Die Landtagspräsidentin Muhterem Aras besucht die Malmsheimer Martinuskirche. Die Grünen-Politikerin begrüßt, dass mit dem Themenschwerpunkt zu Martin Luther ein Zeichen für die Ökumene gesetzt wird.

Renningen - Zum ersten Abendlob an der diesjährigen Renninger Krippe beweist Pfarrer Franz Pitzal einmal mehr, wie sehr er für gelebte Ökumene eintritt und bietet eine dreifache Premiere: In der katholischen Martinuskirche spricht mit der Landtagspräsidentin Muhterem Aras erstmals eine Frau von der Krippe aus, noch dazu muslimischen Glaubens. Auch das gab es noch nie in Malmsheim. Außerdem hat Pitzal im Vorgriff auf das Lutherjahr 2017 als Krippenmotto ein Lied des Reformators gewählt: „Eine feste Burg ist unser Gott.“ Auch dies ist sehr ungewöhnlich für eine katholische Kirche und mindestens in Renningen eine Premiere.

 

Im Mittelpunkt steht die Wartburg, wo Luther vor 500 Jahren die Bibel übersetzt hat. In seinem nachgestellten Schreibzimmer ist sogar der Tintenfleck zu sehen, als er der Legende nach sein Tintenfass an die Wand warf, um den Teufel in die Flucht zu schlagen. Die Krippe zeigt eine Burgenlandschaft quer durch die deutschen Bischofssitze von Rottenburg bis Erfurt. „Zu sehen sind an zehn Stationen Burgmauern, die durchbrochen werden und die Sicht freimachen auf Orte, an denen sich katholische und evangelische Christen begegnen“, erklärt der Pfarrer das diesjährige Krippenkonzept, darunter zum Beispiel ein Schulanfangsgottesdienst, eine ökumenische Hochzeit, Kirchentage, die gemeinsame Arbeit in Altenzentren. Pitzal ist es wichtig, in jedem Jahr ein aktuelles Thema aufzugreifen, das Denkanstöße gibt und zum Handeln anregt. Zum Abendlob an jedem Sonntag und Feiertag lädt er Vertreter des öffentlichen Lebens oder der Kirche ein, die von der Krippe aus sprechen.

Aras ist von der vielen Arbeit an der Krippe beeindruckt

Die in der Türkei geborene Alevitin Aras ist beeindruckt von der vielen Arbeit, die in der Krippe steckt, der Liebe zum Detail und den aktuellen Botschaften, die sie aussendet. „Ich finde es schön, dass in einer katholischen Kirche an Luther erinnert wird und damit ein Zeichen für Ökumene und den Zusammenhalt der Gesellschaft gesetzt wird“, erklärt Aras ihre Motivation, hier zu sprechen, und erntet großen Applaus. Und auch wenn sie Luthers Lied stellenweise als düster empfindet, hat sie doch Zeilen entdeckt, die sie persönlich ansprechen. „Ich bin nicht alleine, egal, wie schwierig die Situation ist, ich kann vertrauen, es gibt Sicherheit, Hoffnung und Lichtblicke. Aus dieser Zuversicht und Stärke wird eine feste Burg. Eine Burg ist uneinnehmbar, aber sie schützt und ist offen“, beschreibt Aras den Eindruck der Liedzeilen auf sie selbst.

Mit Blick auf die rund eine Million Flüchtlinge, die Deutschland aufgenommen hat, sind Luthers Zeilen aktueller denn je: „Wir haben gezeigt, was geht, wir sind bereit, Menschen aufzunehmen, die Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen.“ Aras sieht jetzt die Integration als Herausforderung. Und mit Blick auf die Angriffe von Rechtspopulisten dürfe es nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft kommen. „Wir müssen unsere Werte gemeinsam verteidigen“, fordert Aras.

Bürgermeister ist erfreut über die Wertschätzung

Der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt freut sich über die Wertschätzung, die verschiedene Landespolitiker durch ihren Krippenbesuch zeigen. Vor einer Woche hat er die Krippe eröffnet. „Drei Wochen zuvor war der Raum noch eine einzige Baustelle. Jetzt, wo alles fertig ist, zeigt die Krippe Baustellen ganz anderer Art auf, Baustellen unserer Werte.“ Faißt ist übrigens auch in diesem Jahr in der Krippe als Figur verewigt. Mit Luther und Papst Franziskus an seiner Seite trägt er zum Volkstrauertag den Kranz. Pfarrer Pitzal beweist immer wieder Humor bei den Krippendarstellungen, aber auch bei der Moderation des Abends. Ihm gelingt eine launige Einführung in das ernste Thema, ohne belehrend zu wirken. Abgerundet wird das Abendlob durch die erklärt schwäbischen Nichtrussen des Balalaika-Ensembles Tschakir, die für weihnachtliche Stimmung in der gut besetzten Kirche sorgen.