Der Flohmarkt in der Stadthalle lockt einen besonderen Menschenschlag – Händler wie Kunden sind aus einem speziellen Holz geschnitzt. Trotz aller Unkenrufe haben weder Internet noch Versteigerungsplattformen den klassischen Flohmarkt verdrängen können.

Leonberg - Was kostet das?“ Ein Mann in mittleren Jahren beäugt einen großen goldfarbenen Samowar. Der Preis entspricht nicht seiner Vorstellung, und trotz intensiver Verhandlungen mit dem Verkäufer lässt er das Prachtstück schlussendlich stehen. Nicht immer ergattern die Besucher des Flohmarktes am Samstag in der Leonberger Stadthalle die Stücke, die sie ins Auge gefasst haben, zum gewünschten Preis. Das junge Paar, das mit einem Lächeln auf dem Gesicht eine antike Garderobe quer durch die Halle schleppt, hatte offensichtlich mehr Glück.

 

An den rund 50 Ständen ist alles zu finden, was man sich auf einem Flohmarkt vorstellt: gebrauchte Kleidung und Schuhe, Geschirr jeglicher Art, antiquarische Bücher, Gläser, Märklin-Eisenbahnen, Uhren, alte Möbel, Handtaschen und Schmuck. An den Ständen wird geschaut, begutachtet, geplaudert und gefeilscht.

Kleidung und selbstgemachte Marmelade

Auch am Stand von Tanja Hause. Sie ist aus der Nähe von Vaihingen-Enz angereist und verkauft ein buntes Sortiment an gebrauchten Alltagsgegenständen, Kleidung und selbst gemachte Marmelade. „Mit gefällt dabei, dass ich mit ganz unterschiedlichen Leuten ins Gespräch komme, auch mal Witze machen und mit fremden Menschen lachen kann“, sagt sie. Ihr achtjähriger Sohn ist mit dabei, hilft beim Kassieren und lernt nebenbei die Wertschätzung von nicht mehr ganz neuen Gütern und den Umgang mit Geld. Das findet die Mutter zweier Kinder richtig gut.

Am anderen Ende der Halle bieten Bülent und Emel Erkaya reichlich Schmuck, Uhren und ausgesuchte Stücke aus ihrer Sammlung schöner alter Dinge an: „Für den Flohmarkt haben wir einiges aus unserem Bestand zusammengepackt, von dem wir uns trennen können“, schmunzelt Bülent Erkaya, „aber was nicht verkauft wird, kommt zuhause zurück in die Vitrine.“ Eine Besucherin interessiert sich für eine Kette aus Bernstein, ein junger Mann kommt dazu und mustert die Armbanduhren. Erkaya ist bei keiner Frage verlegen, er weiß viel über die Dinge auf seinem Tisch und gibt sein Wissen gerne weiter. Auch bei ihm ist nicht allein der Verkauf wichtig: „Der Spaß besteht darin, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“

Veranstalter Gero Weickmann organisiert seit mehr als 20 Jahren Flohmärkte in der Region, seit Mitte der 90er Jahre auch in der Stadthalle. „Die Aussteller kommen aus der ganzen Region Stuttgart“, erzählt er. Manche kennt er schon seit Jahren, sie melden sich immer wieder zu seinen Märkten an. „Flohmarktleute sind ein besonderer Menschenschlag“, bestätigt er den ersten Eindruck, „sie sehen den Marktstand als Hobby und genießen es, alte Bekannte wieder zu treffen und neue Kontakte zu knüpfen.“ Daher auch die Kontinuität, mit der die Verkäufer auf den Märkten zu finden sind.

E-Bay und Internet haben Flohmärkte nicht verdrängt

„Als das Internet und damit auch die Versteigerungsplattformen immer größer wurden, hat man den Flohmärkten den Untergang prophezeit. Aber das stimmt nicht“, weiß Weickmann. Denn die Besucher lieben es, die Waren anfassen zu können und von Angesicht zu Angesicht zu feilschen. Kleine Geplänkel am Stand gehören dazu, und ein Schmuckstück für den Ringfinger oder ein fehlendes Eisenbahnteil zu ergattern, sichert die gute Laune für den Rest des Tages – mindestens.

Aber auch ganz praktische Dinge kann man hier finden. Kurz vor Verlassen der Halle fällt das Augenmerk auf den Stand von Shaip Maailiqi. Er führt vor, wie mit seinem speziellen Schälmesser und dem dazu passenden Spiral-Schneider schnell und einfach Gemüse zum Kochen vorbereitet werden kann. Selbst Gemüse-Sushi verliert hier seinen Schrecken. Und sollte die Handhabung trotz Gebrauchsanleitung Schwierigkeiten machen, hat er die Lösung: „Ich bin auch am Pferdemarkt wieder da, auf dem Flohmarkt um das Hofmeister-Gelände. Dann kommen Sie einfach wieder zu mir und wir lösen das Problem“, versichert er mit einem strahlenden Lächeln. Totgesagte leben länger – zumindest für den Flohmarkt scheint das zu stimmen.