Viele Familien tauchen in Randingen in die sagenumwobene Welt des Mittelalters ein.

Renningen - Mitmachen kostet einen Taler, gaffen fünf“, Markus der Mäusegaukler steht hinter seinem Mäuseroulette und fixiert die Schaulustigen. Dabei ist die Chance, zu gewinnen, hier besser als beim Lotto: Die Maus rennt aus der Mitte des Spielfeldes in eines von zwölf Haustürchen. Wer seinen Taler auf das richtige Häuschen gelegt hat, gewinnt. Mittelalterliches Glücksspiel!

 

Markus ist hier nicht der Einzige im alten Habitus. Durch die Ortsmitte der Rankbachstadt laufen Frauen mit Hauben und Männer mit Schnabelschuhen, grimmige Wikinger suchen den Met-Stand und die Ritter sind los: aus Renningen ist für ein Wochenende Randingen geworden, und auf dem Schulgelände findet von Freitag bis Sonntag das Mittelalterspektakel der Freyen Rittersleut zu Randingen statt, in diesem Jahr zum zehnten Mal.

50 Gäste aus Italien

Berno-Dag Maier, am Wochenende Berno von Üsenberg, und Michael Braig alias Wernher V. von Nuihusen haben ihre Lagergäste, darunter rund 50 Gäste aus der Partnerstadt Occhiobello, schon am Freitagabend gebührend begrüßt und machen vor dem großen Umzug aller Gruppen noch ein kurzes Päuschen. Der erste und der zweite Vorstand der Freyen Rittersleut zu Randingen sind mit ihren Helfern schon seit Tagen auf dem Schulgelände und bereiten alles vor. „Da müssen alle mit anpacken“, so Maier, „das geht gar nicht anders.“ Deshalb machen auch edle Ritter und Burgfräulein Kassendienst, während Knappen und Fürsten auf dem Gelände nach dem Rechten schauen und das Volk in aller Ruhe über den Markt spaziert.

Auf dem gibt es so einiges zu erleben: Ritterturniere mit Lanzenstechen und Schwertkampf, eine Falkner- und eine Feuershow, das Museumszelt mit Waffenshow und dazwischen Gaukler, Geschichtenerzähler und Musikanten. An den Ständen werden Schmuck, Töpferwaren, Lederzeug, Elixiere und Süßigkeiten, Langbogen in Turnierqualität und handgefertigte Seifen feilgeboten. Überall wird altes Handwerk ausgeübt – zum Beispiel in der Alten Seilerei: „Wir sind schon seit mindestens sechs oder sieben Jahren auf dem Markt dabei“, erklärt Seiler Krolik. Die Kunden lassen sich oft gleich an Ort und Stelle spezielle Seile fertigen: Führstricke, Hundeleinen, Schaukelseile oder dicke Taue aus Sisal, Hanf oder Jute. „Früher hat man auch Brennnessel genommen, aber das findet man heute kaum noch. Genauso wenig eine Spinnerin, die das verarbeiten kann“, erzählt die Seilersfrau, während sie für ein Kind ein Sprungseil knüpft. Auf dem Markt kann man eben nicht nur bummeln und schlemmen, sondern auch viel über altes Handwerk und das Leben im Mittelalter lernen.

Warum die Waschweiber die Wäsche schlagen

Zum Beispiel bei den Waschweibern von Helmolvesheim. Vor dem hölzernen Waschbottich fragt ein Bub: „Warum schlagt ihr die Wäsche?“ „Damit sie sauber wird“, erklärt eine der Wäscherinnen und zeigt, wie die Wäsche „gebatscht“ wird. Die Wäscherinnen gehörten dem untersten Stand an und wurden nur geduldet, weil sie den höheren Ständen die schwere Arbeit des Waschens abnahmen. Sie waren nicht am Heiratsmarkt zugelassen und mussten außerhalb der Stadtmauern leben.

Das ist in Renningen glücklicherweise nicht so, die Waschweiber haben ihr Lager innerhalb des Schulgeländes aufschlagen. Sie nächtigen nämlich in Zelten und leben das Wochenende mittelalterlich.

Auch das Essen ist authentisch: Vor der Schlemmerey, der Hanf- und der Feldbeckerey haben sich schon Schlangen gebildet, das Schlendern über den Markt macht hungrig, Marktbeschicker und Besucher lassen sich die leckeren Schmankerln gleichermaßen schmecken.

Die Mischung macht’s

„Wir achten darauf, dass die Mischung zwischen Gastronomie, Handwerk und Krämern stimmt“, für Berno-Dag Maier macht das einen guten Teil des Erfolges aus, „und wir achten sehr auf die Qualität bei allen Teilnehmern.“ Das Volk lohnt es, und die Marktbeschicker und Gaukler kommen gerne aus ganz Deutschland in die Rankbachstadt. In der Mittelalter-Szene hat das Renninger Spektakel einen besonders guten Ruf, daher kommen von Jahr zu Jahr auch mehr Gewandete hierher.

„Es ist einfach ein toller Markt“, findet auch Schneiderin Fluhr. Sie ist mit ihrer „Flinken Nadel“, einem Stand für mittelalterliche Gewandung, schon viele Jahre dabei. „Die Besucher sind entspannt, und die Organisation klappt super“, lobt sie. Obwohl die in diesem Jahr nicht ganz so einfach war und durch das Ausscheiden einer Gruppe verdienter Rittersleut mit weniger Manpower gestemmt werden musste als bisher. Doch davon haben die Besucher nichts gemerkt, und Berno von Üsenberg und Wernher V. von Nuihusen können das Spektakel zu Randingen genießen.