Der 30-jährige Benzenbühl-Springreiter gewinnt bei den Leonberger Reiterspielen beide S-Springen. In der Zwei-Sterne-Prüfung entscheidet eine Hundertstelsekunde über den Sieg.

Leonberg - Die dicht an dicht stehenden Reitsportfans auf dem großen Zuschauerwall waren völlig aus dem Häuschen. Sie sahen im Großen Preis, dem Zweisterne-S-Höhepunkt der Leonberger Reiterspiele, ein Herzschlagfinale. Entschieden um nur eine Hundertstelsekunde zugunsten von Jörg Widmaier. „Jetzt habe ich mir meinen Gold-Traum erfüllt“, jubelte der Lokalmatador aus dem nahen Stall Benzenbühl.

 

Es wurde deutlich, dass das Prädikat Publikumsliebling bei Jörg Widmaier (PSZ Benzenbühl) vollkommen berechtigt war. Um ihn herum beherrschten Jubelszenen das Bild, alle wollten den 30-Jährigen, ohnehin der Überflieger der gesamten Saison, umarmen. Ihm gratulieren. Aber in welcher Reihenfolge? Klar, Widmaier hatte soeben in der Siegerrunde des Großen Preises auf HK’s Chocolate Chip gewonnen. Doch tags zuvor ritt er auf Quinara im S-Springen vor Patrick Krämer (RC Schwieberdingen Banmähder) auf Fire Cent und Hendrik Mader (RFV Trochtelfingen) auf Chancero ebenfalls als Sieger aus dem Springparcours.

Kurioserweise fielen ihm die Fans aber nicht deswegen so herzlich um den Hals, sondern weil seine Jagd nach dem begehrten Goldenen Reitabzeichen vollendet ist. Etwa drei Jahre des geduldigen Wartens, weil seither schlichtweg dieser besondere S-Sieg in der Sammlung fehlte, sind nun beendet. „Nach ungefähr 25 oder sogar 27 S-Siegen insgesamt, ich weiß das gar nicht so genau, 2014 waren es jedenfalls hier auf der Tilgshäusle-Anlage meine S-Erfolge Nummer zehn und elf“, verriet der Springreiter.

Lange überfällig und hochverdient

Früher reichten zehn klassische S-Siege, egal in welchem Zeitraum, für das „Goldene“ aus. Seitdem die schweren Springen aber in verschiedenste Klassen unterteilt sind, muss genauer hingeschaut werden. Das Goldene Reitabzeichen von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gibt’s erst dann, wenn bei zehn S-Siegen mindestens eine Zweisterne-Prüfung gewonnen wurde oder alternativ in der noch schwereren Dreisterne-S-Klasse eine Top-Fünf-Platzierung dabei ist. „Dieser Zweisterne-S-Sieg beschert Jörg Widmaier sein lange überfälliges und hochverdientes Goldene Reitabzeichen“, sagte der Pferdesportkreisvorsitzende Peter Bort (Sindelfingen) der als Wertungsrichter in der Jury saß.

Vor den Augen dieser Jury und der vielen Zuschauer kam Widmaier auf dem neunjährigen Württemberger HK’s Chocolate Chip nach exakt 43,99 Sekunden ins Ziel, fehlerfrei, aber vorbelastet mit vier Strafpunkten aus dem Normalumlauf. Thomas Kluge (RFV Murrhardt) benötigte auf Santana 44,00 Sekunden, blieb im Umlauf ohne Fehler und kassierte dafür jetzt in der Siegerrunde den Stangenabwurf. Die Hundertstel entschied somit bei gleichen Strafpunkten an der Spitze das Zweisterne-S-Springen. Tobias Sawatzki (Göbrichen) folgte auf Chayenne mit fünfeinhalb Strafpunkten an dritter Stelle und Finalvierter wurde der Leonberger Doppel-S-Sieger mit Quinara (9). Als S-Sechster fuhr der Ex-Weil der Städter Volker Hahn (Waldenbuch) heim, einer der wenigen S-Kreiscracks, der einst und noch nach alten Statuten das Goldene Reitabzeichen bereits von der FN verliehen bekommen hat.

„Chocolate Chip“ hat ein echtes Kämpferherz

„Mein Goldenes habe ich jetzt HK’s Chocolate Chip zu verdanken“, meinte Widmaier und wies betonend daraufhin, dass die Großbuchstaben HK für Züchter und Besitzer Hans Kauffmann aus Renningen stünden. Das Springpferd sei, so Kauffmann, ein 1,62 Meter messendes Kämpferherz. „Unheimlich seine Einstellung, der will einfach immer rüber“, verdeutlichte der Große-Preis-Sieger, „auch bei diesem wirklich anspruchsvollen Parcours.“

Wann nun genau Warendorf das Abzeichen liefern soll und wohin, das stünde derweil nicht fest. „Ich weiß noch nicht, bei welchem Turnier die Verleihung stattfinden soll, zeitlich gibt es da keine Einschränkung und ich möchte das erst mit meiner Familie demnächst in Ruhe besprechen“, so Jörg Widmaier.