Jürgen Bäuerle geht als neuer Chef der Weiler Hexen in seine erste Fasnetsaison.

Weil der Stadt - Jürgen Bäuerle ist bei den Weiler Hexen praktisch groß geworden, zählt doch sein Vater zu den Gründungsmitgliedern der ältesten Fasnet-Gruppe der AHA-Narrenzunft Weil der Stadt. Im vergangenen Jahr wurde der 39-Jährige zum neuen Hexenmeister gewählt. Grundlegende Umgestaltungen hat er aber nicht im Sinn.

 

Nein, beim Foto-Shooting fühlt sich Jürgen Bäuerle nicht gerade wohl, soll er doch seine Hexen-Maske lediglich in die Kamera halten und nicht aufziehen. „Nicht, dass mich dann einer bei den Umzügen erkennt!“, sagt er im Scherz und wischt die lange Mähne zur Seite, damit die hölzerne Larve mit dem Riesen-Zinken, den Warzen und den krummen Beißern auch voll zur Geltung kommt.

Wenn die Weiler Hexen losziehen, ist er der Mann, der beim dreimaligen „Hexenschuss“ das Kommando gibt. Denn Bäuerle ist der neue Hexenmeister der ältesten Fasnetgruppe der AHA-Narrenzunft, die aktuell 240 Mitglieder zählt und für ihren Hexenwagen, den „Dreher“, weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt ist. Der Weiler wurde bei einer außerordentlichen Sitzung im vergangenen Juni mit der dafür notwendigen absoluten Mehrheit für zwei Jahre in das Amt gewählt und geht nun in dieser Rolle in seine erste Fasnetsaison. „Das ist schon ein Traum, der wahr geworden ist“, befindet der 39-Jährige nicht ohne Stolz.

Was sich bewehrt hat, darf bestehen bleiben

Damit tritt er in die Fußstapfen von Frank Gann, der zuvor sechs Jahre lang den Ton als Hexen-Chef angab. Und weil dieser Bäuerle zufolge seine Sache richtig gut gemacht hat, ist er nicht gerade darauf aus, alles über den Haufen zu werfen. Was sich bewährt habe, solle auch bestehen bleiben. Dennoch hat der Weiler, der neben der Organisation auch den siebenköpfigen Hexenrat leitet und als Ausschussmitglied in der Narrenzunft sitzt, die ersten Duftmarken gesetzt. „Früher wurden die Masken vor Dreikönig abgegeben und am Hexensabbat zum ersten Mal aufgezogen“, erklärt er. „Diesmal brachte aber jede Hexe ihre Maske zum Auftakt mit.“ Und beim Knappenabend, an dem üblicherweise auch Nicht-Hexen mitfeiern durften, bleibe man jetzt unter sich.

Dass Bäuerle nur ungern Neuland betritt, hat aber noch einen anderen Grund. Schließlich wird Tradition in den Reihen der Weiler Hexen ganz groß geschrieben, und dieser fühlt er sich auch verpflichtet. „Das ist auch das, was für mich den Reiz an der Fasnet ausmacht“, erklärt er und betont: „Es gibt viele Narren-Gruppen, die sich gründen, um in erster Linie Party zu machen.“ Bei den Weiler Hexen gehe es vordergründig darum, die Fasnet mit all ihren Bräuchen bewusst zu erleben – auch wenn Party natürlich auch nicht zu kurz kommen solle, schiebt er schmunzelnd hinterher.

Dass die Weiler Hexen, die früher für die Aufnahme schon mal ein Engagement bei der örtlichen Feuerwehr oder bei den Ministranten voraussetzten, auch eine ausgeprägte kreative Ader haben, ist nicht nur in der Keplerstadt bekannt. Besonders gerne erinnert der Industrieelektroniker an die Fasnet im Jahr 2001. „Da gab es im 44. Jubiläumsjahr einen Wettkampf mit den Schellenteufeln“, erzählt Bäuerle. Eine spontane Aktion habe sich an die andere gereiht, und die beiden Gruppen hätten versucht, sich immer wieder gegenseitig zu überbieten.

„Die Schellenteufel hatten ihren Schellenstock auf dem Marktplatz aufgestellt und wir dann einen Riesenbesen“, berichtet er und sagt: „Später haben sie den Besen nach Merklingen gebracht, was eine Todsünde ist, und wir hissten eine Fahne am Kirchturm!“ Einen Gewinner habe es am Ende nicht gegeben – das sei aber auch nicht der Sinn der Sache gewesen, bei der vor allem der Spaß im Vordergrund gestanden habe. „Der Gewinner war die Fasnet“, sagt der Weiler.

Die ganze Familie ist im blauen Kittel und Rock unterwegs

Bäuerle ist trotz seiner 39 Jahre ein echtes Urgestein der Hexen. „Ich war schon im Kinderwagen dabei“, erzählt er und lacht. Sein Vater Günther und auch dessen Bruder Roland zählen zu den Gründungsmitgliedern der Fasnet-Gruppe, die es seit 60 Jahren gibt. Nein, das runde Jubiläum wurde nicht gefeiert, gibt es doch standesgemäß nur bei Schnapszahlen Rambazamba!

Jedenfalls ist daher auch seine ganze Familie im blauen Kittel und roten Rock unterwegs. „Es gibt nur zwei Ausnahmen“, verrät Bäuerle fast schon ein wenig beschämt: „Meine Schwester und eine Cousine sind bei den Schlehengeistern.“ Dass auch seine Frau und die beiden Kinder dabei seien, mache die Sache für ihn einfacher – zumal er auch noch Abteilungskommandant der Weiler Feuerwehr ist. Da ist der Zeitplan ziemlich straff!

Mit dem Hexensabbat am ersten Samstag nach Dreikönig hat er in seiner neuen Rolle auch das erste große Highlight erlebt. „Da stand ich abends ganz oben auf dem Brühlspielplatz an der Stadtmauer, unter mir die Gruppe, das Schwebefeuer, das war toll!“, berichtet Bäuerle über den offiziellen Auftakt, in dessen Rahmen auch die neuen Hexen in die Gruppe aufgenommen wurden. Ganz besonders freut er sich aber auf den Rathaussturm. „Als Hexenmeister bin ich diesmal ganz vorne mit dabei“, sagt der Mann mit schelmischem Lachen, der es bei seinem Schabernack im Häs aber stets mit der Parole „Jedem zum Freund, niemandem zum Leid“ hält.