Prozess: Die 30-Jährige erleichtert eine Seniorin um 2400 Euro.

Leonberg - Sie sollte einer Seniorin zur Hand gehen, doch stattdessen riss sie sich ihr Erspartes unter den Nagel: Eine Haushaltshilfe hatte sich die EC-Karte einer 90-Jährigen ergaunert und über mehrere Wochen hinweg insgesamt 2400 Euro von deren Bankkonto abgehoben. Jetzt musste sich die Frau aus Ditzingen am Amtsgericht wegen zehn Vergehen des Computerbetrugs in einem besonders schweren Fall verantworten. Das Urteil: Eine neunmonatige Bewährungsstrafe sowie ein Bußgeld von 500 Euro.

 

Die ganze Sache war der Angeklagten sichtlich unangenehm, und sie entschuldigte sich mehrmals für den „großen Fehler“. Die Ditzingerin erzählte, dass sie die Seniorin seit vielen Jahren kannte und sprach von einem „Mutter-Tochter-Verhältnis“. Die damals bei der Sozialstation in Rutesheim als Haushaltshilfe angestellte Frau besuchte die ältere Dame regelmäßig, sie erledigte die Einkäufe oder hob in ihrem Beisein Geld ab. Genau diesen Umstand nutzte sie aber auch für ihre Betrügereien aus und räumte zwischen November 2015 und Januar 2016 das Konto der Frau leer. Das waren am Ende 2400 Euro.

Die sparsame Seniorin, die jeden Einkauf penibel in ihrem Haushaltsbuch führte, war offenbar völlig außer sich, als sie durch die Bank erfuhr, dass ihr Konto überzogen war – sie musste in der Verhandlung nicht aussagen. Schließlich wandte sich die 90-Jährige an die Sozialstation mit dem Verdacht, dass die Ditzingerin dahinter stecken könnte. Und so war es auch. Als die später hinzugezogene Polizei die Bilder der Überwachungskamera in der Rutesheimer Bankfiliale auswertete, stand jedes Mal die 30-Jährige am Automaten, um sich das mühsam angesparte Geld unter den Nagel zu reißen.

30-Jährige war in finanziellen Schwierigkeiten

Und warum das Ganze? Sie sei damals in großer Geldnot gewesen, denn ein ganzer Haufen Rechnungen für die Wohnung und das Auto hätten sich angehäuft. „Hätte ich sie nach dem Geld gefragt, so hätte sie es mir laut eigener Aussage auch gegeben“, behauptete die Frau, die jetzt eine Ausbildung zur Altenpflegefachkraft macht. Inzwischen habe sie das Geld fast komplett zurückbezahlt – das konnte auch die ermittelnde Polizeibeamtin und auch die Leiterin der Sozialstation bestätigen – und stehe auch wieder in Kontakt mit der Seniorin, worüber sie „sehr erfreut“ sei.

Dem Richter Josef Weiß stieß vor allem eines übel auf: „Sie hatten von dem besonderen Verhältnis zwischen Ihnen und der Seniorin berichtet, und dann nutzten Sie das Vertrauen schamlos aus!“, monierte er. Der Staatsanwalt hatte eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten für die bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Frau beantragt, dazu eine Arbeitsauflage von 80 Stunden. Diese empfand der Richter aber als „kontraproduktiv“. „Ich weiß aus persönlichem Umfeld, dass Ihr Job alles andere als einfach ist, daher ist eine Geldauflage, die Sie in Raten bezahlen können, angebracht“, erklärte er. Die 500 Euro kommen dem Tierschutz zugute.

Am Ende der Verhandlung setzte die 30-Jährige dann zum Gegenschlag aus und wollte die ehemaligen Kollegen bei der Sozialstation in Rutesheim anzeigen, weil diese über sie „Gerüchte in die Welt setzen“ und damit ihren „Ruf schädigen“. Der Richter verwies sie freundlich, aber bestimmt an die nächste Polizeiwache.