„Der Kunde ist König“. Das hat ein Lagerist zu wörtlich genommen: Der früher bei einem Baumarkt in Rutesheim angestellte Mann verlud schon mal auf Anweisung eines Kunden statt der bezahlten Menge an Betonsäcken eine ganze Palette in dessen Lieferwagen.

Leonberg - Das kaufmännische Paradigma „Der Kunde ist König“ hat ein Lagerist wohl zu wörtlich genommen: Der früher bei einem Baumarkt in Rutesheim angestellte Mann verlud schon mal auf Anweisung eines Kunden statt der bezahlten Menge an Betonsäcken eine ganze Palette in dessen Lieferwagen.

 

Während beim Prozess am Leonberger Amtsgericht vieles darauf hin deutete, dass die beiden gemeinsame Sache machten, erklärte der Angeklagte sein Verhalten mit einer psychischen Krankheit. Am Ende wurde das Verfahren wegen gemeinschaftlichen Diebstahls gegen eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro eingestellt.

Der Mann aus Grafenau war Ende 2013 in dem Baumarkt als Lagerist für die Warenausgabe verantwortlich. Während er Ware immer erst dann aushändigen durfte, wenn ihm die Kunden die zuvor an der Kasse beglichene Rechnung vorzeigten, machte er im Falle eines Kunden eine Ausnahme. Obwohl dieser nicht dafür bezahlt hatte, gab der Angeklagte zunächst drei Velux-Fenster an ihn heraus. Als der Kunde einige Tage später nach einer gebrauchten Motorsäge verlangte, um sie leihweise an sich zu nehmen, händigte der 25-Jährige ihm auch diese ohne Weiteres aus.

Ganze Palette verladen

Bei einem weiteren Besuch bezahlte der Mann zwar für zehn Säcke Trockenbeton, doch der Angeklagte verlud gleich eine ganze Palette mit 36 Säcken in dessen Lieferwagen. Weit kam der Lagerist damit aber nicht. Denn nachdem es sich in dem Baumarkt herumgesprochen hatte, dass die beiden womöglich gemeinsame Sache machen, wurden die übrigen Mitarbeiter darum gebeten, bei einem erneuten Eintreffen des besagten Kunden umgehend die Geschäftsführung zu alarmieren. Somit konnte die herbeigerufene Polizei den Kunden noch auf dem Firmengelände dingfest machen. Der Angeklagte, der den Kunden offenbar nicht persönlich kannte, rechtfertigte seinen unkonventionellen Service mit einer psychischen Erkrankung. „In Stresssituationen fällt es mir schwer, etwas abzuschlagen“, sagte der Grafenauer. Durch den Mann habe er sich bedrängt gefühlt. „Er hat mich unter Druck gesetzt und so lange auf mich eingeredet, bis ich seinen Anweisungen Folge leistete“, berichtete der 25-Jährige, der aber Gewaltandrohungen seitens des Kunden verneinte. Um sein Problem in den Griff zu bekommen, habe er inzwischen die Hilfe einer Psychotherapeutin in Anspruch genommen.

Um Wiedergutmachung bemüht

Nachdem ihm gekündigt wurde, bemühte sich der Mann um eine Wiedergutmachung. Dazu zahlte er 200 Euro für die abhanden gekommene Motorsäge. Außerdem erstattete der Grafenauer auch das zuletzt ausgezahlte Weihnachtsgeld.

Der geleistete Schadensersatz durfte auch eine nicht unwesentliche Rolle bei den Überlegungen des Staatsanwaltes gespielt haben, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. „Ich denke, Sie sind da einfach hineingerutscht“, sagte dieser und begründete den Schritt nicht zuletzt mit der psychischen Erkrankung des Mannes. Damit fand er auch Zustimmung bei der Anwältin des 25-Jährigen.

Grünes Licht gab auch die Vorsitzende Amtsrichterin Sandra De Falco, die drauf und dran war, einen neuen Termin anzusetzen, um auch den Kunden zu vernehmen. Dieser musste jedoch nicht erscheinen, er erhielt in Abwesenheit eine Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro, das sind 120 Tagessätze à 30 Euro.