Der Landwirt Tobias Breining richtet auf seinen Getreidefeldern Lerchenfenster ein, um den gefährdeten Vögeln das Brüten zu ermöglichen. Finanziert wird die Artenschutzmaßnahme von Bosch – als Ausgleich für den Bau des Forschungszentrums.

Renningen - Lässt man den Blick über den Getreideacker von Tobias Breining am Silberrain schweifen, kommt man nicht umhin, zu denken, dass hier im großen Stil geschlampt wurde. Oder waren es gar außerirdische Besucher, die auf seinem Gerstenfeld in Renningen ihr Unwesen trieben und statt der sonst üblichen mysteriösen Kornkreise mehrere kahle Rechtecke im Boden hinterließen?

 

Weder noch. Die künstlich angelegten sechs Meter langen und drei Meter breiten Freiflächen sind sogenannte Feldlerchenfenster. „Sie sollen dazu beitragen, dass sich der Bestand der Vögel, die ihre Nester vorzugsweise in Äckern errichten, wieder erholt“, sagt der Renninger Landwirt Breining. Denn im dichten und hochgewachsenen Getreidebestand finde die Feldlerche häufig keine geeignete Stelle zum Einfliegen, was ihr auch die Suche nach Nahrung erschwere. Die Folge: Die bekannteste Vogelart der offenen Kulturlandschaft wird auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands mittlerweile als gefährdet eingestuft.

Kleiner Aufwand, große Wirkung

Die Wirkung ist groß, der Aufwand gering. „Bei der Aussaat wird einfach kurz die Maschine angehoben, damit die freien Stellen mitten im Acker entstehen“, sagt Breining. Diese dienten den Lerchen vor allem als Landebahn. „Die Vögel fliegen das Lerchenfenster an und suchen sich anschließend ein Plätzchen zum Brüten“, erklärt der Renninger. Dass auf den errichteten Anflugschneisen ein reger Verkehr der gefiederten Gäste herrsche, das kann er nur bestätigen.

Das Anbringen der Lerchenfenster auf seinen Gerstenfeldern ist eine Folge des neuen Bosch-Entwicklungszentrums auf dem Malmsheimer Flugfeld. Mit dem Bau wurden die Lerchen um ihren natürlichen Lebensraum gebracht, denn früher hatten mehrere dieser Vögel dort gebrütet. „Als die Stadt 2011 nach einer Lösung suchte, erklärten sich acht Landwirte dazu bereit, ihre Getreidefelder zur Verfügung zu stellen. Nun legen sie jedes Jahr insgesamt 30 Lerchenfenster an“, sagt Sandra Brauner, zuständig für den Bereich Natur und Umwelt im Renninger Rathaus. Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahme leistete das Unternehmen eine einmalige Zahlung in Höhe von 30 000 Euro. „Daraus erhalten die Landwirte pro Fenster und Jahr eine Entschädigung von 30 Euro“, erklärt Brauner.

Zwei Lerchenfenster pro Hektar

Tobias Breining bewirtschaftet 50 Hektar Ackerland und hat zehn solcher Anflugschneisen angelegt. Zwei Lerchenfenster pro Hektar empfiehlt der Naturschutzbund NABU. Doch nicht jedes Feld kommt dafür in Frage. „Die Lerchenfenster sollte man vor allem auf weitläufigen Getreidefeldern und nicht etwa im Mais anlegen, weil dieser erst im Mai gesät wird. Da sind die Vögel schon mittendrin beim Brüten“, erklärt er. Ist ein passendes Getreidefeld gefunden, so sollten die Lerchenfenster nicht am Feldrand oder in unmittelbarer Nähe zu Bäumen liegen. „Dann haben nämlich Füchse oder Raubvögel ein leichtes Spiel“, sagt Breining. Damit die Bodenbrüter Nahrung finden – die Vögel ernähren sich überwiegend von Samen – richtet der Landwirt auf seinen Getreidefeldern außerdem artenreiche Blühstreifen ein.

Mit dem Anlegen der Lerchenfenster, die nach der Aussaat wie der Rest des Schlages mitbewirtschaftet werden können, ergibt sich für Breining auch kein Ernteausfall. Denn die Freiflächen muss der Landwirt beim Förderungsantrag an die EU nicht abziehen, diese werden einfach mitgerechnet. „Das ist eine Befürchtung, die viele Landwirte fälschlicherweise hegen“, sagt er. „In Relation zu einem Hektar mit 10 000 Quadratmetern wäre das aber auch lachhaft.“

Nicht zuletzt will Tobias Breining auch das Image seiner Zunft aufpolieren. „Viele denken immer noch, dass Landwirtschaft ausschließlich Massentierhaltung bedeutet“, meint der Renninger. „Wir betreiben aber auch aktiv Naturschutz.“