Wir schreiben das Jahr 1964. Für den Reitsport in Deutschland ist das ein besonderes. Bei den Olympischen Spielen in Tokio gewinnt sowohl die Springreiter-Equipe als auch die Dressur-Mannschaft Gold. Fernab von Japan, im beschaulichen schwäbischen Heimsheim, wird ebenfalls Geschichte geschrieben. Im damaligen Gasthaus Krone treffen sich am 2. Dezember zehn Männer und zwei Frauen und gründen den Ländlichen Reit- und Fahrverein.

Heimsheim - Wir schreiben das Jahr 1964. Für den Reitsport in Deutschland ist das ein besonderes. Bei den Olympischen Spielen in Tokio gewinnt sowohl die Springreiter-Equipe (Kurt Jarasinski, Hermann Schridde, Hans-Günter Winkler) als auch die Dressur-Mannschaft (Harry Boldt, Reiner Klimke, Josef Neckarmann) Gold. Fernab von Japan, im beschaulichen schwäbischen Heimsheim, wird ebenfalls Geschichte geschrieben. Im damaligen Gasthaus Krone, wo heute die Pizzeria „Il Giardino“ ist, treffen sich am 2. Dezember zehn Männer und zwei Frauen und gründen den Ländlichen Reit- und Fahrverein Heimsheim. Sie reiten schon seit einigen Jahren regelmäßig gemeinsam aus und wollen jetzt eine offizielle Verbindung daraus machen. Zum Vorsitzenden wird Horst Gerhold gewählt, der das Amt bis 1988 bekleidet und der zugleich Voltigier- und Reitunterricht gibt. Einen Platz „Auf der Wartmauer“ oberhalb des Weißdornweges stellt Gerhard Schumacher, Chef der gleichnamigen Strickfabrik im Ort (die damals an der oberen Breitenstraße steht, wo heute Mehrfamilienhäuser angesiedelt sind) zur Verfügung. Er ist selbst Gründungsmitglied des Vereins.

 

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt 1965 nehmen die Reiter hoch zu Ross am Festzug, der anlässlich der 1000-Jahr-Feier der Stadt organisiert wird, teil. Die Zeitzeugen werden sich noch lange an das „einmalig schöne Erlebnis“ erinnern. 1966 organisieren die Heimsheimer bereits ihr erstes Reiterfest auf dem Gelände. Mit dem Bau der Reithalle folgt ein weiteres großes Projekt. Der Heimsheimer Bürgermeister Karl Schuler ist ein großer Fan der Reiter. Er setzt sich dafür ein, dass die Stadt dem Verein den Platz am Dickenberg in Erbpacht überlässt. In nur 14 Monaten erbauen die Reiter dort auf dem felsigen Gelände in 7950 freiwilligen Arbeitsstunden ihre Halle. Diese wird ab sofort ihre neue Heimat sein. 1967 wird sie offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Der Verein organisiert ein Reitturnier, zu dem 45 Pferde aus den Vereinen Leonberg, Münchingen, Weil der Stadt, Ludwigsburg-Oßweil, Herrenberg, Gerlingen und Gültstein gemeldet werden. Im Springen der Klasse A landet ein gewisser Kurt Maier aus Gültstein auf Rang zwei. Dessen Sohn Kurt Maier junior wird später einer der treuesten und vielleicht auch erfolgreichsten Teilnehmer der Heimsheimer Turniere. Im selben Jahr folgt ein weiteres Turnier im Freien – auf dem neuen Turnierplatz, den die Mitglieder ebenfalls in Eigenleistung errichtet haben.

Fast zehn Jahre Später, 1976, folgt der nächste Meilenschritt im Vereinsleben des LRFV Heimsheim. Der Platz am Dickenberg platzt bei Turnieren aus allen Nähten – eine neue Lösung muss gefunden werden. Wieder hilft die Stadt und stellt dem Verein auf Pachtbasis den ehemaligen Fußballplatz „Auf dem Berg“ zur Verfügung. Wieder wird kräftig geschuftet, bis Spring-, Abreite- sowie zwei Dressurplätze „salonfähig“ sind. Ab sofort findet dort nun jedes Jahr das Turnier statt, das auf Grund der angebotenen schweren Prüfungen auch Top-Reiter – 2010 schaut Weltklassereiter Michael Jung mit seinen Nachwuchspferden vorbei – und mehr als tausend Zuschauer anlockt. Das Reiterfest wird zum gesellschaftlichen Ereignis in Heimsheim.

In den vergangenen Jahren hat die Euphorie etwas nachgelassen. Die Heimsheimer Reiter haben Vereinsaustritte, das Aus der traditionellen Hubertusjagd oder des Jugendturniers mangels Interesse, sinkende Teilnehmer beim Turnier auf Grund von Konkurrenzveranstaltungen oder die Abwanderung der Voltigierer zu verkraften. Aktuell zählt der LRFV 130 Mitglieder, vor einigen Jahren waren es über 200. „Wir sind ein reiner Verein, kein Geschäftsbetrieb mit Stallungen, deshalb müssen wir den Mitgliedern mit Kinderreitsunden oder Lehrgängen anderes bieten“, sagt der aktuelle Vorsitzende Hartmut Rühle.