Der Auftakt des Verfahrens gegen einen ehemaligen Trainer des TSV Höfingen dauert nur wenige Minuten.

Leonberg - Rund 20 Zuschauer hatten sich am Montagnachmittag vor Saal drei des Landgerichts Stuttgart versammelt, um den Auftakt des Prozesses gegen einen ehemaligen Tischtennis-Trainer des TSV Höfingen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern mitzuerleben. Rund die Hälfte von ihnen waren Vereinsmitglieder des TSV, aber auch einige ehemalige Arbeitskollegen des 62-jährigen Angeklagten waren gekommen, der den Gerichtssaal wegen eines Achillessehnenrisses auf Krücken betrat. Doch am Ende machten sie sich enttäuscht wieder auf den Heimweg, denn die Verhandlung wurde nach kurzer Zeit bis zum Freitag unterbrochen, ohne dass die Vertreterin der Staatsanwaltschaft auch nur die Anklage verlesen hätte.

 

Grund dafür war, dass die Rechtsanwältin Sandra Ebert, die als so genannte Nebenklagevertreterin eines der missbrauchten Kinder beziehungsweise deren Eltern vertrat, den Antrag stellte, die Öffentlichkeit schon vor der Verlesung der Anklage vom Prozess auszuschließen. Es würden in diesem Schriftsatz Umstände aus der Intimsphäre ihres Mandanten genannt werden, der zur Tatzeit gerade einmal zehn Jahre alt gewesen sei, führte sie zur Begründung aus. Sein Recht auf Schutz der Privatsphäre sei höher zu bewerten als das allgemeine öffentliche Interesse.

Da die Anwältin zudem beantragt hatte, über diese Frage ohne Öffentlichkeit zu beraten, mussten Zuschauer und Pressevertreter den Saal verlassen und im Gerichtsflur warten. Nach rund 20 Minuten erklärte die Vorsitzende Richterin, dass das Gericht noch keine Entscheidung getroffen und noch Beratungsbedarf habe.

Der Prozess wird nunmehr am Freitag, 22. September, um 9 Uhr fortgesetzt. Dann wird das Gericht bekannt geben, ob die Öffentlichkeit ganz vom Verfahren ausgeschlossen wird oder zumindest Teile der Anklage öffentlich verlesen werden dürfen.

Einen Austritt gab es mindestens

Der TSV Höfingen ist von Anfang an offen und konstruktiv mit dem Fall des 62-jährigen Tischtennis-Trainers umgegangen, der sich nunmehr wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten muss. Zwei Elternabende und eine Informationsveranstaltung mit der Beratungsstelle Thamar hatte der Verein organisiert, als die Vorwürfe an die Öffentlichkeit drangen. „Bis heute ist kein Mitglied des TSV Höfingen wegen dieser Vorfälle aus dem Verein ausgetreten“, hatte der TSV-Vorsitzende Ulrich Hoppe gegenüber unserer Zeitung gesagt.

In diesem Punkt widerspricht ihm jedoch Susanne Schäuffele. „Nachdem meine Versuche, das Thema bei einer Vorstandssitzung und bei einem Elternabend Anfang des Jahres anzusprechen, abgebügelt wurden, bin ich aufgestanden und habe gesagt, ich verlasse den Raum und den Verein“, erklärt sie. In der Kündigung habe sie genau dies als Begründung erwähnt. „Später habe ich Herrn Hoppe noch per WhatsApp mitgeteilt, dass ich ihn persönlich schätze, aber mit ihm als Vorstand nicht klarkomme“, ergänzt Schäuffele.

Ihre beiden Kinder sind nach wie vor beim TSV Höfingen aktiv, allerdings jetzt in der Fußballabteilung. „Ich wollte sie nicht aus der Gemeinschaft herausreißen“, erklärt Susanne Schäuffele, die im Wirtschaftsausschuss für die Festplanungen mitverantwortlich war. Sie hat Vertrauen in die handelnden Personen beim TSV und heißt das neu eingeführte Vier-Augen-Prinzip ausdrücklich gut. „Der TSV tut jetzt viel, aber die Aufarbeitung der ganzen Affäre war nicht stimmig“, findet sie.