Nathalie Pfeil ist Deutschlands beste Auszubildende im Bereich Sicherheit und mit 22 Jahren bereits eine Führungskraft. In ihrem Job muss sich die junge Frau aber weniger mit Störenfrieden als mit hartnäckigen Klischees herumplagen.

Renningen - Wenn Nathalie Pfeil davon erzählt, was sie beruflich macht, dann schwirrt unweigerlich der berüchtigte Türsteher-Satz „Ey, du kommst hier nicht rein!“ im Kopf herum. „Doch das sind alles Klischees”, betont die Renningerin, die als Fachkraft für Schutz und Sicherheit bei einem Sicherheitsunternehmen angestellt ist und in dessen Auftrag im Bosch-Entwicklungszentrum auf dem Malmsheimer Flugfeld nach dem Rechten sieht.

 

Ihr Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf mehr als 100 000 Quadratmeter. In Abstimmung mit dem Werksschutz hat sie dort das Sagen. Mit 22 Jahren, wohlgemerkt. Die junge Frau hat als Objektleiterin, wie es im Fachjargon heißt, etwa 20 Mitarbeiter unter sich, die das Firmeneigentum bewachen, den Anlieferverkehr überprüfen und ein Auge darauf haben, dass niemand unbefugt das Gelände betritt. Rund um die Uhr.

Nicht den ganzen Tag nur im Büro

Trotz ihrer Führungsposition, die obendrein eine Menge Papierkram mit sich bringt, sitzt sie aber nicht den ganzen Tag im Bürosessel. „Das wäre auch nichts für mich“, sagt die Renningerin, die ihren Mitarbeitern regelmäßig über die Schultern blickt. Und weil sie einer Weisungsbefugnis entsprechend die einzige Ansprechpartnerin für den Kunden sei, laufe auch die komplette Kommunikation über sie. „Jeder Tag ist anders und genau das gefällt mir auch an diesem Job“, sagt sie.

Ihr Arbeitstag hat es in sich. Dienstbeginn ist um sechs und wenn alles glatt läuft, dann geht es um 18 Uhr in den Feierabend – gäbe es da nicht das Diensthandy. „Eigentlich bin ich rund um die Uhr erreichbar, das gehört aber für mich dazu“, sagt sie. „Ich bin zwar nicht dazu verpflichtet, aber wenn etwas vorfällt und ich am nächsten Morgen ahnungslos dastehe, dann ist das ungünstig für mich.“ Mit Vorfällen meint die 22-Jährige in erster Linie etwa Wasser, das aus einer Baustelle austritt, oder ungebetene Gäste, die über den Zaun steigen. „Nichts Dramatisches“, sagt sie schmunzelnd. Mit einem schwarzen Gürtel in Karate oder einer anderen abgeschlossenen Kampfausbildung kann sich Nathalie Pfeil nicht brüsten. Das braucht sie aber auch nicht. Denn das sei wieder eines dieser Klischees, mit denen sie sich herumschlagen müsse, sagt sie grinsend. Pflicht hingegen ist es, eine Sachkundeprüfung abzulegen, die Grundlagen und Grenzen der Persönlichkeitsrechte sowie Techniken und Maßnahmen zur vorbeugenden Konfliktbewältigung vermittelt. Und wenn die Renningerin ihre Runden dreht, dann ist sie weder mit einem Schlagstock noch mit Handschellen ausgestattet. „Ich trage höchstens eine Taschenlampe bei mir, damit ich nachts nicht auf die Nase fliege“, sagt sie lapidar.

Eigentlich wollte die junge Frau mit ihrem Einser-Abi zur Polizei. „Doch mit meiner Größe von 1,59 Meter war ich einen Zentimeter zu klein, um die Aufnahmevoraussetzungen zu erfüllen“, berichtet sie. Ein Studium habe sie von vornherein ausgeschlossen. „Ich bin nicht jemand, der mehrere Jahre ohne Praxisbezug büffelt”, sagt die 22-Jährige, die dann auf die Sicherheitsbranche stieß.

Die Ausbildung, die sie wegen guter Leistungen um sechs Monate verkürzen durfte, meisterte sie mir Bravour. Bei der Abschlussprüfung, die aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil bestand, erreichte sie 94 von 100 Punkten. Dies machte die Renningerin im vergangenen Jahr zur bundesweit besten Auszubildenden in ihrem Beruf. Eine Urkunde nebst Pokal nahm sie bei einem Festakt des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Berlin entgegen, dem auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel beiwohnte. Übrigens: auf Baden-Württemberg entfielen insgesamt 26 der besten Auszubildenden. Damit lag das Bundesland auf Rang drei hinter Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Sicheres Auftreten ist in dem Job das A und O

Wichtig sei in ihrem Job ein sicheres Auftreten. „Das lernt man aber ziemlich schnell in der Ausbildung, sonst geht man unter“, erzählt die Renningerin, die nicht zuletzt als Torfrau beim VfL Sindelfingen ordentlich Selbstbewusstsein getankt hat. Auch Durchhaltevermögen zählt die junge Frau zu ihren Stärken, die als einzige von fünf Azubis des Jahrgangs bis zum Ende durchhielt. Und flexibel müsse man sein – schon allein des Diensthandys wegen.

Doch Hand aufs Herz: Eine Frau im Sicherheitsgewerbe – ist das nicht ein gefundenes Fressen für Ewiggestrige? „Nein, kritische Stimmen gibt es kaum. Wenn überhaupt, dann kommt der ein oder andere Kollege mit meinem jungen Alter nicht zurecht”, sagt die 22-Jährige, die aber keinerlei Zweifel an ihrer beruflichen Kompetenz aufkommen lässt. Alles Klischees eben. Aber damit müsse man wohl einfach leben.