Großer Aufmarsch beim Festakt für die Porsche-Erweiterung in Weissach/Mönsheim: Vorstandschef Matthias Müller kündigt neue Investitionen von 95 Millionen Euro an, und auch der Ministerpräsident ist zufrieden.

Weissach/Mönsheim - Inzwischen hat es ja schon fast Tradition, dass grüne Spitzenpolitiker bei Porsche ihre Aufwartung machen. Und dass sie dabei zu spät kommen, weil die ganze Region im Stau steht. So auch an diesem heißen Nachmittag – Winfried Kretschmann trifft mit 24 Minuten Verzögerung ein. Sein Parteifreund Bernd Murschel ist da schon längst da. „Wenn selbst Rennwagen grün sind, dann geht es in die richtige Richtung“, lobt der grüne Regierungschef schließlich – und stößt auf zufriedene Minen der Porsche-Granden.

 

Nicht nur die Sonne strahlt an dem Tag, als die drei Neubauten für 150 Millionen Euro zwischen Weissach, Flacht und Mönsheim endlich eingeweiht werden – auch der Präsentationsraum tut es. Noch vor wenigen Monaten war hier Baustelle, jetzt leuchtet alles so gleißend, dass man jedes Barthaar sieht. Hier, mitten im Schmuckstück des Porsche-Entwicklungszentrums, dem Designstudio, werden künftig der Chef Matthias Müller und seine Kollegen die streng geheimen Prototypen besichtigen und auswählen – so viel Öffentlichkeit wie an diesem gibt es hier also nie wieder.

Und die ist wirklich groß beim Festakt zur Einweihung. Neben Kretschmann und Müller ist fast der gesamte Porsche-Vorstand vertreten, zudem Wolfgang und Oliver Porsche und Betriebsratschef Uwe Hück. Dazu der Enz-Landrat Karl Röckinger und Wolf Eisenmann für Böblingen, fast der gesamte Gemeinderat – keiner will diesen Moment verpassen, auf den viele so lange hingefiebert, und den die Kritiker der Erweiterung befürchtet haben.

So strahlen auch die beiden Bürgermeister Ursula Kreutel und Thomas Fritsch. Nicht nur, weil sie warmen Applaus von der Porsche-Gemeinde bekommen – in einem Imagefilm zum Entwicklungszentrum werden sie auf einer riesigen Leinwand präsentiert. „Das Porsche-Zentrum hat eine wichtige Bedeutung für Weissach, die Region, und ich sage mal ganz frech: auch für Deutschland“, erklärt Kreutel darin. Und Frisch lobt, Porsche sei „so innovativ wie Mönsheim“, das passe zusammen. Eine schöne Verschnaufpause im Bürgermeisterwahlkampf, den Fritsch ohnehin schon hinter sich hat. Kreutel kann hier stolz sein auf das Erreichte, Gegenkandidaten sind keine da, und die Kritiker halten sich zurück.

95 Millionen kostet das Antriebs-Prüfgebäude

Der Porsche-Chef Matthias Müller spricht von 7000 Patenten, die schon in Weissach entwickelt wurden. Das idyllische Heckengäu habe mit seiner Abgeschiedenheit ideale Möglichkeiten geboten. „Ohne die Ausbaumöglichkeiten hätte es Porsche nicht so weit gebracht“, erklärt der 61-Jährige, der nun auch offiziell das schon begonnene neue Antriebs-Prüfungsgebäude ankündigt – 95 Millionen soll es kosten. Die riesige Baugrube mit 250 000 Kubikmetern wird von sieben Baggern derzeit ausgehoben, 600 Mitarbeiter sollen hier einmal Motoren prüfen – die Baucontainer müssen also gar nicht abgebaut werden.

Aber so richtig erspüren, was die gerade erst fertig gestellte Erweiterung bedeutet, können die Gäste erst beim Rundgang. Etwa im Windkanal, dieser 30 Meter hohen Turbine. Zur Musik von „2001 – Odyssee im Weltraum“ wird Rauch über einen 911er mit 30 Stundenkilometern geblasen – nach Ende der Musik lautlos. Fast gespenstisch, der riesige Raum verschluckt fast jedes Gespräch. „So können wir ganz präzise den Fahrtwind testen“, sagt der Ingenieur Hauke Stumpf. Das Auto steht auf einer riesigen, aber tausendstel-grammgenauen Waage, jedes Detail muss stimmen.

Oder im Design-Labor, wo gigantische 3D-Drucker Papp- und Plastikmodelle von Prototypen ausspucken. Die stehen dann in den riesigen Produktionshallen, etwa auf einem 70 Meter langen Band. „Wir können hier sieben Prototypen nacheinander aufstellen“, schwärmt ein Mitarbeiter. Platz gibt es also zuhauf hier – und genau das ist bislang der Mangel gewesen.

Porsche investiert jedes Jahr 100 Millionen in Weissach

Die Kantine etwa platzt aus allen Nähten – auch hier stehen Baufahrzeuge, denn sie wird erweitert und bietet mehr Raum. Das neue Porsche-Parkhaus an der Straße nach Mönsheim ist fast fertig. „Wir werden dann die Parkplatzkapazitäten von 3000 auf 6000 verdoppelt haben“, sagt Porsche-Vize Thomas Edig. Im Herbst ist Richtfest. Und das Wachstum geht weiter, daran lässt hier niemand einen Zweifel. Jedes Jahr würden 100 Millionen Euro in Weissach investiert – in den Ausbau, die Sanierung aber auch den Umbau der Gebäude, die zum Teil noch aus den 60er Jahren sind.

Zunächst aber freut man sich, für alles mehr Platz zu haben, und alles auf kurzen Wegen zusammen zu führen. Und so ist der Weissacher-Porsche Chef Wolfgang Hatz denn auch durchaus ein wenig stolz an diesem Tag: „Wir dürfen Ihnen heute unsere Denkfabrik präsentieren.“ Und die sei nun wirklich weltmeisterlich, sagt er in Anspielung auf den aktuellen WM-Titel.

Und was ist mit der Skepsis gegenüber einer zu starken Expansion im Heckengäu? Die Kritiker, die bei der Gemeinderatswahl im Mai immerhin 25 Prozent der Stimmen bekommen haben, halten sich an diesem Tag zurück. Und der Porsche-Vize Thomas Edig bemüht sich auf Nachfrage um Diplomatie: „Wir wissen, dass manche Sorge haben. Aber wir nehmen das ernst und wachsen moderat.“ Für die Bürgermeisterin ist es also ein rundum schöner Tag – auch mit guten Bildern für den Wahlkampf.