Nach dem Veto aus dem Verkehrsministerium für die voll ausgebaute Kreuzung zwischen B 464 und B 295 sind die Kommunalpolitiker in Renningen, Leonberg und Magstadt ziemlich ratlos. Nur die Bürgerinitiativen sind zufrieden.

Leonberg - Der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt ist bekannt dafür, dass er kein Blatt vor dem Mund nimmt. Und so muss er sich in diesen Tagen auch sichtbar beherrschen, wenn die Rede auf den Lückenschluss der beiden großen Bundesstraßen kommt. Aber wer ihn kennt, weiß: In Wolfgang Faißt brodelt es. „Wir planen seit 13 Jahren, haben einen breiten Konsens gefunden, und jetzt wird das in Frage gestellt“, schimpft er.

 

Das tat er schon am Freitag, als auf einer Grünen-Versammlung die Bombe geplatzt ist (wir berichteten). Und auch am Sonntag, als der Regierungspräsident Johannes Schmalzl in der Renninger Krippe war. Da so viele Akteure, Varianten, Straßen und Interessen im Spiel sind, soll hier alles schön nacheinander erzählt werden.

Was genau ist der Lückenschluss? Gemeint ist die sprichwörtlich letzte Lücke der oft als „Ersatzautobahn“ kritisierten Bundesstraße zwischen Böblingen-Hulb und der Autobahn-Ausfahrt Leonberg-West, die eine wichtige Verbindung etwa für Daimler-Pendler ist. Und künftig vielleicht für Ingenieure, die bei Bosch in Renningen arbeiten.

Die Intervention von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat das mühsam über Jahre aufgebaute Konstrukt der sogenannten 10b-Lösung zum Einsturz gebracht. Dahinter verbirgt sich die Idee, die Kreuzung zwischen B 464 von Magstadt und B 295 Richtung Autobahn/Leonberg ampelfrei auszubauen.

Was schlägt der Minister vor? Nun geht es grob gesagt zurück zur sogenannten Variante 8. Dabei gibt es keine autobahnähnliche Kreuzung, sondern nur Kreisverkehre. Und vor allem keine direkte Verbindung des Renninger Stadtgebietes zu der neuen Großkreuzung. Außerdem soll das bei der Abfahrt in Richtung Warmbronn geplante „Ohr“ mit ampelfreien Abfahrten erst einmal nicht weiterverfolgt werden.

Was ärgert die Renninger? Vor allem die fehlende Südanbindung bringt den Bürgermeister Wolfgang Faißt auf die Palme. „Das ist für uns eine Katastrophe, durch Bosch würden dadurch bis zu 4000 Fahrzeuge mehr durch den Ort fahren“, sagt er. Denn die könnten dann nicht über die Südrandstraße sozusagen um die Kleinstadt gelenkt werden. Ohne gute Lösung könne es auf der B 464 zu Rückstaus kommen. Immerhin hat die Verkehrsstaatssekretärin Gisela Splett signalisiert, dass man Renningen entgegenkommen will.

Wie kam es dazu? Es hat in den vergangenen Wochen auch eine hektische Pendeldiplomatie gegeben, zwischen den Kommunen, dem Landratsamt, dem Regierungspräsidium und dem Minister. Bis es am 10. Dezember in Stuttgart zu einem Spitzengespräch kam. Dabei hat Winfried Hermann wohl die Haltung der Grünen klar gemacht: Die große Kreuzungslösung verbrauche zu viele Fläche und sei zu teuer – so wie er es bei seinem Besuch im Oktober schon erklärt hatte. Immerhin nehmen die Renninger die Botschaft mit: „Der Minister hat verstanden, dass die Südanbindung für uns wichtig ist“, sagt Wolfgang Faißt.

Was sagen die Grünen? Murschel ist nahezu euphorisch und freut sich, dass mit der nun favorisierten kleinen Kreuzung viel weniger Landschaft zerstört werde. „Ich halte das für einen guten Kompromiss“, sagt er. Murschel widerspricht der Darstellung, die Grünen hätten den regionalen Konsens einfach über den Haufen geworfen. „Ich war von Anfang an an den Gespräche beteiligt und habe immer gesagt: Die Variante 10b verbraucht zu viel Fläche.“ Damit erhält Murschel auch Beifall von den Bürgerinitiativen aus Leonberg und Renningen – die haben den Ausbau ebenfalls abgelehnt, weil sie eine „Ersatzautobahn“ fürchten und damit noch mehr Verkehr.

Wie wird das in Leonberg gesehen? Der Oberbürgermeister Bernhard Schuler bedauert die Entwicklung. „Schon jetzt fahren viele Fahrzeuge bei Rutesheim ab und durch die Gartenstadt, wenn die Autobahn voll ist“, erklärt er. Wenn der Lückenschluss nicht leistungsfähig sei, fürchtet Schuler Staus auch in Leonberg. Der OB hält die jetzt vorgeschlagene Lösung für eine „parteipolitische Entscheidung für die Klientel der Grünen“, wie er sagt.

Und was sagt man in Magstadt? Auch der Bürgermeister Hans-Ulrich Merz zeigt sich einigermaßen verdrossen. „Wir nehmen das mal so zur Kenntnis“, sagt er, „aber ich kenne nicht die Hintergründe der Entscheidung.“ So verwundert ihn etwa, dass bereits vor einem Jahr im Magstadter Gemeinderat aus dem Ministerium mitgeteilt wurde, dass man die einfachere Variante 8 bevorzuge.

Was wird aktuell gebaut? Was ist das Provisorium, von dem alle reden? Derzeit wird der dritte Abschnitt der B 464 von Magstadt bis zur B 295 fertiggestellt, voraussichtlich im Frühjahr. Damit wäre diese Bundesstraße von der Hulb bis Renningen ampelfrei. Mit dem „Provisorium“ sind zwei Kreisverkehre an der Kreuzung von B 295 und B 464 gemeint, die mit Erdaufschüttungen der Deponien im vergangenen Jahr in einer Hauruck-Aktion durch den Landrat angeschoben wurden.

Wie geht es nun konkret weiter? Zunächst wird das Provisorium fertiggebaut. „Das ist schon mal eine Verbesserung“, räumt selbst Wolfgang Faißt ein. Dann werden die Verkehrszahlen überprüft, um bei Bedarf doch noch die „kleinere“ Variante 8 aufs Gleis zu hieven – womöglich mit einer Südanbindung für Renningen. Dies könnte dann aber frühestens 2019 fertig sein.