Der neue Name „Wohnbau Weissach“ soll für den Neuanfang der gemeindeeigenen Firma stehen.

Weissach - Mit Superlativen spart Bürgermeister Daniel Töpfer am Montagabend nicht. Ein „historischer Tagesordnungspunkt“ sei es für den Gemeinderat, die entsprechende Drucksache ein „Meilenstein“. Dabei klingt der Antrag an sich unspektakulär: „Die bisherige Kommunale Bauentwicklungsgesellschaft Weissach mbH (Kommbau) erhält die neue Firmenbezeichnung Wohnbau Weissach GmbH (WWG)“, heißt es da.

 

Ein neuer Name also, aber das wäre weit untertrieben, ist der Bürgermeister überzeugt. „Die Gesellschaft steht vor einer komplett neuen Ausrichtung“, sagt Daniel Töpfer. „Und das zeigt sich eben an dem neuen Namen.“ Denn die Kommbau ist in Weissach ein schillernder Begriff. 2002 als im Besitz der Gemeinde befindliches Unternehmen gegründet, übernahm sie seitdem alle großen Bauprojekte – etwa die beiden Seniorenheime und die Strudelbachhalle.

Eine gemeindeeigene Baufirma könne dafür sorgen, dass die Bauaufträge an örtliche Unternehmen vergeben werden, so gaben sich einige damals ganz öffentlich überzeugt. Von Stammtischen war die Rede, gar von Bestechung. „Im Wahlkampf 2014 habe ich die Sorgen und Nöte der Bevölkerung mitbekommen“, berichtet Bürgermeister Daniel Töpfer jetzt. „Heute kann ich sagen: Einige Mutmaßungen bestätigen sich als Wahrheit.“

Auflösung hätte steuerliche Auswirkungen

Denn Töpfer hat sich seit seinem Amtsantritt an die radikale Aufarbeitung aller Vorgänge gemacht, hat mit dem Gemeinderat intensiv diskutiert, ob die Firma nicht besser aufgelöst werden sollte. „Das hätte aber steuerliche Auswirkungen“, erklärt er. Sämtliche noch heute im Besitz der Kommbau befindlichen Gebäude – etwa die Ratsstuben, der Strudelbachhof, Wohngebäude oder die Hälfte der Strudelbachhalle – müssten in den Besitz der Gemeinde überführt werden.

Deshalb habe sich der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung für den Erhalt der Kommbau ausgesprochen, mit klar definierten Aufgaben. Mietwohnungen, darunter auch sozial geförderte, soll sie bauen und sich um die Verwaltung derselben kümmern. Dass das im Gemeinderat kein einstimmiger Beschluss war, zeigt sich am Montag bei der öffentlichen Abstimmung über den neuen Namen. Marga Schmälzle (Bürgerliste) und Adelheid Streckfuß und Susanne Herrmann (beide Unabhängige Liste) stimmen dagegen.

„Ich sehe nicht, dass die Kommbau transparent ist“, erklärt Herrmann. „Denn der Grundsatz eines Unternehmens ist die Verschwiegenheit.“ Das sei schwierig, denn schließlich stecken öffentliche Steuergelder in der Firma. Zudem benötige eine Gemeinde der Größe von Weissach kein solches Unternehmen.

Adelheid Streckfuß verweist darauf, dass der Geschäftsführer der Kommbau über Beträge bis einer Million Euro frei verfügen kann. „Er verwaltet da Steuergelder“, sagt die Gemeinderätin. „Wenn ein solcher Geschäftsführer mehr Rechte hat als ein Bürgermeister, dann kann ich dem nicht zustimmen.“

Daniel Töpfer verspricht Transparenz

Andreas Pröllochs, der Fraktionschef der Bürgerliste, begrüßt dagegen die Aufarbeitung und die Zukunft der gemeindeeigenen Baugesellschaft. „Die Firma bietet Möglichkeiten, die andere Kommunen nicht haben“, stellt er fest. „Und die sollten wir nutzen.“ Der Freie-Wähler-Chef Detlef Bausch erinnert an den Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“, da könne die Baugesellschaft mitwirken.

Transparenz werde aber ein wichtiges Stichwort sein, das verspricht der Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende Daniel Töpfer. Im Haushalt würden schon jetzt alle wichtigen Zahlen veröffentlicht, auch die Jahresabschlüsse werde er künftig bekannt geben.

„Die Handlungsaufträge des Gemeinderates werden künftig klar und transparent erfolgen“, sagt er und kündigt an: „Schon in der nächsten öffentlichen Sitzung wird der Gemeinderat die Gesellschaft mit dem Bau von sozialem Wohnraum beauftragen.“ Jetzt gelte es, neues Vertrauen für die „Wohnbau Weissach“ aufzubauen. „Und das wird gelingen, wenn sie für die Bürger konkreten Mehrwert schafft.“

Die Kommbau

Gründung
Als im Jahr 2002 der Bau zweier Altenheime anstand, gründete die Gemeinde Weissach die kommunale Baugesellschaft „Kommbau“. Das Mörike-Stift und das Körner-Stift waren daher auch die ersten Projekte, 17 Millionen Euro investierte die Firma hier.

Projekte Gebaut hat die Kommbau zudem die Strickfabrik, einige Wohnhäuser und die Strudelbachhalle.

Vorwürfe Spätestens 2010 hat die Gemeindeprüfanstalt gerügt, dass die Kommbau die Aufträge falsch erteilt, seit 2014 ist das öffentlich bekannt geworden.

Kommentar: Es genügt nicht, nur den Namen auszutauschen

Die Damnatio memoriae ist vollzogen. Dabei sollte die Geschichte lehren, dass das einfache Ausradieren eines Namens nicht genügt, die Erinnerung an missliebige Zustände auszulöschen und die Vergangenheit vergessen zu machen. Auch eine „Wohnbau Weissach“ bleibt eine im Besitz der Gemeinde befindliche private Firma, die lediglich die ehrenamtlichen Aufsichtsräte kontrollieren.

Weder das Landratsamt, noch die Gemeindeprüfanstalt dürfen eine solche kommunale Baugesellschaft prüfen. Geschäftsführung und der als Aufsichtsratsvorsitzender amtierende Bürgermeister müssen daher größtmögliche Transparenz sicher stellen. Denn die Wohnbau Weissach ist eben keine „Bietigheimer Wohnbau“ mit 30 000 Wohnungen und 160 professionell arbeitenden Mitarbeitern. In Weissach läuft man sich über den Weg, man kennt sich. Das Restrisiko an Selbstbedienungsmentalität bleibt.

Von Florian Mader