Der Gerlinger Laurents Hörr macht als Kart-Fahrer von sich reden. Nun versucht sich der 17-Jährige im Formel-Rennsport und will nach einem fünften Platz bei der Premiere in Zandvoort gleich ganz vorne mitmischen.

Gerlingen - Mit 200 Sachen brettert Laurents mit seinem Formelwagen über den rauen Asphalt der Rennstrecke Assen in den Niederlanden. Ganz wie die Großen nimmt er waghalsig eine Kurve nach der nächsten, die eine Hand an dem eckigen Lenkrad, die andere am Schalthebel. Dass er bei dem hohen Tempo schon mal vergisst, in der Boxengasse vom Gas zu gehen, was ein sattes Bußgeld nach sich zieht, das kann passieren.

 

Laurents Hörr sitzt in seinem Zimmer in einem Renn-Simulator. Kritisch beäugt er die letzten Rundenzeiten auf einem der drei Computer-Bildschirme, die das gesamte Renngeschehen einfangen. So weit die Theorie. In der Praxis durfte der Gerlinger erst in einem Rennen in ein echtes Cockpit. In Zandvoort mischte er in der Formel-Renault 1.6 NEC (Northern European Cup) mit und wurde auf Anhieb Fünfter. Bislang fehlte das nötige Kapital, um eine gesamte Saison zu bestreiten. Inklusive Mechaniker-, Ingenieur- und Transportkosten komme man auf rund 100 000 Euro pro Jahr. „Und das ist noch die Sparversion“, sagt der 17-Jährige. Das Budget für dieses Jahr mit sechs oder sieben Rennen steht. Nach wie vor ist der Rennfahrer aber auf Sponsorensuche, um die nächste Sprosse der Karriereleiter zu erklimmen.

Erste Erfahrungen mit dem Rennsport machte Laurents Hörr mit fünf Jahren in einem Kart. Als Elfjähriger fuhr er dann in der Bambini-Klasse erstmals unter Wettkampfbedingungen. Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. In der Sprintstreckenserie wurde er 2012 süddeutscher Junioren-Meister, ein Jahr später sicherte er sich die Deutsche Junioren-Meisterschaft und belegte den zehnten Platz bei der Europameisterschaft in Belgien. Der Geschwindigkeitsrausch wurde dem Gerlinger in die Wiege gelegt. Auch sein Vater sauste im Kindesalter in einem Kart über die Rennpiste, bevor er später in die Automobilrennserie ADAC GT Masters einstieg.

Seine ansprechenden Leistungen im Kart blieben nicht unbemerkt. So sicherte sich der belgische Kart-Hersteller Flandria die Dienste des 17-Jährigen, der in der Folge als Werksfahrer die neuesten Fahrgestelle, sogenannte Chassis, auf Herz und Nieren testete. „Die Zusammenarbeit wurde aber leider aus Budget-Gründen eingestellt“, berichtet der Gerlinger, dessen glänzende Pokale in Reih und Glied neben dem Bett stehen.

Nach einer vielversprechenden Zeit als Kart-Fahrer sucht der ehrgeizige junge Mann mit dem Wechsel in die Formel Renault nun eine neue Herausforderung. Dabei muss man kein Prophet sein, um zu erahnen, was für den Gymnasiasten den Reiz daran ausmacht. „Es ist ganz klar der Geschwindigkeitsunterschied“, sagt Laurents Hörr wie aus der Pistole geschossen. Denn der 140 PS starke und etwa 450 Kilogramm leichte Flitzer kann es schon mal auf bis zu 220 Stundenkilometer bringen.

Bis zum Saisonbeginn hält sich der Nachwuchspilot in erster Linie mit dem Kart auf seiner Heimbahn in Liedolsheim bei Karlsruhe fit. Heute bricht er zudem für eine Woche ins italienische Castelletto zu Trainingsfahrten auf. Tests mit dem Formel-Auto sind zu teuer. Auch regelmäßiges Joggen und Krafttraining stehen auf dem Fitnessplan. „Und im Renn-Simulator sitze ich so gut wie jeden Tag“, berichtet der Gerlinger, der keine Zweifel daran lässt, dass er ein echter Geschwindigkeits-Junkie ist. Während er sich im Winter die Ski umschnallt und den Berg hinunter rast, flitzt er im Sommer auf seinem Longboard durch die Gegend. „Alles, was mindestens zwei Räder hat, macht mir einfach Spaß“, gesteht er grinsend.

Der Schüler bastelt aber nicht nur an seiner sportlichen Zukunft. Was nach der Abiturprüfung im nächsten Jahr kommt, das will er nicht dem Zufall überlassen. „Derzeit schwanke ich noch zwischen einem Maschinenbau- und einem Luft- und Raumfahrttechnik-Studium.“

Mit dem Einstieg in die Formel-Renault-Serie will sich der 17-Jährige nicht zufrieden geben. „Nachdem ich hoffentlich die Meisterschaft gewinne, möchte ich anschließend in die höheren Formel-Renault-Rennserien 2.0 und 3.5 wechseln“, zeichnet Laurents Hörr selbstbewusst seinen Weg nach oben, an dessen Ende er sich in der Königsklasse sieht. „Die Formel 1 ist auf jeden Fall mein großes Ziel!“ Wie er dann, anders als im Renn-Simulator, einem Bußgeld wegen Geschwindigkeitsüberschreitung in der Boxengasse entgeht, das weiß der 17-Jährige schon jetzt. „Ich muss einfach per Knopfdruck den Speedlimit aktivieren, dann ist es nicht mehr möglich, schneller zu fahren, als vorgeschrieben“, sagt der Gerlinger mit der Selbstverständlichkeit eines alten Rennsport-Hasen.