Arbeitsgemeinschaft fordert mit Mahnwache mehr Ruhe ein.

Leonberg – Wie aus dem Nichts kommt der tonnenschwere Güterzug angeschossen und rauscht mit ohrenzerreißendem Radau an Leonberg vorbei. „Jeden Tag passieren mehr als 40 solcher Güterzüge den Bahnhof“, sagt Ewald Thoma, der beinahe brüllen muss, um gegen den Stahlkoloss anzukommen. „Die meisten davon sind auch noch nachts unterwegs, weil dann die Strecke frei ist.“

 

Dieser Lärm geht dem Mann aus der Gartenstadt gehörig gegen den Strich. Aus diesem Grund hat sich Thoma, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Verkehrslärm Region Leonberg (AGVL), mit etwa 15 Gleichgesinnten am Bahnhof eingefunden. Wie auch andere Verkehrslärminitiativen in ganz Deutschland ging am Mittwoch die engagierte Truppe am „Tag gegen Lärm“ auf die Straße. „Ob Flug-, Bahn- oder Straßenlärm, es findet eine zunehmende Verlärmung der Umwelt statt“, monierte der Leonberger. „Unser Anliegen ist es, auf dieses häufig unterschätzte Thema aufmerksam zu machen, denn wir
wollen wieder ruhig schlafen, gesund leben, uns konzentrieren und ungestört kommunizieren.“

In knallroten T-Shirts mit der Aufschrift „Ruhe!“ und ausgestattet mit Bannern verliehen sie ihrer Empörung Nachdruck. Parallel dazu hielt die AGVL eine Mahnwache ab, symbolisch um 5 vor 12 Uhr. „Politisch ist es 5 vor 12, denn viel zu lange wurden immer wieder Versprechungen gemacht, während die Lärmsituation nicht besser, sondern von Jahr zu Jahr schlechter wurde“, so Thoma.

Der AGVL-Sprecher, der einen Katzensprung vom Bahnhof entfernt wohnt, gehört selbst zu den Leidtragenden. „Die Deutsche Bahn ist in der Pflicht, endlich gegen die veralteten Fahrgestelle ihrer Güterzüge aus dem 19. Jahrhundert vorzugehen“, sagte er. Für etwa 300 Millionen Euro könne die Bahn ihren kompletten Fuhrpark umrüsten, die Hälfte davon würde sogar der Staat übernehmen. „Es ist ein Skandal, dass die DB angesichts der ständig steigenden Fahrpreise nicht mehr Geld in die Technik investiert“, sagte Thoma.

Doch nicht nur der marode Schienenverkehr lastet der AGVL auf der Seele. Es ist auch der zunehmende Autobahnlärm, der in ihrer Kritik steht. Davon betroffen ist Roswitha Thomas aus dem Ezach, der der Verkehr auf der B 295 zwischen Leonberg und Renningen schlaflose Nächte bereitet. „Die offenen Flanken müssen dringend durch Lärmschutzwände geschlossen werden“, sagte die Frau, die den Lückenschluss der B 295 mit der B 464 bei Renningen kritisch beäugt.

Der Lückenschluss war es auch, der die Bürger am Mittwoch dazu veranlasste, in der Rankbachstadt am ersten Kreisel von der B 295 aus in Richtung Bosch auf der Nord-Süd-Straße Halt zu machen. Dorthin verschlug es sie, nachdem Ewald Thoma zwischen all den vorbeischnellenden Mehrtonnern am Leonberger Bahnhof auch einen Lichtblick ausmachen konnte: Ein mit nagelneuen S-Klassen beladener und vergleichsweise geräuschloser Daimler-Werkszug. „Ein Premium-Autohersteller braucht schließlich auch einen Premium-Zug“, sagte er grinsend.