekten innerhalb der Räumlichkeiten und der Trennung zwischen Arbeitsbereich und Wohnraum der Frauen ist die Lage von entscheidender Bedeutung. Ein unauffälliges Appartement in einem Wohngebiet mit Kindern und Jugendlichen wird es jedenfalls nicht mehr geben.

Latex-Varianten und mehr

Die erotischen Dienste, die bisher in Leonberg laut den Angeboten im Internet offeriert wurden, reichen von klassischem Sex bis hin zu Sado-Maso-Praktiken, „Untersuchungen“ oder Latex-Varianten.

Ein Betreiber kommentiert die Schließungen mit den Worten: „16 Jahre wurde alles geduldet, jetzt plötzlich nicht mehr.“.