Das Wahrzeichen der Stadt auf dem Engelberg bekommt ein neues Dach und einen frischen Anstrich. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn der exponierte Engelbergturm steht unter Denkmalschutz.

Leonberg - Es ist schon etwas Besonderes, denn dem Wahrzeichen der Stadt aufs Dach steigen zu dürfen, passiert nicht allzu oft“, scherzt Tim Semmler. Dabei ist es das, was der Dachdecker-Meister von der Eltinger Zimmerei Ziegler in diesen Tagen immer wieder macht. Die Leonberger Stadtverwaltung hat die Firma nämlich damit beauftragt, das marode Dach des Engelbergturms wieder auf Vordermann zu bringen.

 

„Bei Reparaturarbeiten an diesem Dach wurde festgestellt, dass Teile der Dachabdeckung erheblich beschädigt sind“, nennt Undine Binder-Farr, die Sprecherin der Stadtverwaltung, den Grund für das gegenwärtige geschäftige Treiben auf dem Engelberg. Die hinzugezogenen Fachleute seien zu dem Schluss gekommen, dass das Turmdach unverzüglich erneuert werden müsse, weil sonst die Gefahr bestehe, dass Menschen durch herabfallende Dachteile verletzt werden.

Turm steht unter Denkmalschutz

Doch das ist leichter gesagt als getan, denn der exponierte Engelbergturm steht unter Denkmalschutz. „Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung hat das Stuttgarter Regierungspräsidiums erteilt“ , so Binder-Farr. Was die Arbeit auch nicht einfacher macht, ist die Tatsache, dass der Turm rund ist und einen Durchmesser von fast acht Metern hat. Deshalb muss ein spezielles Gerüst verwendet werden.

Die Dachsanierung für 50 000 Euro nimmt die Stadtverwaltung zum Anlass, zwei Fliegen mit einer Klappe zu treffen. „Wenn das aufwendige Gerüst schon steht, bekommt der Turm für 13 000 Euro auch einen neuen Außenanstrich – ein solcher wäre in wenigen Jahren sowieso fällig gewesen und dann hätte man erneut das Gerüst aufstellen müssen“, so Undine Binder-Farr. Der Dachdecker-Meister Tim Semmler und sein Team werden nun in fast 35 Metern Höhe die maroden Holzbalken und die Verschalungen auswechseln und das Bitumen-Dach wieder herstellen.

Der Turm wurde im Jahr 1927 gebaut. Der neu gegründete Stuttgarter Golfclub plante, auf der Leonberger Heide einen Golfplatz anzulegen. Das setzte aber einen Anschluss an die Leonberger Wasserleitung voraus. Weil dafür aber das Wasser nicht ausreichen würde, packten der Stadtschultheiß Gotthilf Funck und der Leonberger Gemeinderat die Gelegenheit beim Schopfe, für relativ wenig Geld etwas Sinnvolles zu bekommen.

Und so baute Leonberg einen Wasser- und Aussichtsturm, der viele Chancen bot. Genügend Wasser bedeutete, dass die Wohnbebauung am Engelberghang ausgedehnt werden konnte. Zudem warf das Golfplatzgelände Pachteinnahmen ab. Der Turmbau war zudem eine Verdienstmöglichkeit für Leonberger Handwerker und Arbeiter in einer Zeit zunehmender Arbeitslosigkeit – und nicht zuletzt winkten hohe finanzielle Zuschüsse.

Ein Jahr nach der ersten Beratung stand der Turm, geplant vom Stuttgarter Oberbaurat Groß, in Backstein ausgeführt von der Stuttgarter Firma Albrecht. Der Turm kostete 27 000 Mark, die Stadt trug daran 5000 Mark. An Ostern 1928, am 8. April, war er erstmals für Besucher geöffnet. Der Eintrittspreis betrug für Erwachsene 20 Pfennig, Kinder 10 Pfennig, Vereinsgruppen pro Mitglied 10 Pfennig und Schulklassen pro Schüler 5 Pfennige. Bei der Eröffnung bestiegen mehr als 800 Interessierte den Aussichtsturm.

Bis 1982 städtischer Wasserturm

Bis 1982 wurde der Engelbergturm als städtischer Wasserturm mit einem Fassungsvermögen von 72 000 Litern genutzt. Dann übernahm der beim Waldfriedhof gebaute Hochbehälter „Studentenbäumle” mit einem Fassungsvermögen von 1,8 Millionen Litern Trinkwasser seine Aufgabe. In dem Turm auf dem 480,6 Meter hohen Engelberg steht heute der Wasserbehälter im vierten Stockwerk leer.

Zur Aussichtsplattform im fünften und obersten Stockwerk führen 123 Stufen hinauf. Die kann man vom 1. Mai an bis Ende Oktober immer sonntags von 9 bis 17 Uhr bezwingen. Wer sonst einen Panoramablick auf die Region werfen will, kann ansonsten den Turmschlüssel im Bürgeramt am Marktplatz ausleihen.