Kurz vor Verabschiedung des Haushalts hat die Stadt 34 neue Stellen nachgereicht. Die Kommunalpolitiker schwanken zwischen Verwunderung, Ärger und Skepsis.

Leonberg - Die Stadt Leonberg ist ein großer Arbeitgeber. 766 Menschen sind im Rathaus und den Außenbetrieben, etwa dem Bauhof oder der Kläranlage, beschäftigt, 61 davon als Beamte. Doch längst nicht alle sind den ganzen Tag im Einsatz. 411 der Beschäftigten arbeiten in Vollzeit. Nicht sehr viel weniger, 353, sind in Teilzeit angestellt. Damit liegt die Teilzeitquote bei 46,2 Prozent. Ob diese Zahl am hohen Frauenanteil liegt? 560 Mitarbeiterinnen gibt es, die Männer stellen mit 206 nicht einmal die Hälfte. Die Frauenquote liegt damit bei 73 Prozent.

 

Mit fünf Frauen und fünf Männern gibt es bei den Amtsleitern einen Gleichstand. Die Stadtspitze mit OB und zwei Bürgermeistern ist aber fest in Männerhand.

Personalkosten gehen nach oben

Keineswegs ausgeglichen sind indes die Personalkosten. Die gehen kontinuierlich nach oben. Zwischen 2016 und 2018 sind sie jeweils im Zwei-Millionen-Sprung von 33 Millionen auf 37 Millionen Euro hochgeschnellt. Für den neuen Haushalt, der heute Abend beschlossen wird, sind es gar mehr als 40 Millionen Euro. Den Löwenanteil macht die Tariferhöhung um gut drei Prozent aus. Sie schlägt mit 1,15 Millionen Euro zu Buche. Neues Personal für die provisorischen Kindertagesstätten, mit denen Engpässe in der Betreuung überbrückt werden, ist im Personalplan mit fast 540 000 Euro veranschlagt. Außerdem hat die Stadt noch kurzfristig 34 Stellen nachgemeldet. Unter dem Strich ergibt sich ein Mehraufwand von rund 3,8 Millionen Euro.

Das sorgt bei der Politik für Unmut: „Ist der Haushalt überhaupt genehmigungsfähig?“, fragt die CDU-Fraktionschefin Elke Staubach. „Eindeutig ja“, sagt der Finanzbürgermeister Ulrich Vonderheid. Die Zahlen seien sogar etwas besser geworden.

Ob das aber in den nächsten Jahren so bleibt, zweifelt Axel Röckle an. Der Fraktionschef der Freien Wähler vermutet gar, dass sich hinter den knapp nachgereichten Stellen Taktik verbirgt, damit sie nicht lange hinterfragt werden können. Sein SPD-Kollege Ottmar Pfitzenmaier meint schlicht: „Eine Steigerung um zehn Prozent – das habe ich noch nie erlebt.“

Gleichstellungsbeauftragte: Ab 50 000 Pflicht

Bekommt die Stadt bald wieder eine Gleichstellungsbeauftragte? Wenn es nach der CDU geht, müssen die Weichen schnell gestellt werden. Denn gemäß des „Gesetzes zur Chancengleichheit“ vom Februar 2016 müssen Städte, die größer als 50 000 Einwohner sind, diese Position haben.

Das werde angesichts der ständig steigenden Einwohnerzahl, sie liegt offiziell bei 48 222 (Stand Dezember 2017), bald der Fall sein. Daher sei es sinnvoll, schon jetzt eine Stelle einzurichten, argumentiert die CDU-Fraktionschefin Elke Staubach.

Kaufmann: 50 000-Grenze wird 2019 nicht überschritten

Das wiederum hält Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD) für verfrüht. „Wir werden im kommenden Jahr die 50 000-Grenze nicht überschreiten“, sagt der Rathauschef. Allein in den vergangenen fünf Jahren habe der Zuwachs bei lediglich 1300 Einwohnern gelegen. Vor dem Jahr 2020 werde sich da nichts tun. Auch Axel Röckle hält die Position im Stellenplan 2019 für nicht erforderlich. „Alle beklagen sich über die Mehrkosten im Personalbereich“, erklärt der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. „Doch hier soll im vorauseilenden Gehorsam eine Stelle beschlossen werden, die momentan noch nicht nötig ist.“

Elke Staubach, die bekannt für Hartnäckigkeit ist, lässt nicht locker. Wenigstens die Position solle in den Haushalt hineingeschrieben und mit einem Sperrvermerk versehen werden. Bestünde tatsächlich Bedarf, müsste das Geld kurzfristig eingesetzt werden. Im zuständigen Finanzausschuss setzt sie sich damit durch. Axel Röckle bleibt konsequent und enthält sich.

