In privater Atmosphäre plaudern Redakteure aus dem Nähkästchen und vom völlig veränderten Berufsbild.

Leonberg - Die Zeiten waren unruhig im sonst so beschaulichen Wimsheim, als sich vor mehr als fünf Jahren die Goldscheideanstalt Hafner in der Heckengäu-Gemeinde ansiedeln wollte. Der Industriebetrieb war längst nicht bei allen Einwohnern willkommen, die Proteste heftig.

 

Das bekamen seinerzeit auch die Journalisten zu spüren, die über die erbitterten Auseinandersetzungen berichteten. „Das Thema hat mir so manche schlaflose Nacht bereitet“, erinnert sich Elisa Wedekind.

Impulse für die Meinungsbildung

Die stellvertretende Redaktionsleiterin der Leonberger Kreiszeitung hat gemeinsam mit ihrem Kollegen Thomas K. Slotwinski zum Leserstammtisch eingeladen. In bewusst privater Atmosphäre wollen die Journalisten mit ihren Lesern ins Gespräch kommen. Das urige TSG-Turnerheim in der Strohgäustraße ist der geeignete Ort zum Dialog auf Augenhöhe. Das Interesse der Gäste an ihrer Zeitung, die bei den meisten seit vielen Jahren zur täglichen Begleiterin gehört, ist groß: Wie kommen die Journalisten an Informationen? Wie werden sie aufgearbeitet? Kann ein Redakteur bei Reizthemen neutral sein?

„Das kann er, indem er die Fakten darstellt“, sagt Slotwinski. „Seine Meinung kann er in einem Kommentar äußern.“ Wobei es nicht darum geht, den Lesern eine Ansicht aufzuzwingen. „Wir wollen Impulse geben und somit Diskussionen anstoßen und zur Meinungsbildung beitragen.“ Deshalb arbeitet die LKZ oft mit Pro- und Kontra-Kommentaren.

Die Geschichte hinter der Geschichte

Die besten Geschichten, diese Erfahrung hat der Redaktionsleiter in mehr als 35 Jahren Berufspraxis gemacht, erfährt man nicht auf Pressekonferenzen oder per amtlicher Verlautbarung, sondern dort wo die Menschen sind. Deshalb hält er es für wichtig, dass Redaktionen direkt in den Städten sind, so wie das in Leonberg der Fall ist und auch in Zukunft bleiben wird.

Die gedruckte Zeitung sehen die Redakteure zusehends als Hintergrundmedium, das komplexe Zusammenhänge analysiert und die „Geschichte hinter der Geschichte“ erzählt. Das aktuelle Nachrichtengeschäft, so berichtet Elisa Wedekind, spielt sich heute fast vollständig im Netz ab. „Das Internet überrollt uns alle“, meint die Vize-Chefin angesichts der rasend schnellen Veränderungen im Journalismus.

Fakten sind entscheidend

Doch trotz aller Dynamik: Nach wie vor gilt der Grundsatz: Wahrheit und Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. „Wir veröffentlichen keine ungeprüfte Meldung“ versichert Elisa Wedekind. Gerade auf Facebook komme es häufig vor, dass Vermutungen einfach wie Tatsachen behandelt würden.

„Wenn ein Martinshorn erklingt, ist das noch lange kein Großbrand“, sagt Slotwinski mit Blick auf falsche Katastrophenmeldungen im Netz. „Bei uns können sich die Leute drauf verlassen, dass mit Fakten gearbeitet wird.“

Ein Problem, das will die Redakteurin Wedekind nicht verhehlen, sind verunglimpfende Nutzerkommentare, die es gerade in der Nacht gibt: „Wir achten sehr genau darauf, dass wir keine menschenverachtenden oder verfassungsfeindlichen Aussagen auf unseren Seiten veröffentlichen.“ Dies gelte auch für Leserbriefe.