„Ich knall euch ab!“: Schüler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums setzen sich an zwei Abenden in einem Theaterstück von Morton Rhue mit den Ursachen und den schrecklichen Folgen von Mobbing auseinander.

Leonberg - Es passiert auf dem Schulabschlussball. Mit Drohgebärden stürmen zwei bewaffnete Schüler in die festlich geschmückte Turnhalle. Sie sinnen nach Rache. Rache für Erniedrigungen, Sticheleien und Prügel, die sie tagein, tagaus über sich ergehen lassen mussten. Unter den auf dem Hallenboden winselnden Jugendlichen bricht schiere Panik aus. Es sind Szenen, die beim bloßen Hingucken das Blut in den Adern gefrieren lassen. Szenen, die sich womöglich in ähnlicher Form bei den Amokläufen in Erfurt oder Winnenden zugetragen haben und auch an jeder beliebigen Schule vorstellbar sind.

 

Die Omnipräsenz des Mobbings und seine eskalierenden Folgen waren es auch, die Schüler des Literaturkurses und der Theater-AG am Albert-Schweitzer-Gymnasium dazu veranlasst haben, das Theaterstück „Ich knall euch ab!“ nach dem gleichnamigen Roman von Morton Rhue auf die Bühne der Aula zu bringen. „Mobbing ist ein Thema, das an Aktualität nichts einbüßt, es gehört in Ansätzen zu jeder Schulgemeinschaft dazu und bewegt die Schüler damit ungemein“, erklärt Anna-Katharina Vitello, die Leiterin des Literaturkurses der Oberstufe. Die Deutsch- und Französischlehrerin hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Bodner das aufrüttelnde Bühnenstück inszeniert.

Die Schüler haben auch Improvisationsübungen gemacht

Seit Jahresbeginn hatten sich die mitwirkenden Fünftklässler der Theater-AG sowie die Elftklässler in dem schulbegleitenden Literaturkurs der Thematik angenommen. „Zunächst haben wir uns mit Mobbing an sich beschäftigt, seinen Folgen und auch mit möglichen Ursachen wie etwa ‚Ballerspielen’, die zu einer Eskalation führen können“, erklärt Vitello. Beim späteren Einstudieren des Bühnenstücks standen Improvisationsübungen auf dem Programm, einzelne Szenen wurden ohne Textbuch nachgespielt, bevor es schließlich mit einem professionellen Theaterpädagogen an den Feinschliff ging.

Im Mittelpunkt des Stücks, das durch eine Talkshow und eine Mobbing-Szene ergänzt wird, steht eine nach dem Amoklauf abgehaltene Gedenkfeier. Lehrer, Eltern und Schüler treffen aufeinander und nehmen Stellung zu den Geschehnissen. Sie alle treibt die Frage nach Schuld und Schuldigen um, und sie alle lässt die Tragödie fassungslos zurück. Konstantin Fuchs und Alexander Rzehak überzeugen mit überschwänglichen Gefühlsausbrüchen auf der einen und depressiven Schüben auf der anderen Seite als Amok-Duo Ben und Gerri. Gedemütigt werden die Außenseiter von der „Schmitzerbande“, allen voran vom Vorzeige-Athleten und Frauenschwarm Sam, dem Blerand Sadiku die nötige Portion Überheblichkeit, gepaart mit Borniertheit, verpasst. Halt finden die Gepeinigten bisweilen bei der von Jana Zierler gespielten Alice, die in ihrer Rolle jede Menge Einfühlungsvermögen an den Tag legt. Sie ist es auch, die ihre Mitschüler beim Amoklauf vor Schlimmerem bewahrt. Dennoch bekommt am Ende Rädelsführer Sam eine Kugel ins Knie ab, Gerri erschießt sich selbst und Ben wird von seinen Mitschülern ins Koma geprügelt.

Theaterstück muss ohne Happy-End auskommen

Wie es sich anfühlt, in der Haut eines Mobbing-Opfers zu stecken, das kann Alexander Rzehak durchaus nachempfinden. „Wenn mehrere Leute auf dich einschreien, wie in einer der Szenen, ist das purer Psychoterror“, erklärt der 16-Jährige. Dass das Theaterstück ohne Happy-End auskommen muss, liegt auf der Hand. Von Einsicht fehlt in der terrorisierenden Schulclique jede Spur. Und so dauert es nicht lange, bis ein neuer Tyrann den Platz des angeschossenen Ex-Bandenchefs einnimmt. So ist die nächste Eskalation nach dem Abschlussball wohl programmiert. Also Vorsicht!