Städtepartnerschaften: Halbe Stelle genügt

Städtepartnerschaften bedeuten nicht nur gegenseitige Besuche oder den Austausch von Schulklassen. Hinter der Pflege der internationalen Kontakte steht auch ein gewisser Verwaltungsaufwand. Die im Kulturamt zuständige Mitarbeiterin ist indes nicht nur für Rovinj, Belfort, Lobenstein oder Berlin-Neukölln zuständig. Sie kümmert sich zudem um die Organisation von Ausstellungen im Galerieverein und andere Veranstaltungen oder hilft in der Touristeninformationsstelle i-Punkt mit aus.

Zu viel für eine halbe Stelle, sagt die Stadt und hat eine Aufstockung auf einen Vollzeitposten beantragt. Doch das sieht nicht nur die CDU anders. Auch die SPD kann „den zwingenden Bedarf für eine Vollzeitstelle nicht erkennen.“ Der Antrag wurde im Finanzausschuss abgelehnt.

Angenommen wurde hingegen der Antrag, eine halbe Aushilfsstelle im Archiv um ein weiteres Jahr befristet zu verlängern. Die gewaltigen Aktenmengen, die beim Rathausumzug hervorkamen, müssen neu erfasst werden. Eine Mammutaufgabe, die auch krankheitsbedingt bisher noch nicht abgeschlossen werden konnte.

Waffenrecht: Mehr Kontrolle nötig

Ob eine Schrotflinte für die Jagd oder eine Pistole: Rund 500 Menschen in Leonberg haben ganz offiziell eine Schusswaffe. Die Waffen selbst und ihre Besitzer müssen regelmäßig kontrolliert werden. Denn zu schnell können gefährliche Waffen in falsche Hände geraten. Nicht nur in jene von potenziellen Gewalttätern, sondern auch von politisch motivierten Verdächtigen, etwa den verbotenen Reichsbürgern.

Zudem wird von der Stadt überprüft, ob die Waffen in einem einwandfreien Zustand und sicher gelagert sind, also nicht von Kindern entdeckt werden können.

Kein Sperrvermerk

„Derzeit steht im Ordnungsamt für diese sicherheitsrelevante Aufgabe nur eine halbe Stelle zur Verfügung“, erklärt der zuständige Ordnungsbürgermeister Ulrich Vonderheid (CDU). „Deshalb ist eine Stellenmehrung um 50 Prozent dringend nötig und zwar ohne Sperrvermerk.“

Die SPD hatte beantragt, dass die Aufstockung auf Eis gelegt wird. Doch als Fraktionschef Ottmar Pfitzenmaier gehört hatte, dass die Waffenbesitzer die Kontrollen selbst bezahlen müssen, stimmte er der Aufstockung auf eine volle Stelle zu.

Öffentlichkeitsarbeit: Eine Stelle reicht

Die Zeiten, in denen Presseanfragen bei der Stadtverwaltung vornehmlich am Telefon geklärt wurden, sind vorbei. Digitale Kanäle nehmen an Bedeutung zu. Eine Stadt muss sich auch in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram vorstellen. Dafür bedarf es einer Strategie. Doch die gibt es noch nicht. Daher würde der Oberbürgermeister gerne seinen Pressesprecher mit einer halben Stelle unterstützen. Und eine Urlaubsvertretung benötige der Öffentlichkeitsarbeiter ohnehin.

Doch das sehen die Fraktionen nicht ganz so. Denn früher hatte die Vertretung der persönliche Referent des OB übernommen, meint die SPD und beantragt, die Aufstockung zumindest mit einem Sperrvermerk zu versehen, also vorerst nicht umzusetzen. Birgit Widmaier von den Grünen würde die halbe Stelle lieber in eine ganze umwandeln, diese dann aber für die digitale Aufrüstung der Schulen nutzen.

„Eine Urlaubsvertretung kann mein persönlicher Referent nicht leisten“, kontert der OB. „Er hat genug zu tun.“ Das nutzt ihm aber nichts. Der Sperrvermerk wird beschlossen.