Danilo Hondo sagt Servus: Der Grandseigneur des deutschen Radsprints beendet seine Karriere. Im Interview spricht der 40-Jährige über die Höhen und Tiefen seiner aktiven Zeit, seine Zukunftspläne - und sein Abschiedsrennen am 4. Oktober in Ditzingen

Ditzingen – - Danilo Hondo sagt Servus: Der Grandseigneur des deutschen Radsprints beendet seine Karriere. Im Interview spricht der 40-Jährige über die Höhen und Tiefen seiner aktiven Zeit, seine Zukunftspläne - und sein Abschiedsrennen am 4. Oktober in Ditzingen
Danilo Hondo, wie geht es Ihnen nach dem Sturz inklusive Handbruch beim Grand Prix de Fourmies Anfang September?
Ich habe mich mittlerweile ganz gut erholt. Die offenen Wunden sind verheilt, die angeknacksten Rippen schmerzen zwar noch etwas. Aber es wird von Tag zu Tag besser. Ich bin auch schon wieder ein paar Mal auf dem Zeitfahrrad gesessen – da kann man die Hand ja ganz gut auf dem Lenker ablegen (lacht).
Sie haben also fest vor, bei ihrem Abschiedsrennen am 4. Oktober in Ditzingen an den Start zu gehen?
Ich muss! Nehmen sie meinen guten Freund Gerd Schönfelder (Ski-Rennfahrer, mit 16 Siegen erfolgreichster Athlet der Paralympics-Geschichte; Anmerkung der Redaktion). Er hat nur einen Arm und zwei Finger, fährt aber bei meinem Abschiedsrennen auch mit. Ihn nehme ich mir als Vorbild. Mit einem festen Tape-Verband für die gebrochene Hand sollte es kein Problem sein.
Das hört sich gut an. Für das Team-Zeitfahren bei der Weltmeisterschaft in Ponferrada hat es dagegen nicht gereicht.
Leider nein, und das tut richtig weh. Ich wollte 20 Jahre nach dem Titel in der Mannschaftsverfolgung auf der Bahn auch Straßenrad-Weltmeister werden. So von der großen Bühne abzutreten, war mein Traum – und wäre nicht unrealistisch gewesen. Die Form und das Team waren super, die Chancen gut.
Dann kam ihre Verletzung dazwischen.
Stürze passieren eben. Das sind die Momente, mit denen man umzugehen lernen muss. Aber es bleibt nichts zurück – es hätte auch viel schlimmer kommen können.
Sie können auf eine große Karriere mit vielen Erfolgen blicken. Was nehmen sie aus fast 20 Jahren im Profi-Radsport mit?
Mich so lange in diesem Geschäft durchgebissen zu haben. Ich habe es genossen, verschiedene Länder und Sprachen kennenzulernen. Durch den Sport habe ich Gegenden gesehen, die ein normaler Tourist nie zu Gesicht bekommt.
Und was bleibt Ihnen sportlich als Höhepunkt?
Ich bin nicht so ein Freund davon, einzelne Dinge hervorzuheben …
… Jetzt müssen sie aber!
Es ist ja bekannt, dass ich großer Italien-Freund bin. Daher waren die Etappensiege beim Giro d’Italia etwas Besonderes für mich. Aber es bleiben auch andere Erfolge emotional hängen.
Auch Tiefpunkte – so wie ihre zweijährige Doping-Sperre von Mai 2005.
Ich bin kein Mediziner, aber natürlich trotzdem selbst für das verantwortlich, was ich zu mir nehme. Fakt ist: Ich war nicht vorsichtig genug und habe mich nicht ausreichend geschützt. So kam es letztlich zur Verunreinigung eines Nahrungsmittels und zum positiven Befund. Genauso Fakt ist aber auch: Ich habe mich immer gegen Doping ausgesprochen und unerlaubte Mittel abgelehnt. Mit dieser Überzeugung habe ich in der Vergangenheit viele und lange Prozesse geführt. Aber im Sportsystem ist es fast unmöglich, die Unschuld zu beweisen.
Wie gehen Sie mit diesem Karriere-Makel um? Die Sache hat viele Jahre, Erfolge und Nerven gekostet. Ich habe mich ungerecht behandelt gefühlt. Aber ich bin offen damit umgegangen, habe gekämpft und auch nach meiner Sperre noch schöne Jahre im Radsport gehabt. Diese Erfahrung hat mir eine andere Lebensseite gezeigt, sie hat mich als Mensch weitergebracht – und das nehme ich für die Zukunft mit.
Wie sieht denn ihre Zukunft aus? Bleiben Sie dem Radsport erhalten?
Davon können Sie ausgehen. Ich habe viele Ideen im Kopf und auch schon einige Projekte am Laufen. Jetzt geht es darum, einen roten Faden zu finden. Ich will nicht irgendetwas machen, sondern eine Position finden, die hundertprozentig zu mir passt. In der ich Spezialist bin. Ich will Dinge verändern und besonders jungen Fahrern helfen.
Wie wäre es also mit einem eigenen Radteam?
Da bin ich tatsächlich dran und führe Gespräche. Das soll aber kein Schnellschuss werden, sondern Hand und Fuß haben.
Mit Deutschland als Ausgangsplattform?
So ist mein Wunsch. Es müssen aber die sportlichen Voraussetzungen passen. Zurzeit sind jedoch viele potenzielle deutsche Leistungsträger fest an andere Teams gebunden. Zudem müsste sich hier zu Lande auch die Einstellung zum Radsport ändern, in Politik und Medien.
Der Radsport hat noch immer an seiner Dopingvergangenheit zu knabbern.
Es wurden Fehler gemacht, ohne Zweifel. Aber der Radsport hat das Problem angepackt und Dinge in einer Art verändert, die im Sport ihresgleichen sucht. Jetzt gilt es, weiter zu arbeiten, das Image zu verbessern. Der Charity Bike Cup und auch mein Abschiedsrennen sollen dazu beitragen.
Was wird die Zuschauer dort erwarten?
Eine geschmeidige Veranstaltung in lockerer Atmosphäre, mit vielen bekannten Gesichtern, Kollegen und Freunden.
Macht sie die Starterliste mit all den prominenten Namen auch ein wenig stolz?
Absolut. Das zeigt mir, dass ich mich im Fahrerfeld nicht ganz unfair verhalten haben kann (lacht). Die Leute kommen mit mir klar, auch wenn ich manchen zuerst unnahbar erscheine. Ich freue mich auf einen tollen Tag unter alten Freunden – und natürlich auf eine coole Party!
Und am nächsten Morgen müssen Sie nicht früh aufstehen …
… und nicht gleich auf das Wetter schauen, sofort ans Training denken. Fange ich gleich mit der Arbeit an oder mache ich zuerst Sport? Will ich Fußball oder Tennis spielen, Schwimmen oder Joggen gehen? Ich kann frei entscheiden, auch mal ohne mein Rad irgendwo in den Urlaub hinfliegen – darauf freue ich mich. Ich gehe diesen neuen Lebensabschnitt offen an. Es wird sicher nicht immer einfach, aber bestimmt spannend!