Ein Bewertungsportal für Arztpraxen hat die Noten für Mediziner in der Region Stuttgart ausgewertet. Leonberg landet in der Rangliste nur auf dem vorletzten Platz. Als Gesamtnote gibt es aber dennoch eine glatte „2“.

Leonberg - Patienten sitzen zu lange im Wartezimmer, die Praxen sind nicht sehr kinderfreundlich und die Zufriedenheit der Leonberger mit ihren Medizinern ist innerhalb eines Jahres leicht gesunken – so lassen sich die Ergebnisse des Patientenbarometers des Bewertungsportals Jameda zusammenfassen.

 

Dieses hatte sich Anfang August die Noten für Ärzte in der Region Stuttgart vorgenommen und anhand statistischer Mittelwerte eine Rangliste erstellt. Diese wird mit einer Gesamtnote von 1,78 von der Landeshauptstadt angeführt. Leonberg selbst liegt mit „nur“ 2,02 auf Rang neun der Liste. Schlechter schneidet nur noch Göppingen ab. In der Patientenzufriedenheit sackte Leonberg gar von 1,95 auf 2,25 und damit den letzten Rang ab.

Die Patienten in Leonberg sind also weniger zufrieden mit ihren Ärzten als die in den anderen größeren Städten der Region. Nach Auskunft von Jameda wurden von den 147 für Leonberg registrierten Ärzten 95 bewertet. Insgesamt seien mehr als 1000 Bewertungen in die Gesamtnoten eingeflossen. Ein Blick auf die Webseite zeigt: So mancher Mediziner bringt es auf stolze 61 Bewertungen, die meisten dagegen nur auf mehr als zehn.

„Solche Bewertungsportale sind mit Vorsicht zu genießen“, meint deshalb Robert Heger. Der Orthopäde ist Präsident der Leonberger Ärzteschaft und liest seine Bewertungen im Internet regelmäßig. „Es ist positiv, dass man die Meinungen mal insgesamt sieht. Aber es ist problematisch, dass da jeder alles ungeschützt reinschreiben kann“, meint er und nennt ein Beispiel.

„Für den Punkt Erreichbarkeit habe ich mal eine 5 bekommen. Aber wie kann das sein? Die größte Bushaltestelle von Leonberg ist vor meiner Tür und die Tiefgarage unter dem Haus“, sagt Heger, dessen Praxis sich am Neuköllner Platz befindet. Was die Zahl der bewerteten Ärzte angeht, so müsse sich diese auf den gesamten Altkreis Leonberg beziehen und nicht nur die Große Kreisstadt. Auf diesem Gebiet sei auch die Ärzteschaft als solche organisiert.

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) steht den Ärzte-Bewertungsportalen im Allgemeinen ebenfalls kritisch gegenüber. „Diese Portale verfolgen alle kommerzielles Interessen, Ärzte können dort Anzeigen schalten oder kostenpflichtige Profile anlegen. Und diese weisen ihre Patienten natürlich auf die Portale hin oder bitten um nette Kommentare. Die Frage ist also, wie unabhängig die Bewertungen sind“, sagt Kai Sonntag, der Pressesprecher der KVBW. Grundsätzlich sei aber kein Beruf in Deutschland so hoch angesehen wie der des Arztes. „Deshalb sehen wir keinen Grund, warum eine Region signifikant schlechter abschneiden sollte als eine andere.“

Wobei, einen Grund gebe es doch: Ärztemangel. „Wenn es in einer Region weniger Fachärzte auf einem bestimmten Gebiet gibt, dann bedeutet das für die Patienten längere Wartezeiten“, erklärt Kai Sonntag.

Und genau in dem Punkt hat Leonberg beziehungsweise der Altkreis besonders schlecht abgeschnitten. „Hier kommen einfach mehr Patienten auf einen Arzt“, meint auch der Orthopäde Heger. Und die Zukunft sehe dahingehend nicht rosig aus.

An den zu bewertenden Kriterien hat der Präsident der Leonberger Ärzteschaft wenig auszusetzen. Auf dem Bewertungsportal können Patienten den Medizinern in 5 Pflicht- und 13 optionalen Kategorien Schulnoten von 1 bis 6 geben, außerdem auf Besonderheiten hinweisen und einen Kommentar abgeben.

Die Pflichtkategorien sind Behandlung, Aufklärung, Vertrauensverhältnis, genommene Zeit und Freundlichkeit. Zu den optionalen Feldern gehören etwa Wartezeiten auf Termine und in der Praxis, Parkmöglichkeiten, Barrierefreiheit oder Kinderfreundlichkeit, aber auch Punkte wie Angst-Patienten oder alternative Heilmethoden. „Bei einigen Kriterien stellt sich die Frage: Was heißt das konkret?“, fragt Heger. Bedeute Kinderfreundlichkeit etwa, eine Spielecke zu haben? Oder familienfreundliche Sprechzeiten? In diesem Punkt belegt Leonberg mit 2,05 ebenfalls den letzten Platz in der Rangliste.

Mit der Gesamtnote ist der Chef der Leonberger Ärzte aber zufrieden. „Man sieht, wir können trotzdem mit Stuttgart mithalten“, meint Robert Heger.

Bewertungsportale

Jameda
Das Unternehmen wurde 2007 gegründet und gehört seit 2008 zur Tomorrow Focus AG. Im Mai 2015 verzeichnete die Seite 3,1 Millionen Nutzer und gehört damit zu den größten Arztbewertungsportalen in Deutschland. Bundesweit sind nach Angaben von Jameda mehr als 250 000 Ärzte erfasst.

Alternativen
Zu den größten privatwirtschaftlichen Konkurrenten zählen Seiten wie Sanego, DocInsider, Arzt-Auskunft oder TopMedic. Alternativen gibt es auch von Krankenkassen. So hat der AOK-Bundesverband gemeinsam mit der Barmer GEK und der „Weissen Liste“ des Bertelsmann-Verlags den „Arztnavigator“ erstellt auf www.aok-gesundheitsnavi.de.