Aufwendige Fräsarbeiten entlang der Strecke der neuen S-Bahn-Linie 60 haben den Bau zwischenzeitlich verzögert. Jetzt sei man aber wieder im Terminplan, heißt es.

Renningen - Auf den Bahnsteigen liegen alte Betonteile, auf Paletten stehen neue bereit. Grün-rote Absperrgitter sollen verhindern, dass sich die Zugreisenden in die Baustelle verirren. Am Renninger Bahnhof steigen mehr als 3000 S-6-Passagiere täglich aus und ein. Unter laufendem Betrieb geht der Umbau des Bahnknotenpunkts in die letzte Runde. Wenn am 9. Dezember erstmals die S 60 bis nach Renningen fährt, müssen auch dort die Bahnsteige barrierefrei auf 96 Zentimeter erhöht sein. Das aber ist nicht alles. Es fehlen noch die Oberleitungen, die Fahrkartenautomaten, der Aufzug auf dem mittleren Bahnsteig, eine Informationsvitrine, die Lärmschutzwände und nicht zuletzt eine Bahnsteigrampe für Behinderte. „Wir liegen voll im Zeitplan und werden rechtzeitig fertig“, verspricht Rainer Matheisl, der leitende Bauüberwacher der Deutschen Bahn.

 

Endspurt auf dem Abschnitt zwischen Magstadt und Renningen. Der Startschuss der letzten Bauetappe der insgesamt 14,5 Kilometer lange Strecke erfolgte am 9. Januar. Auf 7,7 Kilometer musste das zweite Gleis für die S 60 verlegt werden – die Bauarbeiter stießen auf felsigen Untergrund. Laut Matheisl haben die Fräsarbeiten etwas länger gedauert als angenommen, weil auch überirdisch einiges Gestein abzutragen war. „Wir gerieten vorübergehend in Zeitverzug“, bekennt der Bahnvertreter. Inzwischen sei der Rückstand aber aufgeholt worden: „Seit Mitte Juli sind wir wieder im Terminplan.“.

Güterzüge werden umgeleitet

Damit die Bauarbeiten zügig vorangehen können, wird der Güterzugverkehr, der sonst über Renningen vor allem in Richtung Sindelfingen zum Autobauer Daimler gerollt ist, seit Anfang Januar über Stuttgart-Feuerbach, den Nordbahnhof und Stuttgart-Vaihingen umgeleitet. Die Anwohner konnten – vor allem nachts – aufatmen. Doch mussten sie besonders während der Fundamentarbeiten für das neue Gleis einigen Lärm ertragen. Zwar hat die Bahn immer wieder um Verständnis gebeten. Doch auch Ingrid Stoll in der Weil der Städter Straße 39 in Renningen klagt ihr Leid: „Bei mir hat die Couch gewackelt. Da brauchte ich keinen Schaukelstuhl mehr.“ Immerhin blieben ihr die Signalhörner der Bauarbeiter erspart. „Dadurch, dass kein Zug mehr fuhr, mussten wir keine einsetzen“, sagt Matheisl.

Unweit von den Wohnhäusern am neuen Haltepunkt Renningen-Süd hat Albert Wolfangel seine Autowerkstatt. „Wir müssen da durch“, sagt der Kraftfahrtzeugmeister. Im vergangenen Jahr habe er rote Zahlen geschrieben, und auch in diesem Jahr habe er Einbußen hinnehmen müssen: „Bei den Umleitungen und gesperrten Zufahrten finden selbst Ortskundige nicht mehr zu uns“, schimpft Wolfangel. In seiner Toilette hätten sich durch die Erschütterungen bei den Gleisarbeiten Platten gelöst. An manchen Wohnhäusern seien Risse aufgetreten. Laut einer Bahnsprecherin seien die Schäden dort jedoch wegen der Straßenbauarbeiten entstanden.

„Bei Lärm und Dreck gibt es immer Kritik“, sagt Matheisl. Er sei aber bei den Anwohnern auch auf Verständnis gestoßen. „Wenn wir bei einer Baumaßnahme sagen können, dass wir nächste Woche fertig sind, ist es für die Menschen leichter“, weiß der 38 Jahre alte Bauingenieur, der zuvor als Projektleiter bei der Bauüberwachung von Stuttgart 21 tätig war.

Gearbeitet wird zurzeit auf der gesamten Strecke zwischen Magstadt und Renningen. Auf Teilabschnitten stopft ein Spezialfahrzeug noch Schotter unter das neue Gleis. Die Elektrifizierung und umfangreiche Kabelarbeiten stehen jetzt ebenfalls noch an wie die restlichen Arbeiten an den Bahnhöfen mitsamt den Nebenwegen, die wegen der Verbreiterung auf zwei Gleise verlegt werden mussten.

Auch Sicherheitsvorkehrungen sind notwendig. Auf freier Strecke sind an Böschungen riesige Stahlnetze angebracht worden. Und auf der Brücke über die neue Bundesstraße 464 bei Magstadt, die dort eine lange Kurve nimmt, wurde ein Fanggleis montiert: „Damit der Zug, wenn er dort aus der Schiene springen sollte, nicht in die Tiefe stürzt“, erläutert Matheisl. Der Baustellenmanager wacht zudem über die Sicherheit der rund 250 Bauarbeiter: „Mir ist kein nennenswerter Unfall mit Personenschaden bekannt.“ Auch sonst habe es bis auf einen Fall keine besonderen Vorkommnisse gegeben. Im Bahnhof Renningen hatte ein Bagger eine Gasleitung leckgeschlagen. Dabei sei aber ebenfalls niemand zu Schaden gekommen.