Persönliche Eindrücke eines Citylauf-Novizen, der zur Premiere gleich die zehn Kilometer macht.

Leonberg - Sie machen es. Sie machen es wirklich! Ein paar Lauf-Routiniers hatten mir erzählt, dass die Zuschauer jedem einzelnen zujubeln, egal ob er vorne oder hinten ist. Und tatsächlich: Ich bin gefühlt der Letzte. Vor mir ist niemand. Hinter mir auch nicht. Aber die Leute am Straßenrand johlen, klatschen, lachen mir aufmunternd zu. Du musst weiterlaufen, geht es mir durch den Kopf. Bei so viel Begeisterung!

 

Lange hatte ich mit mir gerungen, ob ich beim Citylauf überhaupt mitmachen soll. Okay, ich drehe schon seit ein paar Jahren regelmäßig meine Runden. Aber nur für mich selbst. Weil’s Spaß bringt und den Kopf frei macht. Irgendwelche Zeiten oder persönliche Rekorde sind mir egal.

Im vergangenen Jahr hat es gekribbelt

Im vergangenen Jahr hatte es dann doch gekribbelt. Ich war mit Freunden in der Fanmeile in der Carl-Schmincke-Straße. Geniale Stimmung. Als Klaus Brenner gleich zweimal an uns vorbeigezogen war, hatte ich mir gesagt: Das kannst du auch!

„Laufen Sie wieder mit?“, hatte ich den Baubürgermeister vor ein paar Wochen gefragt. „Aber klar!“ „Wieder zwei Runden?“ „Sicher. Hauptsache, man kommt an.“ Ich fühlte bei meiner besseren Hälfte vor. Ihre Meinung war eindeutig: „Was überlegst Du da noch? Du rennst doch eh wie ein Blöder. Dann kannst du auch mitmachen.“ Auch ein paar Freunde ermutigten mich in diese Richtung. Also gut, ich mach’s!

Blieb nur noch die entscheidende Frage nach der Distanz: fünf oder zehn Kilometer? Als Hobbyläufer im fortgeschrittenen Alter hat man es mit den üblichen Zipperlein wie Kniebeschwerden, Knöchelschmerzen oder dem Ischias zu tun. Da wäre fünf Kilometer schon vernünftiger.

„Fünf, das ist doch nichts“, meint hingegen mein sportaffiner Chef, mit dem ich die Problematik 48 Stunden vor dem Start erörtere. Auch die Damenriege in meiner Redaktion hat einen klaren Standpunkt: „Bei fünf Kilometern müssen Sie eine gute Zeit laufen. Bei zehn Kilometer ist das nicht so wichtig“, stellt mir eine Kollegin ein unmissverständliches Ultimatum.

Tempo? Das ist nicht mein Ding! Also wähle ich die Zehn. „Sie können sich vor dem Start ja noch umentscheiden“, beruhigt mich der Citylauf-Cheforganisator Eberhard Trinkner. Aber ich bleibe dabei.

Starterbereich auf dem Festplatz in der Steinstraße. Hunderte Leute in allen Altersklassen tummeln sich hier. Viele laufen sich warm. „Das lasse ich lieber sein“, lacht mein Lauf-Animator Klaus Brenner. „Ich muss mit meinen Kräften haushalten.“

Das muss ich ebenso. Die ersten Kilometer sind Aufwärmphase genug. Es läuft ganz gut. Ich kann sogar ab und an überholen. Die Stadtkapelle und der Schalmeienzug der Feuerwehr sorgen für musikalischen Schwung. In der Poststraße ist Lärm zu hören. Die berühmt-berüchtigte Eltinger Fanmeile rückt näher. Sensationell! Ein regelrechter Hexenkessel. Die Leute johlen, beschütten die Läufer mit Wasser und fotografieren, was das Zeug hält. Mein Anhang ist lautstark präsent. Und weiter! Vor dem steilen Altstadt-Aufstieg hatten mich viele gewarnt. Aber in der ersten Runde geht es. Das Musikduo Stadtkind gibt Auftrieb.

Allein auf autofreier Eltinger Straße

Ich renne Richtung Steinstraße, da lenkt mich eine freundliche Ordnerin in die richtige Bahn: Die zweiten fünf Kilometer beginnen. Ich bin plötzlich mehr oder minder allein. Allein auf einer autofreien Eltinger Straße. Ein unwirkliches Gefühl.

Das Laufen geht mechanisch. In der Fanmeile sind sie immer noch gut drauf und bejubeln jeden Fußtritt. Yeah! Richtung Altstadt haben sich die Reihen weitgehend gelichtet. Ein paar Kinder klatschen mich ab. Versprengte Zuschauer winken.

Das Ziel ist in Sicht. „Bin ich der Letzte?“ „Nein, natürlich nicht!“, strahlt mich eine Ordnerin an. „Das haben sie mir auch gesagt“, erzählt Klaus Brenner hernach beim Sommerfest des Obst-, Garten und Weinbauvereins. Aber wir waren wirklich nicht die Letzten. Der Bürgermeister war sogar noch ein gutes Stück besser als ich.

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