Ein Mann flippt aus, weil seine Post verschlampt wurde. Er wirft mit einem Stuhl und bekommt eine Bewährungsstrafe.

Leonberg - Ein Streit in einer Flüchtlingsunterkunft in Weil der Stadt hatte im vergangenen Sommer einen Polizeieinsatz ausgelöst: Weil einem 27 Jahre alten Mann der Kragen geplatzt war, hatte dieser mit einem Stuhl nach seinem Mitbewohner geworfen. Dieser hatte Glück und kam glimpflich davon. Nicht aber der Übeltäter, der jetzt am Leonberger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde, diese wurde allerdings zu Bewährung ausgesetzt.

 

Die auf 9 Uhr angesetzte Verhandlung konnte erst am Nachmittag über die Bühne gehen. Denn der Angeklagte war nicht zum Termin erschienen. Die Amtsrichterin Jasmin Steinhart ordnete daraufhin an, den Mann vorführen zu lassen. Nachdem die Polizei den Mann per Handy lokalisieren konnte, griffen die Beamten ihn in Böblingen auf und brachte ihn zum Amtsgericht. Dieser entschuldigte sich dann gleich in der Vernehmung und erklärte, dass er die Ladung nicht bekommen habe.

Ein wichtiger Brief fehlt – es kommt zum Streit

Ein amtlicher Brief, der ihn nicht erreichte, war offenbar auch der Grund für seinen Wutausbruch, der ihn letztlich auf die Anklagebank gebracht hat. Sein Mitbewohner, mit dem er sich damals ein Zimmer und einen Briefkasten in der Weiler Flüchtlingsunterkunft teilte, verschlampte ein wichtiges Schreiben vom Landratsamt. Darin ging es um das Asylverfahren des Mannes aus Gambia.

Als der Mitbewohner ihm nicht sagen wollte, wo dieses abgeblieben war, sind bei ihm die Sicherungen durchgebrannt: Er schnappte sich einen Stuhl aus Leichtmetall und warf diesen vom oberen Treppenansatz des zweistöckigen Wohncontainers auf seinen unten stehenden Landsmann. Dank seiner schnellen Reaktion kam der 23-Jährige glimpflich davon und wurde nur am linken Bein touchiert – ohne bleibende Verletzungen. „Das war dumm, ich weiß“, sagte der Angeklagte, der den Vorwurf zugab. Eine Wahl hatte er aber auch nicht. Sein Landsmann hatte die Stuhl-Attacke nämlich mit dem Handy aufgenommen, und die Bilder lagen dem Gericht vor. Die Wege der beiden haben sich inzwischen getrennt, sie wohnen nicht mehr in der gleichen Unterkunft.

Bewährungs- und Geldstrafe

„Einen Stuhl nach einem Menschen zu werfen, ist eine gefährliche Körperverletzung!“, sagte Richterin Steinhart und meinte: „Man will sich gar nicht vorstellen, was alles hätte passieren können, wenn Sie das Opfer am Kopf getroffen hätten.“ Angesichts der geringen Verletzungsfolgen erkannte die Richterin aber auf einen minderschweren Fall. Neben der Bewährungsstrafe gab es auch noch eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro, die dem Leonberger Hospiz zugutekommen soll. Mit diesem Urteil war das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwältin geblieben – diese hatte sechs Monate für den Mann gefordert, der ohne Rechtsbeistand erschien. Dass es eine Freiheitsstrafe gab, wenn auch zu Bewährung, lag an den Vorstrafen des 27-Jährigen, der seit 2014 in Deutschland ist und noch immer auf seine Asyl-Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Karlsruhe wartet.

Der Gambier, der gegenwärtig seinen Bundesfreiwilligendienst in einem Seniorenheim leistet, stand früher wegen Drogenbesitz, Diebstahl, Leistungserschleichung und Widerstand gegen die Polizei vor Gericht. „Wenn Sie Ihre Wut wieder nicht im Zaum halten sollten, dann müssen Sie ins Gefängnis“, warnte die Richterin und gab dem Mann einen guten Tipp mit auf den Weg: „Wegen der Geldauflage bekommen Sie Post, schauen Sie jeden Tag in Ihren Briefkasten!“